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Im Buch „Goalfree Living“ schreibt Stephen Shapiro: Ziele sind wie ein Punkt auf einer Landkarte sind, den wir festlegen. Zu diesem einen genauen Punkt X wollen wir in Zeitraum Y kommen.

Es gibt sicher eine Menge Leute, für die das im Außen funktioniert, ein Ziel, ein Plan, abarbeiten … und mit etwas Glück dann wirklich am gewählten Punkt auf der Landkarte ankommen und den nächsten setzen, wieder Ziel, Plan, abarbeiten

Eine Gefahr dabei ist jedoch selbst im Erfolgsfall, dass wir unsere Freude dem Plan unterwerfen. Einem Plan, den häufig der Kopf festgelegt hat, ganz gleich, was das Herz dazu sagt. Dabei ist grundsätzliche Freude nicht nur angenehm, sondern auch eine der wichtigsten Zutaten, um eine Sache außerordentlich gut zu machen.

Eine andere Herangehensweise …

… als die Landkarte ist der Kompass.

Ein Kompass, den wir in unserem inneren haben und der uns grob die Richtung anzeigt, die passend und richtig für uns ist.

Anstelle der linkshirnigen, logisch-geplanten Ziele ist dieses Vorgehen intuitiver, experimenteller, rechtshirniger. Die Reise steht dabei im Mittelpunkt und nicht das Ziel.

Wenn wir dem Kompass, also unserem Gefühl, folgen, gehen wir unseren Interessen nach, dem, worauf wir Lust haben, was wir spannend finden.

Die Nadel könnte dann zum Beispiel zeigen in Richtung: „Ich zeige mich mehr“ oder „Ich möchte mehr Neues ausprobieren“ oder „ich sehne mich danach, mit anderen zusammenzuarbeiten“ oder “ich möchte etwas mehr Spiritualität in mein Leben holen“.

Wir folgen dem Fluss, müssen uns dann nicht mehr irgendwo hin prügeln. Wir erlauben uns und dem Leben mit einem Kompass viel eher, sich zu entwickeln, sich zu entfalten.

Und wir hängen nicht so an einem bestimmten Ergebnis und fühlen uns schlecht oder als Versager, wenn wir’s mal nicht erreichen. Weil uns der Moment viel wichtiger ist als das konkrete Resultat. Wir ziehen die Energie aus dem, was jetzt ist und nicht aus dem, was angeblich irgendwann so oder so sein muss.

Mir nimmt dieses Kompass-Modell sehr viel Druck. Wenn ich mit 200 Sachen auf einer Autobahn unterwegs bin, wie der Autor schreibt, während ich auf ein Ziel zusteuere, dann sollte dieses Ziel besser ein extrem gutes sein, weil ich viel zu schnell und festgelegt bin, um noch eine Abfahrt nehmen und den Kurs anpassen zu können. Ziele sind oft wie eine solche Autobahn, von der wir gefühlt jahrelang nicht mehr abfahren können. Egal, wie hässlich die Landschaft inzwischen ist. Egal, wie wenig uns das Ende der Strecke noch interessiert und egal ob rechts und links neben uns auf dieser Fahrbahn vielleicht nur noch Menschen unterwegs sind, mit denen wir so gar nichts anfangen können.

Was aber, wenn wir stattdessen gechillt in einem Cabrio sitzen, die Haupthaarfrisur im Wind wehend, mal 30, mal 70 Km/h und den Ausblick genießen auf einer Landstraße und schauen, was uns gerade Freude macht und anzieht? Dann müssten wir uns gar nicht mehr darum sorgen, ob wir die hundertprozentig richtige Entscheidung getroffen haben für die nächsten Jahre.

Und weil es viel mehr ums Ankommen im heutigen Tag geht statt ums Ankommen irgendwann, verfliegt auch das Problem, dass wir uns nach einem erreichten Ziel, nach dem eingetretenen Erfolg fragen: joa, und nun, ist das schon alles?

George Bernard Shaw hat mal gesagt:

„Ich mag Erfolg nicht. Erfolgreich sein ist, als wäre man fertig mit seiner Aufgabe auf der Erde, wie die männliche Spinne, die vom Weibchen getötet wird, sobald der Geschlechtsverkehr absolviert ist. Ich mag viel lieber den Zustand des Werdens, mit viel mehr vor mir als hinter mir.“

Manchmal beschleicht mich auch den Eindruck, dass es mit vielen Zielen so ist wie mit der Partnersuche: Je härter wir’s versuchen, je mehr wir’s erzwingen wollen, desto mehr entweicht es uns.Je dringender ein Mann eine Frau beeindrucken und „klar machen“ will, desto eher sagt sie: „Du, warte mal, ich muss nur mal die Nase pudern“. Und kommt dann nie zurück zu ihm im Club oder bei der Party und eine Viertelstunde später wird’s dem Armen klar, als er sieht, wie ein anderer mit ihr und drei anderen Frauen zusammensetzt und lacht und eine gute Zeit hat. Einfach, weil er weniger bedürftig ist und mit sich und seinem Leben zufrieden ist. Weil er es nicht braucht und nicht angestrengt kämpft und notfalls auch gut ohne weibliche Anerkennung an diesem Abend auskommt. Und vielleicht auch, weil er neben seiner Lebensfreude einen Wahnsinnshumor hat und Scherze raushaut wie den mit dem Dachdecker … „kommt ein Dachdecker in eine Bar, sagt der Wirt: der geht aufs Haus“.

Der Kompass ist also „weicher“ als die Zielplanung. Ich dachte lange Zeit, weich sei nichts für mich (ein Glaubenssatz, den ich vermutlich damals in der latainamerikanischen Straßengang übernommen hab, in der ich mir bis zu meinem Durchbruch als Tango-Tänzer meinen Respekt verdienen musste). Aber ist‘s nicht oft so, wie’s die Taoisten sagen:

Das Weiche besiegt das Harte, das Schwache triumphiert über das Starke.

Nichts in der Welt ist weicher und schwächer als Wasser

und doch gibt es nichts, das wie Wasser

Starres und Hartes bezwingt

unabänderlich strömt es nach seiner Art

daß Schwaches über Starkes siegt

Starres Geschmeidigem unterliegt

wer wüsste das nicht?

doch wer handelt danach!

(Laotse)

Wohin zeigt die Kompassnadel für Dich? Was zieht Dich an, was interessiert Dich, der Gedanke an welche Reise lässt Dich lebendig fühlen?

Mehr zu diesem Thema findest Du im myMONK-Podcast:

Photo (oben): Stock Photos von lucas_moore / Shutterstock