Teile diesen Beitrag "Wie die berufliche Neuorientierung gelingt – Interview mit Dr. Bernd Slaghuis"
Dr. Bernd Slaghuis appelliert an die Selbstverantwortung jedes Einzelnen für sein Leben. Der Ökonom und Systemische Coach hat sich auf Fragen der Neuorientierung im Beruf spezialisiert, betreibt eine Coaching-Praxis in Köln und ist zudem als Strategieberater für Unternehmen sowie als Dozent und Redner tätig. Er ist überzeugt, dass jeder das nötige Rüstzeug und die Möglichkeiten besitzt, das zu tun, was ihn glücklich macht. Im Interview spricht Bernd mit mir darüber, wann es Zeit ist, einen neuen Kurs einzuschlagen und wie man die Segel am besten setzt, um auf dem neuen Weg erfolgreich zu sein.
Hi Bernd, herzlich willkommen auf myMONK – und vielen Dank, dass Du Dir Zeit für das Interview nimmst. Magst Du Dich kurz vorstellen anhand eines typischen Tagesablaufs?
Hallo Tim, vielen Dank an Dich und für dieses Interview. Ich bin 40 Jahre alt und lebe und arbeite in Köln als Coach, Vortragsredner und Unternehmensberater.
Ein typischer Tagesablauf – den gibt es eigentlich nicht. Ich arbeite zurzeit an verschiedenen Themen. Ich bin als externer Projektleiter und Strategieberater meist mehrere Tage im Monat für verschiedene Unternehmen tätig. Meistens am späten Nachmittag und Abend wirst Du mich dann in meiner Coaching-Praxis finden. Einen Schwerpunkt der Anliegen meiner Klienten bilden Fragen zur beruflichen Neu- oder Umorientierung, daher wünschen viele Klienten Termine nach ihrer Arbeitszeit.
Ich bin außerdem recht aktiv in den sozialen Netzen, betreibe einen eigenen, noch kleinen Coaching-Blog und schreibe gerne Gastbeiträge oder beantworte Interviewfragen für andere Blogs 😉 Ich möchte in den nächsten Monaten auch meine Tätigkeiten als Vortragsredner zum Thema Karriere-Planung und Zielfindung unter anderem für Schulen und Universitäten weiter ausbauen, auch hier laufen die Vorbereitungen gerade auf Hochtouren.
Im Hinterkopf schlummert ein Buchprojekt, was ich auch gerne in nächster Zeit angehen möchte. Du siehst, eigentlich gibt es keinen typischen Tag, was mir aber momentan auch sehr gut gefällt. Mir ist es wichtig, meine Zeit möglichst frei einzuteilen und das zu tun, was ich für richtig und zielführend halte.
Selbständigkeit bedeutet für mich auch, mal am Wochenende am Schreibtisch zu sitzen. Diese Zeilen entstehen auch gerade an einem Samstag. Genauso entscheide ich aber auch, ob ich am nächsten Dienstag zu meinem Patenkind nach Bochum fahre und einen Tag frei mache.
Du hast nach der Schule eine Bankausbildung gemacht, anschließend Wirtschaftswissenschaft studiert und hast danach einige Jahre als Führungskraft in einem Versicherungskonzern gearbeitet … bis Du das Gefühl hattest, im Hamsterrad zu stecken und etwas verändern zu müssen. Wie ist es dazu gekommen?
Ja, das stimmt. Wobei das Bild des Hamsterrades vielleicht etwas täuscht. Ich zäume das Pferd einmal von hinten auf. Heute, mit meinen Erfahrungen aus meiner Coaching-Ausbildung und einem sehr tiefgehenden Selbsterfahrungsprozess weiß ich, dass mir persönlich Werte im Beruf wie Unabhängigkeit, Freiheit und Selbstbestimmung sehr wichtig sind und ich momentan in einer Arbeitsform glücklich bin, in der ich „mein Ding“ machen kann. Das ist natürlich als Angestellter recht schwierig.
Auch wenn meine Tätigkeiten damals sehr spannend und herausfordernd waren und ich super mit den Kollegen auskam, hatte ich doch nach den sehr intensiven und auch für mich wichtigen Jahren im Unternehmen das Gefühl, etwas verändern zu müssen. Hinzu kam, dass ich zu dieser Zeit in mehrere große Projekte federführend eingebunden war und die Aufgaben damals zunehmend dauerhaft meine Ressourcen überstiegen. Frust machte sich breit, ich war unentspannt, oft gereizt und konnte nicht mehr richtig schlafen. Also auch ein Warnsignal meines Körpers, auf mich zu achten.
Was hast Du gemacht, als Dir klar wurde: so kann’s nicht weitergehen?
Ich habe nach möglichen Alternativen gesucht. Wechsel in ein anderes Unternehmen? Etwas Anderes im gleichen Unternehmen? Oder doch die Selbständigkeit, die mich damals sehr gereizt hat? Eigentlich bin ich ein ziemlich risikoscheuer Mensch, heute aus der Distanz betrachtet scheint das aber auf den Beruf nicht zuzutreffen. Ich habe neue Kontakte geknüpft und alte reaktiviert und nach Möglichkeiten gesucht. Das ging natürlich nicht von heute auf morgen, sondern war ein Prozess über mehrere Monate.
Ich hatte mich in dieser Zeit schon seit längerem auch mit dem Thema Coaching beschäftigt. Ein Freund von mir hatte zeitgleich eine einjährige Ausbildung zum Coach durchlaufen und ich habe miterlebt, was diese Ausbildung bei ihm bewirkt hat. Auch die Methoden im Coaching und die gelassene und wertschätzende Grundhaltung eines Coachs haben mich stark beeindruckt. Noch als Angestellter habe ich mit meiner Ausbildung zum Coach begonnen.
Ich erinnere mich an eine Übung in der Ausbildung, in der ich als Klient von einer Mit-Auszubildenden gecoacht wurde und mir während diesem Übungscoaching bewusst wurde, dass ich kündigen werde. Ich habe ihr im Coaching geantwortet „Dann bin ich eben weg“. Ich bekomme jetzt noch eine Gänsehaut bei dieser Erinnerung, weil für mich auf einmal alles klar wurde. Das war ein extrem starker Moment und tatsächlich der Entschluss, die Kündigung im Anschluss an das Ausbildungsmodul im Unternehmen auszusprechen. Ich habe dann mit einem Geschäftspartner zusammen eine gemeinsame Beratungsfirma gegründet und wir hatten uns auf die Marketing- und Strategieberatung kleiner und mittelständischer Unternehmen fokussiert.
Meine Arbeit als Coach ist in dieser Zeit parallel sehr schnell gewachsen. Inzwischen bin ich vollkommen eigenständig und das Coaching sowohl mit Privatpersonen als auch für Führungskräfte und Mitarbeiter in Unternehmen nimmt den größten Raum ein.
Heute arbeitest Du also als Coach, Berater, Dozent und Redner und hilfst Menschen vor allem dabei, beruflich voran zu kommen oder ganz neue Wege zu gehen. Warum liegt Dir ausgerechnet dieses Thema so am Herzen?
Um ganz ehrlich zu sein, hat sich dieser Schwerpunkt in meiner heutigen Arbeit als Coach und Redner so ergeben. Coaching lässt sich grundsätzlich für alle beruflichen und privaten Lebensbereiche einsetzen. Das Thema Karriere-Coaching und insbesondere berufliche Neuorientierung hat mich „gefunden“.
Rund 90% der Klienten kontaktieren mich aktuell mit einem Anliegen aus diesem Bereich. Ich erkläre mir dies heute so, dass die Kombination aus Ökonom, ehemaliger Führungskraft und Systemischem Coach von vielen Menschen als sinnvoller Sparringspartner für diese beruflichen Themen gesehen wird. Sie sehen sicherlich auch, dass ich eine Neuorientierung für mich geschafft habe. Auch wenn ich nicht der Typ bin, der sagt „Ich habe es geschafft – und Ihr schafft es auch!“, schwingt dieser Eindruck bei vielen Klienten sicherlich mit.
Das Thema liegt mir am Herzen, weil ich an mir selbst spüren durfte, was möglich ist und welche Kraft wir selbst haben, unser Leben positiv zu verändern. Das klingt jetzt etwas esoterisch, trifft aber den Kern meiner Philosophie im Coaching. Wir sind für uns und unser Leben selbst verantwortlich. Ich bin der Überzeugung und erlebe dies auch in den Sitzungen, dass jeder Mensch das nötige Rüstzeug in sich trägt, um Veränderungen in die gewünschte Richtung zu schaffen. Das ist meine Grundhaltung in jedem Coaching. Ich gebe keine Ratschläge, sondern helfe meinen Klienten durch eine Veränderung der eigenen Perspektive, neue Wege zu entdecken und die vorhandenen Ressourcen zu nutzen, um diesen Weg auch gehen zu können.
Woran erkennt man, dass es Zeit ist, einen neuen Weg im Beruf einzuschlagen?
Die Symptome und deren Ursachen können ganz unterschiedlich sein. Es gibt Menschen, die langweilen sich irgendwann in ihrem Beruf und sind frustriert, andere fühlen sich mit den Aufgaben überfordert und sind gestresst, wieder andere kommen mit den Kollegen nicht zurecht oder fühlen sich Führungsaufgaben nicht gewachsen. Und natürlich gibt es auch den Wechsel, um etwas Neues auszuprobieren oder einen nächsten Karriereschritt zu schaffen.
Unzufriedenheit mit einer Situation – egal welcher Auslöser hierfür verantwortlich ist – kennt jeder von uns. Es gilt, genau hinzuschauen, was genau uns unzufrieden stimmt und was wir tun können, um wieder zufriedener und glücklicher zu werden. Jammern und Warten auf bessere Zeiten ist keine gute Lösung, sondern erhöht in der Regel nur die Unzufriedenheit. Ich bemerke an den Anfragen, dass der Wunsch nach Neuorientierung im Beruf derzeit für viele Menschen ein großes Thema ist, vielleicht liegt das auch an dem in den letzten Monaten stark im Fokus der Medien stehenden Thema „Rettet den Feierabend“.
Glaubst Du an so etwas wie die „Berufung“? Wie findet man einen Job, der das Beste aus einem herausholt und mit dem man das Beste in der Welt bewirken kann?
Ich mag das Wort Berufung nicht. Es klingt nach etwas Höherem, was jeder von uns im Optimum erreichen sollte. Ein Anspruch, der bei vielen Menschen enormen Druck ausübt. Wenn damit gemeint ist, dass der Beruf zu einem Menschen passt, dieser ihn vielleicht mit Sinn ausfüllt und er oder sie mit dem Beruf glücklich ist, weil andere Werte erfüllt sind, dann passt es für mich. Nicht jeder möchte das Beste aus sich herausholen und das Ziel, in der Welt etwas zu bewirken, haben auch längst nicht alle Menschen. Das finde ich auch vollkommen in Ordnung. Es geht aus meiner Erfahrung immer um einen Beruf, der den eigenen aktuellen Zielen und Wertevorstellungen gerecht wird. Wenn ein Mitarbeiter am Fließband bei Ford gerne die Spätschicht übernimmt, weil er dann tagsüber für die Familie oder andere Dinge Zeit hat und vielleicht mit der Spätschicht auch durch Zulagen mehr verdient und er damit glücklich ist, dann ist dies für ihn vielleicht der „Traumjob“. Andere sehen das vielleicht anders, ich als Coach bewerte grundsätzlich nicht.
Immer auf der Jagd nach dem Besten zu sein kann auch zu Unzufriedenheit, Stress und Frustration führen. Gerade in einem Prozess der Neuorientierung geht es darum, Entscheidungen zu treffen. Wer nur auf der Suche nach der besten Entscheidung und dem einen richtigen neuen Job als Berufung ist, der wird sich schwer tun, überhaupt eine Entscheidung zu treffen. Es geht vielmehr auch um ein Bauchgefühl, die Einschätzung der eigenen Zukunft und den Abgleich der eigenen Interessen, Fähigkeiten und bisherigen Erfahrungen mit einer potenziellen zukünftigen neuen Aufgabe. Was wir häufig bei Entscheidungen vergessen, ist, dass wir uns fast immer unter Unsicherheit entscheiden müssen und erst nach der Entscheidung feststellen werden, ob es wirklich die beste Entscheidung war.
Was sind Deiner Erfahrung nach die häufigsten Ängste derer, die eigentlich wissen, worauf sie wirklich Bock hätten – sich aber nicht trauen, etwas zu verändern?
1. Angst vor falschen Entscheidungen.
2. Angst vor eigenem Versagen.
3. Angst vor der Meinung anderer.
Die Angst vor falschen Entscheidungen geht oft einher mit Existenzängsten, insbesondere im Zusammenhang mit der Frage der Selbständigkeit. Diese Angst kommt auch zum Vorschein, wenn wir das Gefühl haben, „es jetzt endlich richtig machen zu müssen“. Viele Menschen, gerade wenn sie nach 10-15 Jahren im Beruf schon etwas älter sind, setzen sich hier selbst sehr unter Druck. Es muss jetzt die „richtige“ Entscheidung sein. Dazu habe ich eben schon etwas gesagt. In dieser Situation kann man sich die Frage stellen, woran man denn bemerken würde, dass es die richtige Entscheidung war. Diese Perspektive bringt häufig noch einmal gezielt Klarheit darüber, welche Ziele und Vorstellungen jemand mit einer Entscheidung verbindet und in welcher Form diese erfüllt werden sollten.
Die Angst vor dem eigenen Versagen und die Angst vor den Meinungen der anderen hängen vielmals eng zusammen. Veränderung heißt Verlassen der eigenen Komfortzone und etwas Neues tun. Das Verlassen der ausgetrampelten und bekannten Wege hat immer mit Ungewissheit zu tun. Vielleicht hat der neue Weg tiefe Löcher, führt in Sackgassen oder ist besonders kurvenreich. Diesen Weg nicht zu meistern und im schlimmsten denkbaren Fall vor den Augen der Familie oder der Freunde zugeben zu müssen, dass man es nicht geschafft hat, macht vielen Menschen Angst. Eine Angst, die uns vor allem aus der Erziehung mitgegeben ist. Wir sollen perfekt sein, meinen immer stark sein zu müssen und wollen von allen gemocht werden.
Dies sind nur einige typische Beispiele dafür, die uns daran hindern, das zu tun, worauf wir eigentlich Bock haben – wie Du so treffend sagst. Aber nur wer bereit ist, seine Komfortzone zu verlassen und Neues auszuprobieren, vielleicht auch aus der Sicht anderer Rückschläge erlebt (und daraus lernt), wird seine mit der Veränderung verbundenen Ziele erreichen.
Wie kann man den Mut finden, seine Träume zu verfolgen?
Wichtig ist eine gute Vorbereitung. Träume sind zwar wichtig, müssen aber nicht realistisch sein und sind noch lange keine Ziele. Vielleicht können wir über die richtigen Ziele später noch sprechen. Mut klingt für mich nach einer Gefahr, einer Überwindung, nicht umsonst gibt es den Begriff Mutprobe. Ich denke, es braucht für Veränderungen keinen Mut, sondern eine zielorientierte, positive und wertschätzende Grundhaltung zum eigenen Leben.
Das (Wieder-)Erkennen der eigenen Ressourcen und Potenziale nimmt sehr viel Raum in den Coachings ein. Dabei ist es egal, ob ich einem 25-jährigen Berufsanfänger oder einer 50-jährigen Führungskraft begegne, beide haben in ihrem Leben schon gute Entscheidungen getroffen, viele wichtige Erfahrungen gesammelt und blicken auf Zeiten zurück, auf die sie sehr stolz sein können. Die eigene Wertschätzung von Geleistetem und der vorhandenen Fähigkeiten ist extrem wichtig, um sich auf den Weg zu seinen Zielen zu begeben.
Da mir das Thema Selbstverantwortung sehr am Herzen liegt, sei hier auch gesagt, dass man nicht darauf hoffen sollte, dass einem sein Umfeld Mut zuspricht. Es kann nützlich sein, zu wissen, dass es ein Umfeld gibt, welches einen unterstützt und auf dem Weg Kraft gibt, doch diesen Weg muss jeder selber in Angriff nehmen und gehen.
Wie wichtig sind aus Deiner Sicht also ganz konkrete Ziele für jemanden, der etwa seinen Job kündigen und sich selbstständig machen will?
Ziele sind sehr wichtig. Je konkreter und detaillierter wir uns die eigenen Ziele bildlich vor Augen führen können, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass wir sie auch erreichen. Denke zum Beispiel an die Mentaltechniken, die Profisportler erfolgreich einsetzen. Wichtig für gute Ziele ist, dass es sich um sogenannte Annäherungsziele handelt. Sie sollten also immer beschreiben, was jemand erreichen möchte. Das Gegenteil sind Vermeidungsziele, wie zum Beispiel „Ich möchte weniger Stress haben“. Was soll anstelle des Stresses da sein? „Mehr Zeit mit der Familie verbringen“ oder vielleicht „Früher Feierabend machen.“ Wenn jemand dies positiv für sich definieren kann, dann hat er sein Annäherungsziel gefunden. Das trifft natürlich nicht nur auf den zu, der den Job kündigen und sich selbständig machen will, sondern betrifft grundsätzlich unsere Ziele.
Wenn jemand seinen Job kündigen will, sollte er oder sie einen Plan in der Tasche haben. Und wenn es auch nur ein guter Plan ist, was er tun kann, um zu einer neuen Orientierung und einer neuen Aufgabe zu kommen. Viele Menschen in einer Neuorientierungsphase benötigen Zeit, um Abstand vom alten Job zu gewinnen. Sie müssen häufig erst einmal zur Ruhe kommen und wieder zu sich finden. Ich hatte ja vorhin schon etwas zur wertschätzenden Haltung gesagt. Für die meisten Menschen ist das berühmte Glas Wasser auch nach der selbst initiierten Kündigung zunächst einmal halb leer. Es braucht Zeit, wieder die nötige Energie zu tanken und seine Potenziale zu erkennen, die das Glas wieder halb voll werden lassen.
Was den Weg in die Selbständigkeit betrifft, ist dies ein Fall, der nur für sehr wenige Orientierung Suchende in Frage kommt. Das finanzielle Risiko wird von vielen als zu hoch eingestuft, erst Recht wenn sie in einer Situation sind, in der sie eine Familie ernähren oder vielleicht das eigene Haus abbezahlen müssen. Wer den Weg gehen möchte, der sollte sich seine eigene tragfähige Geschäftsstrategie überlegen. Was sind die strategischen Ziele? In welcher Zeit möchte ich sie erreichen? Was ist mein Angebot? Wie sieht die Wettbewerbssituation am Markt aus? Welche Kosten entstehen, welche Einnahmen erwarte ich? Wer sind meine Kundenzielglruppen? Wie erreiche ich sie oder wie werden sie auf mich und mein Angebot aufmerksam? Welche Risiken gibt es? Gibt es einen Plan B, falls die Rechnung nicht aufgeht? Auf was bin ich bereit, vielleicht auch zu verzichten? Bringe ich die nötige Disziplin mit, um mein eigener Chef zu sein? Was brauche ich selbst an Know-how und wer kann mich auf meinem Weg unterstützen? Diese und ähnliche Fragen sollten beantwortet werden, bevor der vermeintlich glückliche Schritt in die Freiheit gegangen wird.
Warum scheitern so viele Selbstständige? Und was kann man tun, um auch langfristig erfolgreich mit seinem Geschäft zu sein?
Ich habe viele mittlere und kleine Unternehmen als Berater kennengelernt und mich dort vor allem mit Strategie-Themen beschäftigt. „Strategie“ klingt sehr wissenschaftlich und anspruchsvoll, aber jeder – auch der kleine Kioskbetreiber – sollte seine Strategie haben. Eigentlich geht es dabei immer um zwei grundlegende Sichtweisen: die Analyse meiner eigenen Fähigkeiten bzw. als Unternehmen meiner eigenen Aufstellung, der Prozesse und der Organisation und auf der anderen Seite die Analyse der Wettbewerbs- und Kundensituation. Das Ergebnis hieraus führt mich zu meinen strategischen Zielen. Strategie schaut in der Regel auf einen Zeitraum von 3-5 Jahren. Das ist ein wichtiger Aspekt, den viele vergessen. Der Aufbau des eigenen Geschäfts braucht in der Regel Zeit. Es gibt kaum eine Geschäftsidee, bei der die Kunden von der ersten Stunde an Schlange stehen, weil sie auf Dich gewartet haben.
Durchhaltevermögen, Zielstrebigkeit, finanzielle Reserven und vor allem die Bereitschaft, jenseits fester Arbeitszeiten viel Zeit in sein Unternehmen zu investieren sind wichtige Voraussetzungen, um zu wachsen. Langfristigen Erfolg haben aus meiner Erfahrung als Berater solche Unternehmen oder Selbständige, die ihre Strategie regelmäßig, am besten jährlich kritisch hinterfragen und Neuem offen gegenüberstehen. Wenn es einmal gut läuft, muss dies kein Garant dafür sein, dass es auch in drei Jahren noch gut läuft. Ideen können mitunter leicht von der Konkurrenz imitiert werden. Oder der Markt und das Kaufverhalten der Kunden verändert sich und die eigenen Angebote geraten ins Abseits. Ein gesundes Dranbleiben am eigenen Handeln sowie ein ständiges wachsames Auge im Markt und bei den Wettbewerbern ist hier aus meiner Sicht die Devise!
Wann ist es sinnvoll, sich von einem Coach unterstützen zu lassen, hin zum und auf dem neuen beruflichen Weg?
Wir haben jetzt schon sehr viel über Ziele gesprochen. Vielen meiner Klienten sind ihre Ziele nicht bewusst oder sie haben das Gefühl, die Umsetzung des Weges zu ihren Zielen nicht alleine zu schaffen. Ich erlebe, dass Klienten, die mir berichten, dass sie die Umsetzung nicht schaffen, oft auch keine klaren Ziele besitzen. Allgemein steht immer der Wunsch im Vordergrund, zu mehr Orientierung und Klarheit zu gelangen. Orientierung, was beruflich Sinn macht und Klarheit, welche Entscheidungen getroffen und welcher hierzu passende Weg eingeschlagen werden kann.
Wir sehen manchmal den Wald vor lauter Bäumen nicht. Gerade Menschen, die sich schon längere Zeit mit einem Thema beschäftigen und das Gefühl haben, selbst nicht weiter zu kommen, sind auf der Suche nach neuen Impulsen. Es geht beim Coaching darum, die Scheuklappen ab- und neue Perspektiven einzunehmen. Im Coaching-Gespräch gelingt dies durch gezielte Fragestellungen oder den Einsatz spezieller Methoden des Systemischen Coachings. Den Dingen Struktur zu geben, sie zu ordnen, Zusammenhänge herzustellen und sie auszusprechen, ist häufig sehr hilfreich. Viele meiner Klienten sehen in mir auch einen fachlichen Sparringspartner und wünschen sich ein Feedback zu ihren Überlegungen. Mir ist es wichtig, sie durch meine Meinung in ihrem Lösungsprozess nicht zu beeinflussen, daher gebe ich als Coach keine Ratschläge, sondern lege mit ihnen gemeinsam den Weg zu den für sie und ihre momentane Lebenssituation passenden Zielen fest.
Wo können die Leser mehr über Dich erfahren, wie am besten Kontakt mit Dir aufnehmen?
Alle Infos zum Kontakt stehen auf meiner Homepage www.bernd-slaghuis.de.
Wer Kontakt aufnehmen möchte, kann mir gerne eine Mail schreiben, mich anrufen oder über meine Facebook-Seite den Kontakt suchen.
Ich freue mich über Feedback zu diesem Interview entweder hier in den Kommentaren oder direkt im Kontakt mit mir. Ich danke Dir, Tim, für dieses interessante Interview und wünsche Dir mit myMONK noch viele spannende und inspirierende Themen.
Herzlichen Dank!
Hast Du, lieber Leser, Dich beruflich neu orientiert oder hast es vor? Dann freuen Bernd und ich uns auf Deinen Kommentar!
Photo (oben): Sakeeb Sabakka
Hallo Tim, Hallo Bernd!
habe mit sehr großem Interesse Euren Bericht gelesen. Bin öfter auf Deiner Seite Tim, heute jedoch hab ich das Interview entdeckt…alles zu seiner Zeit oder 😉 ?
Ich befinde mich genau in dieser Phase und habe mich in einigen Punkten und Situationen, wie sie Bernd beschrieben hat, wiedergefunden:
– Angst vor Veränderung (örtlich und privat, tägliche Abläufe, Freundeskreis, der Weg zur Arbeit, Wohnung…),
– Angst die Komfortzone zu verlassen, Gewohntes hinter sich zu lassen,
– die Neugier und Lust auf Neues, gleichzeitig jedoch die Angst davor, weil ungewiss,
– die Angst vor dem Gefühl, den Schritt getan zu haben und ihn dann doch zu bereuen,
– die Angst, dass das angedachte, neue berufliche Ziel, wenn man es dann erreicht hat, den Job erhalten hat, nicht wirklich glücklich macht, die Erwartungen und Hoffnungen nicht erfüllt werden, das Gewünschte nicht wirklich eintritt,
– als Folge die Angst vor demselben Gefühl wie jetzt: berufliche Frustration. Nicht wissen was tun, was ich 40 Stunden die Woche machen soll, und dabei energiegeladen, glücklich und zufrieden zu sein, weil es das ist, was ich gerne tue…und mich nicht so kraftlos zu fühlen, die Lebenslust irgendwo geparkt zu haben, weil es mich runterzieht, weil es mich nicht glücklich macht, was ich gerade mache…
Ich verbringe 40 oder mehr Stunden in der Arbeit, es soll mich mit Sinn erfüllen, ich will mich einbringen können, meine Stärken ausleben können…
Was ist, wenn das im neuen Job wieder nicht passiert?
Ich drehe mich genau im Kreis dieser Fragen und vielen Ängste…
und werde Bernd´s Fragen versuchen zu beherzigen, mir zu stellen, zu beantworten. In den nächsten Tagen…
Der Bericht hat mich dazu ermutigt, mir Zeit zu lassen, nicht von mir selbst rasch eine Lösung zu erdrängen. Es ist ein Prozess, der Zeit benötigt. Einige Fragen gibt es zu klären…
Gut wäre nur, wenn die Ängste sich nicht dauernd einmischen würden, und nicht permanent das Gehirn zu mir spricht, sondern ich auch auf mein Bauchgefühl hören könnte, beim Beantworten dieser Fragen…Doch dem getrau ich mich (noch) nicht zu trauen…da sind doch diese Gedanken, die Ängste sind…die sind einfach so viel stärker, und halten mich in meiner gewohnten, bekannten und vertrauten Komfortzone gefangen…
Sie lassen ein klares Nachdenken über Werte, Ideen und Wünsche nur sehr schwer zu. Sie schaffen es, dass ich mich das gar nicht erst getraue. Gar nicht erst darüber nachdenken, was ich gerne tun würde. Denn: was ist wenn das eh nicht eintritt?
Jedoch: ich bin am Weg 🙂
Danke Tim, für Deinen tollen Blog, die vielen tollen Berichte, Anregungen, Tipps, Reflektionen…sie sind eine absolute Bereicherung!!!
Hallo Barbara,
vielen Dank für das schöne Feedback.
Ich wünsche Dir viel Erfolg auf Deinem begonnenen Weg.
Liebe Grüße aus Köln,
Bernd Slaghuis
Ein sehr gutes Interview.
Es gibt noch eine weiteren wichtigen Punkt zu den 3 größten Ängsten
1. Angst vor falschen Entscheidungen.
2. Angst vor eigenem Versagen.
3. Angst vor der Meinung anderer.
Es ist kaum zu glauben 4. Angst vor dem Erfolg.
In meiner Arbeit erlebe ich das auch immer wieder, ein anderer Trainer sagt einmal zu mir “ Es braucht manchmal ein Jahr bis die Angst vor den gewinnen weg ist „.
Kaum zu glauben
Hallo Bodo,
danke für Deine Ergänzung, die ich unterschreiben kann. Erfolg müssen sich einige Menschen auch erst erlauben, bevor Sie ihn tatsächlich für ihr Leben zulassen können.
Wenn wir uns mal an die Schulzeit erinnern, wer wollte da schon als uncooler Streber abgestempelt werden? Lieber in der Masse mitschiwmmen. Wer das zum Beispiel noch „gelernt“ hat, der muss nun im Job umdenken und diesen Glaubenssatz für sich neu definieren. Und … erfolgreiche Menschen dürfen auch nicht mehr jammern – das würde vielen dann auch fehlen, wenn sie erfolgreich sind 😉
Viele Grüße
Bernd