Teile diesen Beitrag "Powernap – Frische Energie durch 20 Minuten schlummern"
Interview mit Sebastian Mauritz, Experte für gehirngerechtes arbeiten und gehirngerechtes kommunizieren zum Thema Powernapping, lohnenden Pausen und erfolgreicher Arbeit.
Was ist eigentlich Powernapping?
Nun, Powernapping beschreibt einen Kurzschlaf. Man könnte auch sagen, es ist ein Mittagsschlaf, Nickerchen oder Kraftschlaf – Powernap klingt aber einfach am besten. Auch und besonders in Firmen spricht man eher von einem Powernap – weil die Mitarbeiter ja nicht schlafen sollen, sondern eher ihre Akkus aufladen. Rein von der Tätigkeit ist es aber das gleiche – Powernap ist nur das bessere „Marketing“. Außerdem hat es gleich das Ziel des ganzen im Namen integriert – es geht darum, wieder Kraft zu bekommen.
Wer hat denn den Powernap erfunden?
Der Name ist relativ neu – den Büroschlaf gab es in den 50er und 60er Jahren schon mal – ganz ähnlich wie heute die Powernapping-Konzepte. Mit dem damaligen Paradigmenwechsel verschwand dann der Schlaf aus den Büros vieler Kulturen – die Idee des mehr Arbeitens und damit mehr Leistens sowie der immer schneller werdenden Arbeitswelt, Erreichbarkeit und immer kürzerer Reaktionszeiten war dann in gewisser Weise auch erst mal das Ende für den Powernap.
Und so langsam kommt er wieder? Warum?
Das Bedürfnis nach 1-2 schlafähnlichen Pausen am Tag liegt in den Rhythmen des Menschen begründet. Vor der Industrialisierung gab es eher selten nur eine Schlafphase pro 24 Stunden, sondern eher 2-3 Schlafphasen. Die so genannte Monophasenschlafkultur – eine Schlafphase nachts – hat Ihren Ursprung in der Industrialisierung. Die Folgen für den Menschen sind relativ einfach. Die Phasen echter Wachheit, die durch öftere Pausen ermöglicht werden, werden über einen 7-12 Stunden Tag nicht mehr erreicht und somit ist das volle Potenzial an Konzentration, Kreativität und Wachheit nicht abrufbar. Die zunehmenden Belastungen der letzten Jahre, die mittlerweile an und weit über die Grenzen der menschlichen Leistungsfähigkeit hinausgehen, verhelfen dem Powernap zu einer Rückkehr.
Aber mal ehrlich – Schlaf und Arbeit? Ist das kein Widerspruch?
Das ist eine Reaktion, die ich immer wieder höre – seltener jetzt als noch vor ein paar Jahren. Betrachtet man sich das Konzept von Arbeit im Sinne eines Tausches Zeit für Geld, so könnte man auf die Idee kommen, dass man jemanden fürs Arbeiten bezahlt und nicht fürs Schlafen. Betrachtet man dann noch die Bedeutung des Wortes Arbeit anhand des Mittelhochdeutschen Wortes „Arebeit“ (Mühsal, Plackerei), so verwundert es nicht, dass Schlaf – im Sinne einer Steigerung des Wohlbefindens – sich auf den ersten Blick nicht mit der klassischen Leistungsgesellschaft und ihrem Verständnis von Arbeit verträgt. Im Gegenteil – Manager unterbieten sich gegenseitig in der Menge an Schlaf, die sie brauchen. Mit 4-5 Stunden zählt man teilweise schon zu den verweichlichten Typen, die immer noch 2-3 Stunden zu viel des Tages mit Schlaf verplempern. Schaut man sich auf der anderen Seite Wirksamkeitsstudien an, so fällt schnell auf, dass eine ausreichende Menge an Schlaf Nachts – in der Regel braucht jeder Mensch mindestens sieben bis acht Stunden – plus 1-2 Powernaps pro Tag ganz unerwartet positive Wirkungen haben.
Und was für Wirkung hat ein regelmäßiger Powernap? Wozu sollte man das machen?
Die Wirkung lässt sich gut mit dem Laden eines Handys vergleichen. Wenn der Akku mal leer wird können wir ihn mit einem Powernap wieder laden. In der Regel versuchen wir Symptomen von Müdigkeit und Konzentrationsschwäche mit so unsinnigen Dingen wie Keksen, Kaffee, Zucker, Energiedrinks, Zigaretten oder sogar Medikamenten entgegen zu wirken. Das ist ungefähr so sinnvoll, wie bei einem Auto die Lampe, die einen niedrigen Benzinstand anzeigt, auszuschalten. Lediglich das Symptom wird beseitigt – das Problem bleibt. Das heißt auch, dass wir anstatt zu gegebener Zeit unsere Akkus zu laden eher noch den letzten Rest an Wachheit herauspressen – mit den entsprechenden Auswirkungen wie u.a. erhöhter Fehlerquote und verminderter Leistungsfähigkeit. Wenn ich auf der anderen Seite mich kurz mit einem Powernap entspanne und mein System regeneriere, so bin ich danach wieder voll Leistungsfähig und kann im besten Sinn den Bedürfnissen und Rhythmen meines Körpers gerecht werden.
Studien der NASA weisen hier eine deutlich erhöhte Wachheit und Konzentrationsfähigkeit aus. Der Stresslevel (gemessen am Cortisolgehalt im Blut) sinkt, die Zufriedenheit und Kreativität steigt und langfristig verbessert sich die Gesundheit.
Wie ist das in anderen Kulturen?
Es gibt viele Kulturen, wo der Powernap ein fester Bestandteil des alltäglichen Lebens und integral verankert in den Ritualen der Menschen ist. Hier muss man zwei Kulturen unterscheiden – die Siesta- und die Inemuri-Kultur. Siesta-Kulturen findet man eher in der Nähe des Äquators, wo es die Mittagshitze als Außenfaktor bedingt hat, dass Mittags eher ein Schläfchen gemacht wird, als zu arbeiten. Inemuri heißt übersetzt Kurzschlaf und ist u.a. in Japan zu finden, wo das Recht auf einem Kurzschlaf am Arbeitsplatz sogar in der Verfassung niedergeschrieben ist. Hier ist es ein Zeichen der eigenen harten Arbeit, wenn man auch mal ein Nickerchen macht. Dem Arbeiter wird unterstellt, dass er hart arbeitet und deswegen auch mal eine Pause braucht – um dann wieder mit Vollgas weiter zu arbeiten. Zu beobachten ist allerdings auch, dass die Auswirkungen der weltweiten Beschleunigungsgesellschaft einen Teil der Siesta-Kulturen haben verschwinden lassen. Moderne Klimaanlagen und weltweite Geschäfte lassen diesen scheinbar nicht mehr zu – mit allen daraus erwachsenden Nachteilen.
Wie macht man einen Powernap „richtig“?
Ein Powernap sollte nicht länger als ca. 20 Minuten sein. Wenn Menschen über ca. 35-40 Minuten schlafen, dann wird die erste Tiefschlafphase eingeleitet und man braucht sehr viel länger, um wieder fit zu werden. Ein guter Vergleich ist der Computer. Wenn man nur kurz in den Energiesparmodus geht, kann man relativ schnell weiter arbeiten. Fährt man den Computer allerdings komplett runter, so braucht man erheblich länger, bis man wieder arbeiten kann.
Zeitlich bieten sich zwei Zeiträume an – die auf der relativen Leistungsfähigkeit über den Tag basieren. So gibt es bei einem Nachtschlaf zwischen 23 und 7 Uhr zwei Leistungshochs: ein deutlich höheres am Vormittag und ein niedrigeres am Nachmittag. Der Powernap bietet sich perfekt um die Mittagszeit zwischen 13 und 15 Uhr an. Zusätzlich macht die Zeit zwischen 18 und 20 Uhr Sinn – auch und vielleicht gerade zum Start in den Feierabend. Der Grad an Zufriedenheit, die Zeit nach der Arbeit voller Kraft und Energie nutzen zu können, ist bemerkenswert. Außerdem hilft ein kleines Nickerchen nach der Arbeit dem „Umschalten“ vom geschäftlichen in den privaten Modus – und damit auch der Burn-out Prävention.
Sie haben dazu das Produkt „BusinessNap“ entwickelt – was ist das genau?
In gewisser Weise war das ein Eigennutz. Ich habe im Rahmen meiner Selbstständigkeit eine ganze Zeit lang sehr intensiv und viel gearbeitet. Da ich seit der Schulzeit begeisterter Powernapper bin und trotz einer beachtlichen Übung es mir manchmal nicht gelungen ist, auf Knopfdruck mittags abzuschalten, lag die Entwicklung eines Powernapping-Moduls nach meinen Vorstellungen und Wünschen nahe. In seiner Einzigartigkeit ist BusinessNap in neun verschiedenen MP3-Modulen erhältlich. Für die Produktion habe ich mit einem Experten für Tiefenentspannung und einem Spezialisten für funktionale Musik zusammengearbeitet. Das Resultat dieser Arbeit ist seit 2008 auf dem Markt und wird online über www.businessnap.de vertrieben.
Gibt es berühmte Vorbilder?
Wenn Sie einen Powernap machen, sind sie in guter Gesellschaft. Viele berühmte Denker, Erfinder und Höchstleister der Geschichte waren und sind begeisterte Powernapper – und sie haben ihre Leistungsfähigkeit auf diese kurzen kraftspendenden Nickerchen zurückgeführt. So unter anderem Albert Einstein, Leonardo da Vinci, Konrad Adenauer, Winston Churchill, Johann Wolfgang von Goethe, Isaak Newton, Konrad Adenauer, Margret Thatcher und viele andere.
Für alle, die das einmal ausprobieren wollen, gibt es hier weitere Informationen und ein kostenloses MP3 Modul mit einem geführten Powernap.
Anmerkung: das gesamte Interview wurde mir von Sebastian Mauritz zur Verfügung gestellt – herzlichen Dank dafür!
Photo (oben): kahvikisu