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Prokrustes ist ein Riese aus der griechischen Mythologie. Er grüßte die vorbekommenden Reisenden herzlich und lud sie ein, in seiner Herberge zu speisen und zu übernachten. Die Wanderer, hungrig und müde nach einem langen, anstrengenden Tag, nahmen das freundliche Angebot gern an.

Allerdings gab es da … naja … ein Problem. Die Wanderer waren alle unterschiedlich groß. Manche waren zu groß für die Betten in Prokrustes’ Herberge, andere zu klein. Da Prokrustres am Bett auf die Schnelle nichts ändern konnte und auch nicht wollte, hackte er denen, die zu groß waren, einfach die überstehenden Gliedmaßen ab. Jene, die zu klein waren für das Bett, den zertrümmerte er die Glieder mit einem Hammer, anschließend mussten sie die Nacht auf der Streckbank verbringen.

Wie schön das alles passte, als er fertig war!

Okay, die Wanderer waren verstümmelt, die Reise konnte so keiner von ihnen fortsetzen (die meisten starben ohnehin noch in der Nacht). Aber hey, das Bett ist nun mal das Maß aller Dinge, dachte sich Prokrustes.

Prokrustes wurde zwar später vom Helden Theseus erschlagen.

Doch er lebt bis heute weiter, sein Geist streift durch die Gesellschaft und durch die Köpfe ihrer Mitglieder. Seine Idee vom idealen Bett und seine Idee davon, dass sich ein Jeder daran anzupassen hat, zeigt sich in emsig verfolgten Karriere- und Körper-Idealen. Daran, dass immer mehr Menschen an Burn-out- und Depression erkranken, woran auch die immer häufiger verschriebenen Psychopharmaka („Herr Doktor, ich kann nicht mehr gut schlafen“ – „Friss ’was von den Blauen hier und ein paar von den Roten!“) nichts ändern können.

Wir buckeln uns krumm und reißen uns Beine ´raus. Hacken uns die Gefühle, Bedürfnisse und Träume ab, wenn sie nicht zur Norm passen. Machen uns klein, weil wir glauben, den Anforderungen nicht gewachsen zu oder nicht gut genug zu sein. Leben angestrengt und angepasst und leiden still. Täglich werden wir gefoltert, und kaum jemand merkt es oder sagt etwas.

Sind Dir Deine Tage Dir Qual? (Ich kann das zumindest von meiner Zeit als Angestellter behaupten. Und auch heute ertappe ich mich immer mal wieder, wie ich viel zu viel oder das Falsche von mir verlange.)

Wenn Du und ich zwei Wanderer wären und bereits in der Herberge des Riesen abgestiegen, dann hätten wir keine Chance mehr. Uns würde eine beschissene Nacht bevorstehen. Der Irre würde uns fertig machen.

Anders ist es mit seinem Geist, dem Geist der verstümmelnden Anpassung. Gegen ihn können wir uns wehren. Er hat nur die Macht über uns, die wir ihm geben. Wir können der täglichen Dosis Folter ein Ende bereiten, hier und jetzt und für immer.

Wir können uns selbst aussuchen, in welches Bett wir uns legen und entscheiden, ob es behaglich und richtig ist für uns.

 

Photo: Mislav Marohnić