Schimpansen leben in komplexen Gesellschaften. Die maximale Gruppengröße beträgt jedoch 50 Affen. Warum? Weil sie sonst keinen Überblick mehr hätten. Sie müssen alle Mitglieder beobachten können, mit eigenen Augen. Weil ihnen die Sprache fehlt. Weil sie nicht tratschen und lästern können.
Gossip erlaubt es uns, andere Menschen auch aus zweiter, dritter, vierter Hand einschätzen zu können, zumindest ein bisschen. Heute ist das für unser Überleben natürlich viel weniger wichtig als zur Höhlenzeiten. Trotzdem macht Tratsch noch 60 bis 80 Prozent unserer Kommunikation aus.
Statt über die Gefährlichkeit einer Person reden wir heute eben über die gefährlich hässlichen fleischfarbenen Leggings („Siehst Du die dicke Alte da drüben mit der asymmetrischen Frisur?“). Über den nervigen Nachbarn, der sein Haus – ha, ha – aus Versehen auf Sicker-sicker-Sumpfland gebaut hat. Über die schleimige Kollegin, der nach dem „Meeting“ mit dem Chef noch irgendwas am Mund klebt (vielleicht ja Schleim?).
Wir lieben es. Können uns dabei ein bisschen überlegen fühlen. Aber leider nur sehr kurz. Langfristig geht das nach hinten los. Schädigt unseren Ruf. Füllt uns mit negativer Energie. Und untergräbt unser echtes Selbstwertgefühl … wir zeigen uns damit ja selbst, dass wir das Lästern anscheinend nötig haben.
Könnte also eine gute Idee sein, uns diesen Schuh nicht mehr anzuziehen.
Nur: Was tun, wenn unser Gesprächspartner mal wieder lästert und uns mit reinziehen will?
Psychologen empfehlen einen Satz, der Gossip sofort beendet.
Genauer: eine Frage und sie lautet:
Warum erzählst Du mir das?
Erstens zeigen wir dem anderen damit, dass wir da nicht mit hereingezogen werden wollen. Zweitens nimmt sie den Wind aus den Segeln, egal, wie sehr der Lästernde schon in Fahrt gekommen ist. Weil es fast nie einen guten Grund, eine gute Antwort auf die Frage gibt.
Sollte das noch nicht ganz ausreichen, können wir einfach sagen: „Das solltest Du mit ihm direkt besprechen“ oder „Ich möchte damit nichts zu tun haben“.
Lästern ist menschlich. Aber das heißt nicht, dass wir hier und da nicht etwas achtsamer sprechen können.
Denken wir an die Worte von Heinrich Nordhoff: „Man wird nicht dadurch besser, dass man andere schlecht macht.“
Mehr unter Wie man aufhören kann, die Dinge zu persönlich zu nehmen (in 30 Sekunden) und unter Achtsam sprechen oder einfach mal die Schnauze halten.
Photo: Gossip von Shutterstock
Das Ego. Dieses Ich in mir, das immer was Eingebildetes findet, was mich etwas erhabener fühlen lässt. Nur nicht annehmen was ist. Bei mir selbst sein und fühlen ist manchmal nicht ganz angenehm.
Aus meinem Bewusstsein heraus, ist das Lästern eine Kommunikationsebene, die es dem Lästernden ermöglicht, wenn auch auf eine unschöne Art und Weise, sich selbst Gehör zu verschaffen und somit auf sich selbst aufmerksam machen zu wollen.
Dieses ganze Spielchen des ab und aufwerten, passiert allerdings unbewusst.
Mal wieder sehr treffend geschrieben. Den Satz werde ich mir merken und vorallem wenn ich selbst anfange, kurz inne halten und laut fragen: warum erzähle ich Dir das? 🙂
Lästern soll wohl etwas mit unserem Gehirn machen. Hab ich gehört. Klingt stimmig. Neruoplastisch verändertes Lästergehirn. Ich wette es kann sich viel mehr Müll merken als andere. 🙂
Ich denke auch, dass viele Menschen sich gar nicht bewusst darüber sind, welche gemeinen Dinge sie immer von sich geben. Und ich glaube, dass es bei einigen lästernden Menschen auch so ist, dass sie froh sind, mal ein STOPPschild vor die Nase gehalten zu bekommen. Natürlich wohlwollend. Zum Beispiel mit der oben genannten Frage.
Liebe Grüße aus Flensburg!
Sehe ich ebenso wie Marten. Manche Mitmenschen machen das aus reiner Gewohnheit und merken nicht, wie negativ ihre Äußerungen über andere sind. Lästern betrachte ich auch immer als Ausweichmanöver Diskrepanzen nicht mit der betreffenden Person besprechen zu müssen. Es könnte ja unangenehm werden. Dann doch lieber Unbeteiligte mit meiner Meinung behelligen… ungefragt natürlich. Die Chancen stehen da besser Zustimmung zu ergattern und sich selbst aufzuwerten. Lästerer haben auch immer ein Problem(chen) mit sich selbst.
Tim, super Artikel! Die Abwehrsätze werde ich mir zukünftig hinter die Ohren schreiben, in Spiegelschrift:-) Mich stört das Verhalten enorm, an mir selbst und an anderen. Es kommt nichts gutes dabei heraus, außer Ärger. Vor allem wiederholt man negative Gedanken und Emotionen und die schleifen sich dann ein. Ich bilde mir dadurch eine Meinung von einer Person, die mit der Realität nicht im Entferntesten etwas zu tun hat. Dann doch lieber eigene Erfahrungen machen und die eventuell vorgefasste Meinung immer wieder kritisch überprüfen.
Gruß
Thomas
Man wird definitiv nicht dadurch besser, dass man andere schlecht macht. ABER: in meinem Job mit vielen Mädels wird viel gelästert. Wenn ich da antworten würde „Warum erzählst du mir das“ wäre ich nur noch Läster-Opfer und fortan alleine. Ich finde diese Antwort daher realitätsfern. Die Situation verlassen reicht da schon meist!
Ich finde diesen Satz-Tipp echt einleuchtend!
Ich bin gespannt, ob ich ihn irgendwann verwenden werde.
Ich gebe zu, dass Lästern über bestimmte Verhaltensweisen Spaß machen kann.
Oft muss es jedoch nicht sein..
Kompliment zu diesem Blog!
[…] Probiert und läuft. ,-) “Mit diesem Satz stoppst Du Lästern sofort.” […]
Es lästern nur Menschen, die es gerade (unbewusst) nötig haben, sich aufzubauen und zu stärken. Durchs Lästern stellen sie sich über die anderen, machen sich selbst auf diese Art größer. Menschen mit einem guten Selbstwertgefühl haben das nicht nötig. Aber wir alles tun es doch immer wieder dann, wenn wir uns ohne Macht fühlen. Z.B. wenn wir über die Politik lästern. „Wie kann man denn nur solche Entscheidungen treffen?“ „Sehen die denn nicht, dass …?“ „So ein Kindergarten da in Berlin!“ … Wir haben das Gefühl, keinen Einfluss nehmen zu können udn machen die deshalb runter. Völlig normal udn natürlich. Und abstellen, kann ich das nur, wenn mir der Zusammenhang bewusst wird und ich dann dafür sorge, dass ich ein gutes Selbstwertgefühl habe. Dann können die anderen mich nämlich mal kreuzweise und sind mir völlig egal.
leider ist es so, das wenn man nicht mitlästert, man bald zum Aussenseiter wird und über einem gelästert wird.
Ich frage die lästernde Person einfach ganz direkt „ist dein Leben echt so scheisse, dass du schlecht über andere reden musst, um dich selber besser fühlen zu können?“ Die Gesichter danach sind unbezahlbar. Manchmal spiegeln sie sogar einen Hauch von Erkenntnis.
Du triffst es auch dem Punkt genau. Aber viele Lästerer haben nicht den Arsch in der Hose der jeweiligen Person es ins Gesicht zu sagen.
Das sind genau die Reaktionen auf s Lästern die den der zugequatscht wird, sehr sehr unsympathisch wirken lassen und arrogant. Denn wenn man gezielt auf jemanden zugeht und zu Lästern anfängt, dann ja weil derjenige zuerst damit angefangen hat und man dadurch eine Freundschaft auf der Basis des Zusammengehörigkeits-Gefühls aufbauen will. Wenn einer lästert und das ohne Anlass oder Aufforderung von Außen und man selbst noch nie mit dieser Person gelästert hat, dann kann man sich rausscheren. Aber wenn man einmal ein KlatschMaul ist, ist s rum. Dann muss man mit dem Ruf leben, da gibt’s kein zurück. Nur Umziehen in ne andere Stadt und Jobwechsel. Zumindest wenn man Wert darauf legt, von seiner Umwelt noch für voll genommen zu werden. Jemand der plötzlich seine Charakterzüge ändern will, kann keiner Ernst nehmen. Es sei denn es handelt sich um eine Sucht wie Rauchen, Alkohol, Drogen oder Spielen.
Grüße