Teile diesen Beitrag "Erfolgreich gründen – Interview mit Marcel Kaffenberger"
Marcel Kaffenberger ist seit 15 Jahren in den Bereichen Marketing, Internet und Medien tätig – zunächst als Director Marketing und Public Relations / Prokurist in einem börsennotierten Medienunternehmen, dann selbständig als Unternehmer mit einigen Internetplattformen und als Berater / Coach. Was man braucht, um mit einem eigenen Online-Business erfolgreich sein zu können, verrät er im myMONK-Interview.
Gibt es Arten von Web-Projekten, für die man kein oder kaum Startkapital benötigt, und die dennoch erfolgreich werden können?
Grundsätzlich gibt es immer noch viele Web-Projekte, für die man aufgrund niedriger Markteintrittsbarrieren nur geringes Startkapital benötigt. Es gibt zahlreiche und gute Software, mit der man sich modular ein professionelles Web-Business aufbauen kann. Jedoch sind Zusatzinvestitionen erforderlich, wenn es um Innovation, Marketing, ggf. Internationalisierung und um Abgrenzung und Behauptung gegenüber dem Wettbewerb geht. Fazit: wirklich gute Ideen oder solide Geschäftsmodelle können gut und häufig mit relativ wenig Kapital gestartet werden; aber man sollte sich nicht von den geringen Anfangsinvestitionen blenden lassen; denn mit zunehmender Entwicklung bedarf auch das Internetbusiness einer soliden Kapitalbasis.
Wann ist es besser, das Business neben dem Hauptberuf aufzubauen, und wann sollte man sich lieber gleich in Vollzeit in das Abenteuer stürzen?
Das hängt sicher immer vom Einzelfall ab. Meine eigene Erfahrung lautet: alle Vorbereitungen, die im Vorfeld getroffen werden können, sollte man auch vorher tun. Insbesondere sollten Konzeption, Business- und Finanzplan, Wettbewerbsanalyse erarbeitet sowie alle zeitraubenden Formalitäten erledigt werden. Einen Parallel-Start kann ich durchaus empfehlen, jedoch muss dieser unbedingt im Einklang mit dem Arbeitsvertrag stehen. Erfahrungen zeigen, dass man zu Beginn in der Umsetzung eine gewisse zeitliche Flexibilität und Mut zur Lücke haben muss, bis die Einnahmen entsprechend so sind, dass man den Absprung wagen kann. Und häufig haben solche Gründer-Firmen auch einen gewissen Charme und Charakter, der mangelnden Perfektionismus bis zu einem gewissen Grad ausgleichen kann.
Kann man im Vorfeld herausfinden, ob die eigene Idee eine Chance hat?
Diese Frage hat in meiner Arbeit als Gründercoach eine zentrale Bedeutung. Ganz wichtig und leider immer noch unterschätzt ist die Wettbewerbsanalyse. Nicht wenige Gründer machen diese nur halbherzig, oft aus Angst, auf dem Markt ein ähnliches Produkt zu finden und dann wieder von vorne anfangen zu müssen.
Neben der Wettbewerbsanalyse ist die Bedarfsanalyse ganz wichtig: spricht mein Produkt ein Grundbedürfnis an, oder löse ich damit ggf. sogar ein Problem? So simpel es klingt: hier sind Umfragen in der Familie und im Freundeskreis hilfreich. Aber Vorsicht vor zu viel Skepsis, insbesondere Leute, die es „gut mit einem meinen“, sind häufig die größten Bedenkenträger. Wenn das Konzept steht, Wettbewerbs- und Bedarfsanalyse erfolgt sind, der Freundes- und Verwandtschaftskreis positiv reagiert hat und eine erste Kapitalbedarfsanalyse erstellt wurde, dann sollten an dieser Stelle schon Gespräche mit Marktexperten, Business Angels oder Gründercoaches erfolgen.
Was macht einen guten Marken- und Website-Namen aus?
In puncto Suchmaschinenoptimierung (SEO) sind alle Namen gut, welche die Haupt-Keywords des Angebots und der Optimierung beinhalten. Zusätzlich sollte die Domain in den wichtigsten Endungen (.de, .com etc.) noch frei sein und keine allzu große Verwechslungsgefahr mit ähnlichen Domains bestehen (es sei denn, ein Me-Too-Produkt ist die Grundlage der Geschäftsidee…). Häufig trägt der Domainname zum Ranking der Webseite bei. Z.B eine Website für Hüte wäre aus SEO-Gesichtspunkten mit HutWelt.de besser bedient als mit einem Fantasienamen. Aus Marken- und Marketingsicht ist das nicht ganz so der Fall. Hierbei geht es häufig mehr um Einprägsamkeit, Individualität, Kreativität und Diversifikationspotenzial.
Ein langer Atem zählt auch online zu den wichtigsten Dingen, die man als Gründer mitbringen muss. Wie lang sollte der Atem denn sein?
Ungefähr doppelt so lang wie man vorher denkt… Pauschal lässt sich das natürlich nicht sagen. Es gibt immer die großen, erfolgreichen Beispiele, die schnell super erfolgreich werden. Aber schaut man sich die kleinen und großen Gründergeschichten im Detail an, so ist bei fast allen die Vorbereitungs- und Aufbauzeit viel länger als gedacht. Wie lang der Atem sein sollte, hängt von der Kapitalausstattung, Positionierung und den Zukunftsaussichten innerhalb des Marktes ab. Förderprogramme können hier helfen.
Wie kann man ein Online-Business aufbauen, das beständig und unabhängig ist – zum Beispiel von Google-Rankings?
Die Unabhängigkeit von der Willkür einer einzelnen Suchmaschine hat eine wesentliche Bedeutung. Als Anfang 2011 in Deutschland und weltweit eine Modifikation des Google-Suchalgorithmus (Projektname „Google Panda“) eingeführt wurde, waren viele Google-abhängigen Geschäftsmodelle im Hinblick auf Umsatz und Arbeitsplätze stark betroffen, einige kleinere oder jüngere Anbieter verschwanden ganz von der Marktfläche. Google kündigte bereits an, in wenigen Jahren mit der semantischen Suche noch einmal die Suchmechanismen und damit auch die Optimierungsanforderungen zu verändern. Ein guter Online-Shop zum Beispiel, der mit eigenständigen Inhalten und guten Produkten eine Marktnische besetzt und abseits von Google auch einiges für die Vermarktung und PR macht, muss sich da keine Sorgen machen. Die zentrale Bedeutung von Google wird zunehmend durch Social Networks wie z.B. Facebook geschwächt bzw. abgelöst.
Was sind die größten Fehler derer, die mit ihrem Web-Projekt scheitern?
Ein zu geringer Atem, geringe oder fehlende Liquidität, schwindender Mut, Konflikte innerhalb der Gründerteams, Managementfehler, z.B. den Wettbewerb und vor allem die Zielgruppe und deren Bedürfnisse nicht genügend im Blick haben… Ein für mich ganz entscheidendender Fehler ist eine ständige Vergrößerung der Angebotspalette und zwar immer dann, wenn neue Wettbewerber im gleichen Marktumfeld erscheinen. Dieser Fehler hat zwei negative Folgen zur Konsequenz:
- Das eigene Angebot wird verwässert, grenzt sich weniger ab, und die Kernkompetenz schwindet.
- Man passt sich so fast unbemerkt und nie gewollt dem Wettbewerb an. Vielfalt per se ist selten ein gutes Geschäftsmodell, es sei denn, Pluralität ist Kern der eigenen Leistung (z.B. neuer Online-Shop für Lebensmittel o.ä.).
Zur Vermeidung dieser Gefahren arbeite ich in meinem Gründercoaching mit einem speziell entwickelten System.
Welche drei Einstellungen gehören zu den wichtigsten, um Erfolg im Internet zu haben?
Leidenschaft, Mut, Humor.
Welchen Faktor spielt Stress oder sogar Burnout in Bezug auf Erfolg oder Misserfolg von Jungunternehmen?
Leider einen immer entscheidenderen. Ein immer größerer Anteil von Gründern leidet massiv an den negativen Folgen von (Dauer-)Stress bis hin zum Burnout und erkennt auf einmal nicht mehr den Grund, warum man eigentlich selbständiger Unternehmer sein wollte. Häufig ist eine längere Aus- und Ruhezeit erforderlich.
Jedoch kann man präventiv durch richtige Arbeitsstrukturen, mentale Einstellung und vor allem Selbst-Achtsamkeit vieles verhindern. In Bezug auf Stress weiß ich, wovon ich spreche, ich arbeite seit über 15 Jahren in stresserprobten Positionen in den Bereichen Medien, Marketing und Internet. Nicht umsonst sind Stressmanagement und Burnout-Prävention einer meiner großen Arbeitsschwerpunkte.
Was genau macht ein Gründer-Coach – und wie findet man einen guten?
Ein Gründercoach begleitet Start-ups in der Konzeptions- und Markteintrittsphase. Hier möchte ich darauf hinweisen, dass z.B. die KfW Mittelstandsbank bis zu 5 Jahren nach der Gründung die Honorare der Gründercoaches subventioniert. Die Arbeit eines Gründercoaches orientiert sich strikt an seinen eigenen Kernkompetenzen, z.B. Marketing, Finanzierung, Business Development, Innovation, Existenzfestigung, Personal etc.
Wo findet man einen guten Gründer-Coach? Vorrangig über die KfW Beraterbörse (http://www.kfw-beraterboerse.de). Bei ca. 15.000 eingetragenen Beratern empfehle ich zunächst eine Selektion nach dem Standort, da der persönliche Kontakt vor Ort von Vorteil ist. Um danach die Spreu vom Weizen zu trennen, rate ich, die jeweiligen Qualifikationen, Erfahrungen und Websites kritisch zu betrachten.
Wo können die Leser mehr über Sie und Ihre Angebote erfahren?
Zum Beispiel auf meiner Website http://www.kaffenberger-coaching.com.
Herzlichen Dank!