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Welche Rolle(n) spielt mein Körper in meinem Leben?

Blättert man durch Life-Style- und Gesundheitsmagazine, könnte man glauben, der Körper hätte es geschafft, ins Zentrum der Aufmerksamkeit zu rücken: die richtige Ernährung, um sich auf ein bestimmtes Gewicht einzupendeln und die Gesundheit zu bewahren; der Sport – oder zumindest die freudvolle Bewegung –, um dem Körper Form zu verleihen; die ästhetische Verfeinerung, sei es getrimmtes Haar,  sei es Make-up oder Kleidung, um das erfolgreiche Auftreten zu unterstreichen. So selbstverständlich es scheint, sich mit dem Körper auseinander zu setzen, so wenig ist das tatsächlich der Fall. Die Aufmerksamkeit, die wir dem Körper schenken, ist eine von aussen auf ihn gerichtete. Wir betrachten unseren Körper als Instrument oder – noch problematischer – als Maschine, die uns durch das Leben bewegt. Und diese Maschine muss funktionieren.

Mein Körper – ein wohlmeinender Ratgeber für meine Entscheidungen Wenn wir unseren Körper als Instrument oder Maschine verstehen, laufen wir Gefahr, eine fundamentale Gegebenheit unseres Lebens zu übersehen: Unser Körper ist immer da und er äussert sich ständig. Verlässlich gibt er seine Meinung ab zu dem, was wir gerade tun. Er nimmt wahr und verarbeitet diese Wahrnehmung. Unser Körper verfügt über eine wache, evaluierende Intelligenz, die uns genau rückmeldet, was wir von Situationen halten sollen und wie wir mit ihnen am besten umgehen können – also letztlich, was für uns gut ist oder nicht.

Fragwürdiges Denken ohne ganzheitliches Fühlen

Problematischerweise geschieht es oft, dass wir unseren Körper nicht hören, nicht spüren oder seine Signale nicht beachten. Immer wieder sind wir zu festgefahren in unseren Gewohnheiten – in Konzepten von primär verstandesgesteuerten  Wertungsprioritäten und Vollzugsmustern. Unleugbar messen wir unserer Verstandesarbeit meist weit mehr Gewicht bei als dem individuellen Fühlen und Reagieren unseres Körpers. Wir analysieren Geschehnisse und Umstände, überlegen im Vorfeld von Entscheidungen, wiegen das Für und Wider ab; darüber vergessen wir, dass Gedanken, rationales Analysieren Gefühle erzeugen und – wie unsere eigenen nicht verarbeiteten Erfahrungen – das verfälschen können, was unser authentisches Anliegen, unser unmittelbares Bedürfnis, unser genuines Selbstverständnis ist.

Wie wirken Körperintelligenz und Verstand optimal zusammen?

Viele einschlägige Konzepte verwenden in diesem Zusammenhang die Begriffe „Primär- und Sekundärgefühle“. Ein Primärgefühl ist eine individuelle, spontane Reaktion auf ein Ereignis. Dieses Gefühl kommt aus einer starken, dem Körper des jeweiligen Menschen eigenen Erfahrung. Freilich geht es leicht unter, wenn es vom gängigen Verstandesurteil abweicht: Der Verstand legt eine Beurteilung darüber und erzeugt ein anderes Gefühl – ein Gefühl, das eben verstandesgesteuert ist und sich tendenziell nach den allgemeinen gesellschaftlichen Wertvorstellungen richtet; diese widersprechen aber oft dem primären Gefühlsimpuls des Individuums.  Das Überlagern des primären Gefühlsimpulses durch das Verstandesurteil wird rasch zur Gewohnheit, und wir leben – zugespitzt formuliert – nur noch mit sekundären Gefühlen. Unter dem Primat des Verstandes wird der Mensch so konditioniert, dass er das primäre Gefühl unterdrückt. Diese einseitigen Kategorisierungen erzeugen ein unvollständiges Bild unserer selbst und sind so ein Stück weit von uns getrennt. Es wäre falsch, das Hören auf den Körper als ein Geringschätzen des Verstandes und seiner Leistungen zu verstehen. Vielmehr geht es darum, dass uns unsere Körperintelligenz jene individuellen Impulse bietet, mit deren Hilfe wir leichter die Balance unseres Lebens finden. Man könnte sagen, unser Aktivieren der Körperintelligenz sei ein Zurückgreifen auf das, was wir schon lange wissen und was unserer Identität im Gefühlsbereich zu Grunde liegt.  Wenn wir dieses Potenzial durch einseitig betonte  Verstandesarbeit ignorieren, laufen wir Gefahr, Entscheidungen zu treffen, die uns eher belasten und stagnieren lassen als dass sie unser Leben im Sinne unserer individuellen Identität und unseres Wohlbefindens entwickeln helfen.

Meine Möglichkeit, ein stimmig-balanciertes Leben zu führen

Wenn wir unserem Körper und seiner Intelligenz vermehrt Aufmerksamkeit schenken, ist es möglich, wieder unsere primären Gefühle wahrzunehmen und aus diesen dauerhafte, produktive Lösungen für uns zu finden. Solch ein aufmerksames Erleben der Impulse aus unserem körperlichen Fühlen verhindert entfremdende Emotionen, die für unser individuelles Wohlbefinden letztlich abträglich sind; es ermöglicht, dass wir unsere Identität ganzheitlich erfassen und dass uns eine balancierte, stimmige Lebensgestaltung gelingt.

Text von: Arno Plass – herzlichen Dank!  

 

Photo: Walt Stoneburner