Teile diesen Beitrag "„Ich wollte der Sache mehr auf den Grund gehen“ – Interview mit Beate Pastowski"
Beate Pastowski ist Yogalehrerin und Leiterin des Yoga-Zentrum Duisburg. Ihre Arbeit ist auch gekennzeichnet von den Veden und Mantras, die sie gemeinsam mit der Meditation nutzt, um Menschen wirksamer zu sich selbst und durch Veränderungen zu führen.
Wie geht es Ihnen in diesem Moment?
Es geht mir sehr gut. Danke.
Wann und warum haben Sie sich entschieden, Yoga-Lehrerin zu werden?
Das war irgendwann im Jahr 1997. Damals habe ich mich für die erste Yoga-Ausbildung entschieden, die ich im Jahr 1998 begonnen habe. Ich hatte selbst schon ein paar Jahre Yoga praktiziert und wollte die Erfahrungen vertiefen, war neugierig auf mehr geworden, weil es mich fasziniert hat, was sich im eigenen Leben durch Yoga alles zum Positiven verändert hatte. Ich wollte der Sache mehr auf den Grund gehen.
Im Yoga Zentrum Duisburg werden auch Einzelkurse in Yoga angeboten. Wann macht eine solche Sitzung deutlich mehr Sinn, als das Üben in einer Gruppe?
Viele Menschen kommen in den Einzelunterricht, weil sie aus zeitlichen Gründen nicht am Gruppenunterricht teilnehmen können. Dann gibt es Menschen, die erkrankt sind und sich eine ganz individuelle Betreuung wünschen. Sie brauchen ein eigenes Programm, nach dem sie zu Hause üben können. Solch ein Programm, eine eigene Praxis, ist dann speziell auf eine Erkrankung zugeschnitten.
Es kann durchaus sein, dass Menschen auch an einem bestimmten Punkt in ihrem Leben sind, wo eine Veränderung ansteht. Auch, und gerade dann macht eine eigene Praxis viel Sinn. Es werden dann Übungen ausgewählt, die den/die TeilnehmerIn unterstützen und stärken. Dies können spezielle Körperübungen sein, aber auch Atem- und Meditationsübungen. Das persönliche Gespräch spielt dabei eine große Rolle. Insgesamt kann man dann besser im Einzelunterricht arbeiten, als in der Gruppe.
Beim Yoga und bei einer Meditation können alte, lange unterdrückte Gefühle an die Oberfläche drängen. Was tun Sie mit Kursteilnehmern, die plötzlich sehr ergriffen oder ängstlich sind? Und was können jene tun, die beim Praktizieren zu Hause von solchen Emotionen überkommen werden?
Meditation ist die Königsdisziplin im Yoga. Sie bedarf einer eingehenden Vorbereitung und setzt bereits eine gewisse Erfahrung im Yoga voraus. Sie bedarf weiterhin der Einweisung eines Lehrers, einer Lehrerin.
Bevor wir im Yoga Zentrum Duisburg im Unterricht meditieren, haben wir in einer Yoga-Stunde bereits āsana und prānāyāma geübt, oder wir haben zusammen rezitiert. Das bereitet den Geist auf die Meditation vor. Darüber hinaus arbeite ich nur in kleinen Gruppen von 6-8 Personen und kann die Menschen in meinen Gruppen einschätzen, kenne sie. Wenn etwas belastenden besteht, weiß ich es entweder, oder wünsche vor dem Kurs darüber unterrichtet zu werden.
Ist jemand mental nicht stabil, übt er keine Meditation, sondern erst einmal āsana und wenn überhaupt nur ein spezielles prānāyāma. Möglicherweise kann dieser Mensch dann auch gar nicht am Gruppenunterricht teilnehmen, und er übt mit mir zusammen im Einzelunterricht, so dass ich den Fortschritt genau beobachten kann.
Ich habe noch nie erlebt, dass jemand ängstlich wurde. Wenn jedoch ein Thema an die Oberfläche gelangt, dann weil es soweit ist und gesehen, behandelt werden möchte. Werden dabei Emotionen freigesetzt, wird das meist als befreiend erlebt und es ist völlig in Ordnung. Wenn es gewünscht ist, stehe ich jederzeit für ein Gespräch zur Verfügung.
Was sind vedische Texte- und was bringt es, sie zu rezitieren?
Die vedischen Texte sind umfassende Abhandlungen, die sowohl die materiellen als auch die spirituellen Aspekte des menschlichen Lebens umfassen. Die Veden sind seit Jahrtausenden die primäre Informationsquelle der Menschen in Indien.
Die vedischen Texte behandeln alles, was es unter der Sonne gibt, jedoch geht es um Dinge, die sich der normalen Wahrnehmung entziehen. Eine Definition könnte lauten: Das, was nicht verstanden werden kann durch normale Wahrnehmung oder Schlussfolgerung, das ist Veda.
Die vedischen Texte sind Sammlungen von Mantren, die ursprünglich ausschließlich durch die mündliche Übertragung weitergegeben wurden. Die Übertragung vom Lehrer auf den Schüler. Die Tradition, die großen Lehren des Veda mündlich weiterzugeben, durch die Kunst es Mantra-Singens wird, „Veda-Adhyayanam“ genannt, und sie wird im Yoga Zentrum Duisburg weitergeführt.
Die Rezitation von Mantren hat verschiedene Wirkungsweisen. Zum einen dient es der Konzentration (auch lange Texte werden bei fortschreitender Übung ausschließlich auswendig rezitiert). Es sind kraftvolle Klänge, die Schwingungen in uns auslösen. Dies wiederum kann unsere Psyche positiv unterstützen und so zu mehr Gesundheit auf emotionaler, geistiger und körperlicher Ebene führen. Meine Lehrerinnen haben von Fällen in Indien berichtet, wo mit Erfolg konkret die Rezitation von Mantren z.B. bei Schlaganfallpatienten angewendet wird, oder bei Kindern mit Down-Syndrom.
Die Bedeutung des Begriffes „Mantra“ kann auch übersetzt werden mit: „das, was dich schützt“ und in Indien, aber mittlerweile auch im Westen, werden Mantras zu vielen Zwecken rezitiert. Um für etwas zu bitten, um anzuregen, oder zu beruhigen, um den Geist zu festigen und vor allem auch auch, weil es so viel Freude macht und uns unserer wahren Natur so viel näher bringt.
Der Prozess der Übermittlung geschieht in mehreren Schritten, noch immer auf die uralte Weise:
die SchülerInnen hören, absorbieren, wiederholen und reflektieren, praktizieren, verweilen in der Erfahrung, und teilen – lehren selbst.
Durch die strengen Regeln der vedischen Rezitation, sowie der Betonung auf Präzision und absoluter Konzentration während der Weitergabe, werden die Vedas heute noch genau so gehört und rezitiert, wie vor tausenden von Jahren.
Können Sie eine einfache Rezitations-Übung für daheim empfehlen?
Eine einfache Rezitationsübung für zu Hause könnte die folgende Rezitation sein: “ Om – namo prānāyā“.
Mit diesem Mantra verneigen wir uns vor dem Atem, genauer – vor der Lebensenergie, die in uns fließt, die wir über den Atem aufnehmen. Wir bringen ihr unsere Ehrerbietung dar.
In der Yoga-Praxis der Rezitation können wir mit Hilfe der Mantren um etwas Bitten, aber wir geben auch immer etwas zurück.
Welche drei Bücher zählen für Sie zu den wichtigsten, die Sie je gelesen haben? Was haben Sie aus den Büchern gelernt?
Die Autobiographie eines Yogi, von Paramahansa Yogananda ist das Buch, was mich am meisten berührt und gleichzeitig inspiriert hat. Es hat meinen persönlichen Yogaweg wohl am stärksten beeinflusst.
Es hat mir vor Augen geführt, dass egal aus welcher Tradition oder Kultur wir kommen, gleichgültig welchen Weg wir gehen und ungeachtet in welcher Lebenssituation wir Rat und Unterstützung brauchen, es immer nur um Liebe und Mitgefühl geht. Yoga ist und bleibt ein Werkzeug, ein starkes Werkzeug, aber nur ein Werkzeug, was uns zu dieser Liebe zurückführen soll, die unser Wesenskern ist.
Dann ist da wohl auf jeden Fall das Yoga-Sūtra des Pataῆjali zu nennen, in der Übertragung und mit Kommentar von T. K. V. Desikachar. Es gibt keine bessere, klarere und präzisere Art und Weise Yoga zu definieren und den Yoga-Weg mit all seinen Hindernissen, und Herausforderungen und Möglichkeiten darzustellen. Man kann darin ein Leben lang und wohl darüber hinaus lesen und lernen.
Als letztes möchte ich noch ein Taschenbuch erwähnen, was mich mit seinen Zitaten bald jeden Tag begleitet. Es sind Meisterworte zeitloser Weisheit von Jiddu Krishnamurti, der im 20. Jahrhundert und auch jetzt noch als sehr großer spiritueller Lehrer verehrt wird.
Begriffe und Themen wie Freiheit und Glück, aber auch Meditation und Guru, werden neu definiert auf eine unwiderstehliche, klare, direkte – ja revolutionäre Art und Weise, wie sie nur diesem großen Lehrer zu Eigen waren, erläutert. Der Lehrer, der nie ein Lehrer sein wollte.
Herzlichen Dank für das Interview!
Photo: P FM