Teile diesen Beitrag "Eine Übung für „Irgendwie war plötzlich die Liebe weg“ (Gastbeitrag von Thomas Pfitzer)"
Wir buhlen, kämpfen, flirten, zeigen uns von unserer Schokoladenseite und sagen zu allem „Ja und Amen“ – bis wir erreicht haben, was wir wollten. Der eine wollte Sex und nannte es Liebe, der andere wollte Geborgenheit, Kinder, Versorgung oder einfach nur das Gefühl endlich angekommen zu sein und sich von nun an keine Sorgen mehr um die Einsamkeit machen zu müssen. Ankommen – gefällt ihnen dieses Wort? Den meisten Menschen gefällt es. Es hat etwas von Heim, Herd, Eierkuchen und frisch gewischten Böden. Alles sauber, alles frisch, alles klar!
Ich mag ankommen gar nicht. Für mich ist ankommen gleichbedeutend mit Stillstand. Das ist es auch, was in vielen Beziehungen geschieht, egal ob staatlich zertifiziert oder unchristlich wild. Sie kommen an und das war’s. Jeder hat jetzt was er will und somit muss niemand mehr etwas tun. Flirten, verwöhnen, necken, herumalbern, viel über alles reden und knutschen entfällt wegen RTL II. Geld ist auf dem Konto, Wohnung ist sauber, Wäsche ist gebügelt, Leasingrate bezahlt – alles normal. Ist es normal? Ist es selbstverständlich? Kein Grund zur Dankbarkeit?
Wir vermasseln es, weil wir es als selbstverständlich ansehen. Alles was selbstverständlich ist, ist aber auch nichts wert, oder? Schließlich hat das jeder. Und für das was Sie geben und in die Beziehung einbringen, wollen Sie natürlich auch den entsprechenden Gegenwert zurück. Business as usual – es ist ein Deal, ein Geschäft, sonst nichts.
Da keiner sagt: „Danke, dass du die ganzen Hemden gebügelt hast“, sagt auch keiner: „Danke, dass du heute wieder 8 Stunden den Affen im Büro gemacht hast.“ Ist ja alles selbstverständlich.
Dankbarkeit erhält die Liebe. Wann waren Sie das letzte Mal dankbar für das, was Ihnen Ihr Partner gibt? Er gibt Ihnen nichts? Wirklich nichts?
Die Übung:
Egal wie schmerzhaft Ihre Trennung war, schreiben Sie auf, wofür Sie zu Beginn der Beziehung hätten dankbar sein können. Prüfen Sie dann, was davon gegen Ende der Beziehung noch übrig geblieben ist. Wofür hätten Sie bis zum Schluss noch dankbar sein können, wenn Sie nicht der Meinung gewesen wären, dass es eine Selbstverständlichkeit ist?
Schauen Sie jetzt einmal auf Ihre Liste und überlegen Sie, was Sie alles hätten erhalten können, wenn Ihre Dankbarkeit nie geendet hätte.
Ihr Partner hat Ihnen noch nie etwas gegeben? Das ist ein Scherz, oder? Wieso haben Sie Ihn dann ausgewählt?
Text von und herzlichen Dank an:
Thomas Pfitzer |
Photo: Vinoth Chandar
Super!
Danke. Freut mich, dass es Ihnen gefällt. Liebe Grüße Thomas Pfitzer
„wollen Sie natürlich auch den entsprechenden Gegenwert zurück“ – das ist das Problem in den Beziehungen: man verlangt! Man will einen Gegenwert!
Wenn ich alles das tue, was ich für eine Beziehung tue, oder die Person (nur) liebe, weil ich einen „Gegenwert“ erwarte, kann das auf Dauer nicht funktionieren…
2tem Absatz stimme ich vollkommen zu: „Jeder hat jetzt was er will und somit muss niemand mehr etwas tun“ – kein „Bemühen“ mehr. Jedoch sollte man es für den Menschen umso lieber tun, da man diese Person ja über alles liebt, oder nicht?
Lieber Thomas (ich sag‘ mal „Du“, hoffe, das ist ok),
wäre da die Sache mit dem „Stillstand“ nicht gewesen … ich hätte beim Lesen irgendwie auch mit dem Kopf genickt. So aber musste ich kurz innehalten und begann nochmal von vorne. Und wusste, warum ich nicht sofort genickt hatte. Sage ich zu allem „Ja“ und „Amen“, ist das bereits der Anfang vom Ende. Ich bekomme nicht, was ich will, sondern mache mich zum Hans Wurst.
„Ankommen“ bedeutet nicht automatisch Stillstand. Liebevolle Routine, die auch Verlässlichkeit und Geborgenheit bedeuten kann, wird in Deinem Artikel komplett abgewertet. Natürlich kann ein ständiges Wiederholen „und ewig grüßt das Murmeltier“ einkehren – man kann allerdings auch mit einem positiven Blick darauf schauen. Die Tatsache, dass automatisch Geld auf dem Konto ist und die Hemden gebügelt im Schrank hängen, ist kein Beziehungskiller, sondern – sagen wir mal – Geschmacksache. Auch wenn dafür nicht automatisch Lobeshymnen folgen, ist mehr Raum für allerlei Schönes, Spontanes, Überraschendes, Liebenswertes, Lebendiges. Du setzt „ankommen“ mit „eingeschlafen“ gleich. Mit „vergessen“ und „Faulheit“.
‚Flirten, verwöhnen, necken, herumalbern, viel über alles reden und knutschen‘ kann ich auf Dauer nur, wenn ich „angekommen“ bin. Es findet immerhin auch eine Entwicklung statt, und die verläuft (Gott sei Dank) nicht bei jedem Menschen gleich und endet hoffentlich nie. Falls die Basis stimmt – kein Problem. Ich verstehe unter ankommen: ich stehe mit meinem Partner auf einem stabilen Fundament. Und glaub‘ mir – was man auf stabiler Unterlage so alles veranstalten kann, ist alles andere als Stillstand!
Trotzdem: „Loben“ die richtige Devise – denn das kommt häufig in Beziehungen zu kurz.
Liebe elna, ich stimme deinem Artikel voll und ganz zu. Ankommen ist auch für mich all das gefunden zu haben was mich glücklich macht.
Herzlichen Dank für diesen Beitrag…endlich lese ich das…wofür ich nur blöd angeguckt werde, wenn ich es sage. Mir kommt regelrecht die Galle hoch, wenn ich nur „angekommen“ höre..oder in Heiratsanzeigen lese…dieses angkommen sollte sich lediglich auf Päckchen oder Koffer beschränken.
Also danke Thomas, du hast mir aus dem Herzen gesprochen.