Teile diesen Beitrag "In Verbindung bleiben: Wir müssen verstorbene geliebte Menschen nicht „loslassen“"
Es folgt ein Gastbeitrag von Silke Szymura.
Ein geliebter Mensch ist gestorben. Vielleicht ganz plötzlich, vielleicht auch nach langer Krankheit. Egal wie er gestorben ist, es zerreißt uns das Herz, eine große Lücke entsteht in unserem Leben und in uns. Mit dem Tod des geliebten Menschen beginnt für uns der oft lange und schwierige Weg der Trauer.
Doch wo führt dieser Weg eigentlich hin? Durch vier, fünf oder sieben Phasen hin zum Abschließen, Loslassen und schließlich Weiterleben, so wie es uns verschiedene psychologische Modelle vorschreiben? Muss ich den Verstorbenen etwa vergessen, abhaken, hinter mir lassen, um wieder neues Glück im Leben finden zu können? Behindere ich ihn vielleicht sogar auf seinem weiteren Weg durch die Sphären des Jenseits, wenn ich ihn nicht bald endlich ordentlich loslasse?
All diese Fragen habe ich mir selbst gestellt, als 2013 ganz plötzlich und unerwartet mein Freund und Lebenspartner während unseres gemeinsamen Aufenthalts in Nepal umkippte und starb. Gerade einmal 29 Jahre wurde er alt. Nun stand ich da mit meiner Liebe zu ihm und wusste nicht wohin damit. Plötzlich war dort Leere, wo eben noch ein Mensch war. Ich hatte große Angst, ihn zu vergessen. Ich wollte ihn nicht aus meinen Gedanken streichen und so tun als hätte es ihn nie gegeben. Ich wollte ihn auf keinen Fall noch ein weiteres Mal verlieren. Ich spürte intuitiv, dass ich ihn nicht komplett loslassen musste, dass er auf eine Art immer noch da war und dass vor allem meine Liebe zu ihm bleiben und weiter wachsen durfte. Zugleich hatte ich auch Angst, verrückt zu werden und vielleicht falsch zu liegen. Ich wollte so gerne einen Weg für mich finden, um mit diesem schweren Verlust umzugehen, aber alles in mir wehrte sich gegen die üblichen Ratschläge im Sinne von “Du bist noch jung, du musst jetzt nach vorne schauen!” Nach vorne schauen, wie sollte das überhaupt gehen? Und vor allem: Julian sollte mitkommen dürfen.
Die Idee des Loslassens – Ein rein theoretischer Ansatz
Wo kommt sie eigentlich her, diese Idee des Loslassens im Sinne eines Beendens der Beziehung zum Verstorbenen? Wie so vieles in der Psychologie wurde sie zunächst von Freud Anfang des 20. Jahrhunderts formuliert:
“Die Trauer hat eine ganz bestimmte psychische Aufgabe zu erledigen, sie soll die Erinnerungen und Erwartungen der Überlebenden von den Toten ablösen.” (Freud, „Totem und Tabu“, 1913)
Freud beschreibt in seinen Schriften, dass die Trauer dazu da sei, die emotionale Energie, also die Liebe, vom Verstorbenen abzuziehen. Erst wenn das geschehen sei,
könne sie wieder in neue Beziehungen und ein neues Leben investiert werden. Diese Grundidee, dass am Ende der Trauer ein Abschluss stehen muss, ein Loslassen und schließlich eine Neuorientierung, prägte im Verlauf des letzten Jahrhunderts die Sicht der Psychologie auf die Trauer. Basierend auf den vermeintlich gut fundierten Überlegungen eines einzelnen, berühmten Psychologen.
Das Verrückte daran: Freud selbst machte wenige Jahre nach diesen theoretischen Überlegungen eine ganz praktische Erfahrung mit der Trauer, die auf einmal ganz anders aussah. Neun Jahre nach dem Tod seiner Tochter schrieb er einem Freund:
“Gerade heute wäre meine verstorbene Tochter 36 Jahre alt geworden … Man weiß, dass die akute Trauer nach einem solchen Verlust ablaufen wird, aber man wird ungetröstet bleiben, nie einen Ersatz finden. Alles, was an die Stelle rückt, wenn es sie auch ganz ausfüllen sollte, bleibt doch etwas anderes. Und eigentlich ist es recht so. Es ist die einzige Art, die Liebe fortzusetzen, die man ja nicht aufgeben will.” (Fichtner, G. (Hrsg.), “Sigmund Freud – Ludwig Binswanger: Briefwechsel 1908 – 1939”, 1992)
So hatte auch Freud bereits erkannt, dass die Liebe bleibt, dass die Beziehung auf eine neue Art fortgesetzt werden kann und dies nicht bedeutet, dass etwas schief gelaufen ist in der Trauer oder man auf irgendeine Art steckenbleibt.
Phasenmodelle der Trauer – Warum ich sie unpassend finde
In der Psychologie fand zunächst lediglich Freuds theoretischer Ansatz Beachtung. So wurden basierend darauf verschiedene Phasenmodelle der Trauer – unter anderem von Verena Kast – entwickelt. Sicherlich haben auch diese ihre Berechtigung und können eine grundlegende Orientierung geben, für mich allerdings schienen sie von Anfang an eher unpassend. Bei einem schweren Verlust verläuft die Trauer nicht nach einem bestimmten Muster. Es ist nicht so, dass man eine Phase durchschreitet und wenn man am Ende angekommen ist, macht man einen dicken fetten Haken dran und begibt sich in die nächste Phase. Ich habe es so erlebt, dass die Trauer in Wellen kommt, weder einem Zeit- noch einem Ablaufplan folgt und gerade anfangs völlig unvorhersehbar ist. Gefühle und Gedanken, von denen ich dachte, dass ich sie längst hinter mir gelassen hätte, brachen völlig unvermittelt in einer scheinbar anderen Phase wieder über mich herein.
Am meisten stört und störte mich jedoch die Idee, am Ende des Trauerweges stünde irgendwie ein Abschluss im Sinne eines kompletten Abschieds vom Verstorbenen.
Trauer als Ausdruck der Liebe
Glücklicherweise wurde mir bereits zu Beginn meiner Trauer das Buch “Meine Trauer wird dich finden” von Roland Kachler empfohlen. Dieses Buch beschrieb genau das, was ich bereits selbst erlebte, und hat mich von da an durch meine Trauer begleitet.
Kachler schreibt darin von einem neuen Ansatz in der Trauerarbeit und Psychologie, der sich nicht an Phasenmodellen orientiert und auch nicht das Beenden der Beziehung zum Verstorbenen im Fokus hat. Im Gegenteil geht es in seinem Ansatz darum, diese Beziehung zu bewahren. Nach seinem Verständnis ist die Trauer genau dazu da, diese innere Beziehung zu wandeln. Sie ist Ausdruck der Liebe, die wir für den Verstorbenen empfinden.
Ein zentraler Punkt in Kachlers Theorie, die auf der hypnosystemischen Therapie nach Gunther Schmidt sowie dem Ansatz der sogenannten “Continuing bonds” von Dennis Klass und seiner Arbeitsgruppe aus den USA basiert, ist die Suche nach einem sicheren Ort für den Verstorbenen. Wenn wir unseren geliebten Menschen sicher an diesem Ort wissen und uns der Verbindung und Beziehung zu ihm sicher sein können, können wir daraus viel Kraft für unser eigenes Weiterleben schöpfen. Dabei geht es nicht zwingend um einen religiösen Ort. Kachlers Ansatz ist neutral und unabhängig davon, was jeder Einzelne von uns glaubt, wie es nach dem Tod weitergeht.
Interessant ist, dass Kachler selbst Psychotherapeut ist und in seiner Praxis über viele Jahre Menschen nach den herkömmlichen Modellen der Trauer beraten hat. Gegen deren Widerstand hatte er ihnen immer wieder zum Abschließen und Loslassen geraten. Bis er seinen Sohn verlor. Plötzlich machte er – wie zuvor schon Freud – die Erfahrung selbst und stellte fest, dass er die Trauer ganz anders erlebte, als es die gängige Trauerliteratur vorschlug.
Finde deinen eigenen Weg mit der Trauer
Nach all der Theorie möchte ich dich gerne einladen, vor allem auf dich selbst zu hören. Vielleicht ist der Ansatz von Roland Kachler für dich genauso stimmig wie für mich, vielleicht gefallen dir die Phasenmodelle besser oder etwas ganz anderes. Trauer ist immer etwas sehr Individuelles und ich bin fest davon überzeugt, dass wir alle tief in uns drin selbst wissen, was wir brauchen. Die Trauer ist kein böser Feind, sondern vielmehr eine wichtige Fähigkeit unserer Seele, um mit Verlusten umzugehen. Bei kleinen Verlusten bemerken wir sie vielleicht kaum, weil sie so schnell vorüberzieht. Bei großen Verlusten zieht sie uns komplett den Boden unter den Füßen weg und scheint uns das Leben zur Hölle zu machen. Der Schmerz ist unerträglich, wir sind nicht mehr wir selbst und funktionieren nicht mehr so wie vorher. Aber ist all das nicht auch irgendwie angemessen angesichts dieses großen Verlusts?
Für mich war Julian, mein verstorbener Freund, einer der wichtigsten Begleiter auf meinem Weg durch die Trauer. Heute, nach dreieinhalb Jahren hat meine Liebe zu ihm eine ganz neue Qualität bekommen und ich bin dankbar, diese tiefe Verbindung zu ihm zu spüren. Mit dieser Verbindung, mit ihm in meinem Herzen, wage ich mich nun wieder hinaus in die Welt und in das Leben – mein Leben. Ich bin ein anderer Mensch als zuvor und vieles, was ich in den letzten Jahren erleben durfte, hat mich sehr bereichert. Gleichzeitig waren es aber auch die dunkelsten, schwersten und verlustreichsten Jahre meines bisherigen Lebens. Als kaum noch irgendetwas ging, ohne Arbeit,
zurückgeworfen auf mich selbst, bin ich mitten durch die Trauer und den Schmerz hindurch gegangen. Und auch wenn ich es zwischendurch nicht immer geglaubt habe, so bin ich doch am anderen Ende wieder herausgekommen. Heute lebe, fühle und erlebe ich viel intensiver. Ich habe Dankbarkeit gelernt und vielleicht erst jetzt richtig begriffen, was Liebe eigentlich ist. Ich wünsche auch dir von Herzen, dass du deinen ganz eigenen Weg durch die Trauer finden wirst.
Mehr unter Die 4 Phasen der Trauer und unter Wie man mit Trauernden sprechen kann (auch über Unaussprechliches).
Autor:
Silke Szymura kündigte nach dem Tod ihres Lebenspartners ihren Job in der IT-Branche, nahm sich eine Auszeit und arbeitet inzwischen als ausgebildete Trauerbegleiterin. Auf ihrem Blog “In lauter Trauer” schreibt sie über Themen rund um Trauer, Tod und Leben. Ihre persönliche Geschichte wird 2017 als Buch im MASOU-Verlag erscheinen.
Photo (oben): Hannah Nicole
Quellen: “Hypnosystemische Trauerbegleitung – Ein Leitfaden für die Praxis” (Roland Kachler, 2012) und “Meine Trauer wird dich finden – Ein neuer Ansatz in der Trauerarbeit” (Roland Kachler, 2012)
Man hüte sich vor so mancher Theorie aus der Psychologie! Liebe existiert weiter. Wir können sie gar nicht wirklich „loslassen“ in einem Sinne von Aus und Vorbei. Ist einmal eine Herz zu Herz Verbindung aufgebaut, können wir das Band nicht zurschneiden, auch nicht nach Streit, Zerwürfnis und Trennung. Wir können das nur zuschütten und anderes in den Fokus nehmen. Warum auch zerschneiden? Es kann doch bestehen bleiben. Es nimmt niemandem was weg.
Trauer ist natürlich heftige Arbeit. Sie hat aber eher damit zu tun, was wir wollten und erwarteten. Und damit, was wir glauben „loslassen“ zu sollen. Mit unserer Angst, unser Leben zu meistern, nun alleine gelassen Und mit dem Chaos, das immer erscheint vor neuen Abschnitten. Es ermöglicht uns aber Orientierung und Entwicklung.
Danke für deinen Kommentar, lieber Richard.
Ja, es gibt keinen Grund, das Band zu zerschneiden. Ich finde es schön, was du schreibst, dass eine einmal geknüpfte Verbindung von Herz zu Herz immer bestehen bleibt.
Trauer ist heftige Arbeit und Ausdruck der Liebe zugleich. Die Krise birgt immer eine Chance, es braucht jedoch eine Weile, um diese erkennen zu können.
Herzliche Grüße
Silke
Hallo Richard,
da stimme ich dir zu. Besonders der Hinweis auf Trennung hat mich angesprochen.
Danke Silke, dass du diese Geschichte mit uns teilst. Das finde ich sehr mutig und bewundernswert.
Ich habe mich von diesem Artikel angesprochen gefühlt, einerseits weil meine Eltern nicht jünger werden und ich Angst vor der Trauer in der Zukunft habe. Aber auch wegen meiner Trauer, nachdem meine Partnerin mich vor 1,5 Jahren verlassen hat. Ich möchte sie nicht loslassen. Wir haben keinen Kontakt mehr, aber ich trage die Liebe zu dieser Frau im Herzen. Im Grunde ist es so, dass ihre Liebe zu mir gestorben ist. Und auch das trage ich im Herzen. Und nach über einem Jahr habe ich es geschafft, mir ein neues und glückliches Leben aufzubauen, wofür ich sehr dankbar bin. Ich glaube jetzt stärker zu sein, als ich es vorher war. Aber muss ich deshalb meine Vergangenheit ausradieren? Muss ich aufhören sie zu lieben? Ich glaube nicht. Denn in meinem Herzen ist genug Platz für andere. Es kann wachsen bei Bedarf.
Und trotzdem gibt es Leute, die glauben, ich müsste dieses oder jenes tun. Selbst jetzt, wo es mir gut geht, wissen sie es noch besser. Es könnte mir schließlich noch besser gehen. Und vielleicht bin ich gar nicht glücklich und mach mir nur was vor. Tja, so ist das…
Mittlerweile glaube ich, Loslassen heißt nicht vergessen. Es heißt nicht, aufzuhören zu lieben. Es heißt akzeptieren und einen Weg zu finden, mit seiner Wut und Trauer umzugehen. Nach welchem Verlust auch immer.
Gruß Marina
Trauer bedeutet immer Verlust oder Befreiung.
Wenn versucht wird Liebe zu erklären dann existiert keine Liebe.
Wer von der Seele spricht, möge mir bitte einmal erklären, was die Seele überhaupt ist, ohne dabei gleich googlen zu müssen.
Könnte es nicht auch Verlust UND Befreiung sein? Wieso ist es ein „entweder oder“?
Richtig!!
korrigiere:
Verlust & oder Befreiung
Jedoch auch, nur Verlust oder nur Befreiung.
Hallo Silke!
Danke, dass du diese sehr persönliche Geschichte mit uns geteilt hast.
Ich denke auch, dass jeder so trauern sollte, wie er es für richtig hält. Man sollte sich nicht an irgendwelchen Theorien festklammern, sondern seinen eigenen Weg finden, mit Menschen sprechen, die Ähnliches erlebt haben, Bücher lesen und sich ganz viel Zeit nehmen, alles zu verarbeiten.
Liebe Grüße aus Flensburg
Marten
Lieber Marten,
danke dir für deinen Kommentar! Ja, Trauer ist immer individuell. Ich denke, Theorien. Bücher und die Erfahrungen anderer können helfen, überhaupt erstmal zu verstehen, was da passiert und dass man nicht „falsch“ ist mit dem, was man erlebt. Und dann findet jeder seinen eigenen Weg in seiner eigenen Zeit.
Liebe Grüße zurück
Silke
Liebe Silke,
gerade am heutige Tag wünsche ich Dir die Kraft weiter zu machen.
Ich weis aus bitterer eigener Erfahrung, dass für viele von uns die übliche Trauerverarbeitung einfach nicht passt und unendlich viel mehr Leid bedeutet. Ich sagte zu meinem Trauerbrater: „Das ist für mich, als müsste ich sie nochmal verlieren, erst aus dem Leben und jetzt aus dem Herzen!“
So machte ich mich auf ratlose Suche nach Alternativen. Ratlos, denn ich wusste ja gar nicht, wonach ich suche.
Ich fand glücklicherweise die Bücher von Roland Kachler und Silkes Blog „In lauter Trauer“, der sich gerade im Aufbau befand.
Ich spürte heute immer klarer, dass die Liebe zu meiner Partnerin die Quelle meiner Lebenskraft ist.
Mir hat Deine Seite „In Lauter Trauer“ unschätzbar geholfen. Und wenn ich Deinen Weg lese, will ich Dir sagen: Mir ist einiges erspart geblieben. Danke!
Lieber Ralf,
ich freue mich sehr über deinen Kommentar! Es freut mich wirklich, dass du meinen Blog gefunden hast und ich dich darüber ein Stück deines Weges begleiten darf. Danke dir vielmals für deine lieben Worte.
Herzliche Grüße
Silke
Danke!
Liebe Silke Szymura, danke für deinen monk Beitrag. Ich selbst habe 2012 meinen Bruder und meinen Vater kurz hintereinander verloren. Besonders schlimm empfand ich das Gefühl, mit meiner Trauer und dem Verlust nicht wahrgenommen zu werden. Im Job sollte ich 2 Tage später wieder voll funktionieren. Es wurde mir sogar unterstellt, ich hätte mir die Trauerfälle nur ausgedacht, um einen extra Tag frei zu bekommen. Trauerkarten und Beleidsbekundungen bekam nur meine Mutter. Mir (46) fehlten diese Rituale. Auch im Freundes- und Bekanntenkreis war mein Verlust keine Silbe wert. Wenn ich etwas sagte, kamen nur blöde Sprüche. Das war furchtbar. Toll, dass Du jetzt Trauerbegleitung machst! Ich hätte sie auch gerne gehabt, konnte aber in Hamburg nichts passendes finden. Bei einem Beratungsgespräch und in der Verwandtschaft wurden meine Ängste und auch mein körperlicher Zusammenbruch nicht ernst genommen. Mittlerweile bin ich wieder gefasst und bin einfach nur sauer, dass es in Deutschland in der jüngeren Generation keine Trauerkultur gibt. Alle Menschen sterben irgendwann. Und auch 20/30jährige verlieren enge Familienmitglieder und Freunde. Es kann nicht sein, dass jeder erst selbst einen Trauerfall erlebt haben muss, um (wie Freud) aufzuwachen und einfach nur ein wenig Mitmenschlichkeit zu zeigen.
Hallo Petra,
die gleiche Erfahrung musste ich auch machen. Als meine Nichte im Bauch meiner Schwester ( kurz vor der Geburt) verstarb und ich dieses kleine tote Mädchen im Arm meiner Schwester gesehen habe, ist eine Welt für mich zusammen gebrochen. Meine Schwester als Mama so sehen zu müssen, zerbrach mir das Herz. Meine Nichte sah genauso aus wie meine Schwester als Baby.
Auf Arbeit habe ich keine Tag gefehlt und mich einfach etwas zurückgezogen. Als das auffiel, haben „liebe“ Kollegen mich nicht mal gefragt was los ist, sondern sind gleich zum Chef gerannt um sich zu beschweren, dass ich nicht wie sonst in den Besprechungen die Führung übernommen und aktiv mitgearbeitet habe. Ich war eben nur „da“ beim Meeting. Ich durfte dann zum Rapport bei der Personalchefin und zum Chef. Der hat ganz doof geguckt als ich meinen Grund schilderte und war natürlich betreten. Im Nachhinein haben diese „lieben“ Kollegen auch keine Silbe verloren. Einfach weil keiner weiß wie man mit so etwas umgehen soll. Echt traurig. Keine Empathie! Ich erwarte kein Mitleid aber wenigstens Verständnis.
Ich hoffe dir geht es heute besser und du kannst über deine Angehörigen, die du verlieren musstest, heute sprechen und sie an deinem Leben „teilhaben“ lassen.
LG Sandra
Liebe Sandra,
ich kann gut verstehen, dass dich der Anblick deiner Schwester mit ihrem toten Baby umgehauen hat. Es tut mir sehr leid zu lesen, wie wenig Verständnis du dafür erhalten und welche Probleme du dann auch noch auf der Arbeit bekommen hast. Gab es denn Freunde, die für dich da waren? Ich wünsche dir von Herzen liebevolle Menschen an deine Seite.
Viele Grüße
Silke
Liebe :Petra,
ich erkenne mich in Deinem Kommentar auch wieder. Habe auch meinen Vater und meine Schwester verloren und leide genau wie Du unter der Oberflächlichkeit der Menschen, sogar Freunde und Verwandte kamen mit Floskeln, was ich nie für möglich gehalten hätte. Immerhin kannten alle meinen Vater und meine Schwester und wissen, wie eng unser Verhältnis war.
Es ist eine sehr einsame Zeit und ich finde es auch schlimm, dass es so wenig Angebote gibt, wenn Eltern und vor allem erwachsene Geschwister sterben.
Herzliche Grüße
Heik
Liebe Heike,
dein Verlust tut mir sehr leid. Viele Menschen sind sehr unsicher im Umgang mit Trauer und Tod und scheuen oft aus Angst zurück. Die Einsamkeit macht uns dann nach einem schweren Verlust zusätzlich zu schaffen und wir erleben oft viele weitere kleine und größere Verluste. Ich wünsche auch dir von Herzen, dass du verständnisvolle Menschen findest, die dich unterstützen. Oft sind das Menschen, die selbst etwas ähnliches erlebt haben.
Herzliche Grüße
Silke
Liebe Petra,
danke dir für deinen Kommentar! Es tut mir sehr leid zu lesen, wie du in deiner Trauer und deinem Verlust ignoriert wurdest – selbst bei deinem körperlichen Zusammenbruch. Ich stimme dir zu, es braucht mehr Angebote für junge Menschen. Ich stelle mir oft die Frage, wie sich da etwas ändern kann, welche Rituale zum Beispiel passend sein können. Das, was es früher gab, passt meist nicht mehr, und etwas neues ist gerade erst am Entstehen.
Ich wünsche dir verständnisvolle Menschen an deine Seite.
Herzliche Grüße
Silke
Liebe Silke, danke für diesen Beitrag. Du sprichst mir aus der Seele. Grüße Yvonne
Danke dir, liebe Yvonne, für deinen Kommentar. Ich freue mich, dass mein Artikel dich anspricht.
Ganz herzliche Grüße
Silke
Liebe Silke,
danke für deine Worte! Du hast so recht, es gibt kein richtig oder falsch trauern. Das muss jeder für sich entscheiden. Nein, die Liebe lässt einen nicht los, ob der Angehörige einen sehr sehr nahe stand oder man ihn mitunter nicht kennenlernen durfte (z. B. bei einer Totgeburt). Die Menschen bleiben immer im Herzen.
LG Sandra
Danke für deine Worte, liebe Sandra! Ja, die Verstorbenen bleiben in unseren Herzen und Erinnerungen. Die Liebe darf bleiben und sogar größer werden.
Ganz herzliche Grüße
Silke
Für Menschen, die sich das zu glauben erlauben, genug spirituell und eher etwas mehr sensibel sind. Wir können die Verstorbenen grundsätzlich wahrnehmen. Stimme dich auf sie ein und spüre. Erfahre spontan die Antworten auf deine Fragen. Es gelingt oft leichter im Schein einer weißen Kerze. Auch wenn sich schon jemand über sowas hier aufgeregt hat. Nicht wenige Menschen haben sich diese Fähigkeit schon angeeignet.
Lieber Richard,
ich erlebe das auch, dass wir sie wahrnehmen können. Anfangs hat mich das sehr verunsichert, war es doch etwas, woran ich vorher nie geglaubt hatte, was in meinem alten Weltbild nicht existierte. Dann hat es – wie du es auch beschreibst – etwas mit dem Erlauben zu tun, das trotzdem zu fühlen. Schön, dass du diesen Aspekt hier mit reinbringst. Der von mir beschriebene Ansatz von Roland Kachler beschreibt die innere Beziehung zum Verstorbenen ganz ohne diesen spirituellen Aspekt. Mir gefällt es, dass so jeder – egal was er oder sie glaubt – sich darin wiederfinden kann.
Herzliche Grüße
Silke
Liebe Silke
Du hast so recht. Es gibt nichts los zulassen noch behindern wir damit unsere Lieben die voraus gegangen sind.
Habe ähnliches erlebt wie Du und habe bis heute, 2 1/2 Jahre später, nicht abgeschlossen. Ich weiss, dass ich das auch nie werde weil es für mich auch nichts abzuschliessen gibt. Die Liebe ist da und wird auch immer bleiben.
Danke für deine Offenheit, es ist nicht selbstverständlich solch ein Einschneidendes Erlebnis mit der Öffentlichkeit zu teilen.
Liebe Kira,
danke dir für deinen Kommentar und deine lieben Worte. „Abgeschlossen“ wird es nicht werden, aber anders und neu gut darf es werden und das gerade weil die Liebe bleibt und nicht zurückgelassen oder beendet wird.
Herzliche Grüße
Silke
Dankeschön für diese wundervollen Worte, liebe Silke.
Vor neun Monaten habe ich meinen geliebten Lebensgefährten durch Suizid verloren, meine Welt war verloren…
und meine Umwelt hat darauf reagiert, dass es das wichtigste sei, wieder in die Gänge zu kommen, zu funktionieren, damit ich „glücklich“ weiterleben könne…und am glücklichsten bin ich nun bei dem Gedanken, dass die Liebe niemals stirbt…
Liebe Nora,
danke für deinen lieben Kommentar. Dein Verlust tut mir sehr leid. Neun Monate .. das ist noch überhaupt keine lange Zeit. Ich wünsche dir von Herzen, dass du dir selbst die Zeit nehmen kannst, die du brauchst. Du musst jetzt nicht funktionieren, du musst dich auch nicht beeilen. Es freut mich, dass der Gedanke, dass die Liebe bleiben darf, glücklich macht.
Ich wünsche dir viel Kraft
Silke
Liebe Silke,als mein Mann nach langer Krankheit starb durfte ich bei ihm sein bis er durch diese Tür ging die nur für ihn bestimmt war….es werden jetzt 30 Monate und ich lebe immer noch mit ihm ….er ist ein Teil von mir und daran wird sich nie etwas ändern….ich sehe Trauer als weitere Form der Liebe denn warum sollte ich um jemanden trauern wenn es nicht aus Liebe ist? Das Loslassen wurde mir von vielen Seiten angetragen ,lass los ,lebe wieder ,lass ihn gehen……ich sage nein dazu denn wie gesagt warum sollte ich loslassen wenn ich liebe…er ist nur einen Gedanken entfernt von mir und ich spüre seine Anwesenheit ,sein bei mir sein immer wieder…..mag es Einbildung oder auch Wunschdenken sein ,für mich ist es richtig so……ich muss ihn nicht sehen oder berühren können um zu wissen dass er da ist ….ich trage ihn in meinem Herzen ,in meinen Erinnerungen mit….wenn andere damit nicht klar kommen dass ich mit ihm rede und ihn einbeziehe in mein Leben ist es deren Sache…..jeder soll so trauern/lieben wie es für ihn richtig erscheint …..und ich denke auch das diese Trauer nie vergeht nur leiser wird und auch dass ist gut so ..
Du hast geschrieben es sind keine Phasen sondern Wellen bei dir ,ich empfinde es genauso……vobrallem diese Phase der Wut hatte ich nie ….warum auch ….soll ich wütend sein auf sein Gehen?auf die Krankheit?wie könnte ich dass denn ….sein Sterben war seine Erlösung von schlimmen Leid…..ich bin traurig aber ich war nie wütend weil ich hier zurückbleiben musste…..ich weiß, ja ich weiß dass wir uns wiedersehen und dass er bei mir ist ,eingebettet in meinem Herzen ….nur ein Gedanke entfernt …..
Modelle aus der Psychologie sollen das ungreifbare ein wenig greifbarer machen. Mwhe nicht. Ich denke niemand würde für sich beanspruchen, das ultimative Modell gefunden zu haben.
Modelle können helfen, die Dinge ein wenig zu sortieren … sich selbst irgendwo zu finden … einen groben Anhalt zu finden, zu lernen und dann weiter zu machen.
Es sind eben Modelle. Mehr nicht.
Liebe Silke,
danke für diesen tollen Artikel, der mich sehr berührt hat.
Liebe Silke,
vielen Dank für diesen berührenden Beitrag. Ja, man kann erst dann wirklich verstehen, wenn man etwas selbst erlebt hat – und das betrifft auch Trauer. Ich persönlich fühle mich in Liebe immer noch allen verbunden, die ich habe gehen lassen müssen und kann es mir anders auch gar nicht vorstellen. Sie alle gehörten einmal zu meinem Leben und haben mich ein Stück weit auch geprägt. Wie könnte ich sie da loslassen? Das fühlt sich für mich so an, als würde ich auch mich ein Stück weit verlieren. Das Herz vergisst nie und Liebe verliert sich nie.
Dir alles Liebe, nicht mehr mit – aber auch nicht ganz ohne – Julian.
Genau deshalb wollte ich nicht zum Psychologen nach dem Verlust von Gina. Denn nur ein Psychologe, der selbst den Verlust erlebt hat, kann da mitreden. Ansonsten ist ihr Bezug zu künstlich…angelesen…nicht authentisch…
Tot ist nur wer vergessen ist , meine Toten trage ich in mein Herz, sie begleiten mich, ich muss sie nicht vergessen um weiter Leben zu können , ich bin dankbar das sie bei mir sind … 😊
…meine erste Tochter ist mit 10Tagen verstorben.
Mein Bruder ist verstorben.
Mein Mann ist verstorben.
Meine Mutter habe ich begleitet.
Meine Schwiegermutter habe ich begleitet
Jeder dieser Lebensabschnitte in meinem Leben waren sowas von verschieden,weil erstens ich mich geändert habe und jeder von diesen wertvollen Menschen eine andere Beziehung zu meinem Herzen hatte.Und ja ich finde auch jeder sollte so trauern wie er es für richtig hält und wenn jemand sich Unterstützung holen möchte der ihn begleitet dann ist ein guter Unterstützer einer der einfach da ist und Raum schafft das alles sein darf…
Jetzt ist gerade wieder eine Zeit wo ich intensiv mit meinen Kindern über den Tod ihres Papas rede.Sie erzählen mir neu wie sie es empfunden haben,auch was es in ihnen ausgelöst hatte….
Auch ich habe nach dem Tod meiner Tochter die Trauer erlebt, wie sie in Wellen kommt. Ein Tag ist es etwas leichter, ich erinnere mich an die schönen Momente mit ihr, an anderen Tagen bin ich knapp vor dem Ertrinken. Über das erste Jahr der Trauer habe ich ein Buch geschrieben, in dem diese Trauer in Gedichten und kurzen Texten zum Ausdruck kommt. (Gedanken.Splitter. ). Ich denke, dass Kathi in mir weiterlebt. Die Spuren, die sie in meinem Herz und in meinem Leben hinterlassen hat, kann niemand und nichts auslöschen.
Ich finde die Missverständnisse rund um das Loslassen insgesamt bedauerlich. Drückt sich doch hierbei Kopflastigkeit und Schwarz/Weiss Denken aus. Dinge zu bewältigen und eindeutig zu entscheiden von jetzt auf gleich. Klar gibt es auch Situationen, in denen dieses eher rein mentale Vorhehen sinnvoll sein kann. Etwa wenn eine fixe Idee klar als weinig hilfreich erkannt ist.
Doch der Begriff trägt ihn ja in sich, den schnellen Abschied. Und das eher schnelle Verdrängen von Emotionen, die dem im Weg stehen. Auch dies wird manchmal gebraucht. Vielleicht wenn ich in Gefahr bin. Verdrängtes wird dann besser später aufgearbeitet. Und genau dies wollen wir von jemandem, wenn wir Loslassen anraten. Oder wir denken selbst, mit dem Verdrängen sei der Schmerz dann erledigt. Ist er vielleicht sogar momentan, was uns dann etwas Raum geben kann eine Weile. Indirekt arbeiten wir ja unbewusst auch Dinge auf oder mildern sie etwas ab über Monate und Jahre. Therapie durch Um- und Angewöhnen. Typisch westliches Vorgehen, nach einer analytisch erkannten Sachlage. Doch schmerzhaft ist nicht nur der Vorgang der Analyse. Auch die folgenden Monate. Und die bescheidene Erfolgsquote von etwa 50 %.
Sogar so manches Engel Medium interpretiert die „Stimme“, die Auflösung mit Annehmen meint, abgekürzt in unserem Sprachgebrauch mit Loslassen. Am Ende wäre es auch irgendwie „losgelassen“, folgte ich der Stimme, wie es gemeint war lange genug. Doch das Medium selbst überspringt den Prozess und rät einfach, das Ziel zu erreichen. Mit Verlaub. Aber soweit bin ich auch ohne Medium. Und meine eigene innere Stimme dient mir bei weitem besser.
So ist nicht nur bei Trauer die Beschränktheit von vielerlei professionellem Anraten von haupsächlich rein mentalen und motivierenden Ansätzen ein fundamentales Missverständnis unserer Zeit. Das Missverständnis, man könne bei allem rein mental einer Theorie folgen und es brauche nur rationale Entscheidungen und Motivation, die genug Ausrichtung und somit Verdrängung erlauben.
Der Beitrag ist toll und entspricht genau meinem Denken, fühlen und Handeln. Im Mai 2017 verstarb mein Mann mit 59 Jahren an Speiseröhrenkrebs, nach 36 Jahren zusammen sein. Ich möchte ihn gar nicht los lassen, denn einen Menschen den man sooo sehr liebt kann ich gar nicht los lassen. Er ist immer und überall present und das ist auch gut und für mich richtig so.
Du sprichst mir aus der Seele. Auch mir wurde immer wieder gesagt ich müsse loslassen.
Mein Mann verstarb am 11.05.17 mit 59 Jahren an Speiseröhrenkrebs. Wir waren 36 Jahre zusammen. Ich wusste sehr schnell das ich Heinz nicht loslassen will. Er ist immer gegenwärtig und das ist richtig und wichtig für mich. Seit ich das so annehmen kann geht es mir besser.
Danke für deinen Text. Ich hoffe das ihn viele lesen und sich davon lenken lassen das wir unsere Verstorbenen nicht los lassen müssen und trotzdem ins Leben gehen können😘
Liebe Silke,
Ich möchte mich so bedanken, das Du Deine Erfahrung mit uns teilst.
Mir ist wichtig zuhören wie andre Menschen dabei geht. Als ich mein Bruder verloren habe, war es für mich die schwerstelle Zeit meines Lebens.
Ich fühlte mich nie wohl mit dem Gedanken das loslassen.
Heute weiß ich warum das so war.
Ich werde dein Buch bestimmt lesen.
Alles gute und viel Kraft und Erfolg.
Fida
Vielen Dank für diesen Artikel, der eine Bestätigung meiner eigenen Gefühle ist. Meine alten Eltern sind vor vier Jahren schnell hintereinander gestorben. Ich trauere nach wie vor sehr um sie, was in meiner Umgebung nicht verstanden wird. Ich möchte auch nicht loslassen, sondern durch meine Trauer trage ich sie mit mir – und sind somit weiterhin teil meines Lebens.
Hallo,
ich bin erst heute auf dieses Forum gestoßen und teile die Gefühle all derer,
die hier ihre Meinung kund getan haben, inklusive der der Autorin.
Meine Freundin ist voriges Jahr nach Brustkrebs, der in verschiedene andere Organe metastasiert hatte, verstorben. Ich habe sie über alles geliebt, muss aber jetzt irgendwie sehen, damit klar zu kommen, was mir sehr schwer fällt. Ich suche hier an dieser Stelle aber kein Ventil zum jammern. Meine Erfahrung ist, dass die Umwelt wie Nachbarn, sogenannte Freunde und Ärzte mit der Trauer ganz seltsam umgehen. Die Nachbarn hatten sich zum ganz überwiegenden Teil schon vor dem Tod von uns abgewendet. Warum sollten sie nach dem Tod dann positiver handeln ? Die Frage ist natürlich rhetorisch gemeint. Jemand, der früher Jahrzehnte mein bester Freund war, rief nicht mehr an. Seine Schwester erklärte mir den Grund: Sie (meine Freundin), könnte ja im Sterben liegen. Fachärzte für Psychiatrie, die ich zwischenzeitlich nach dem Todesfall aufgesucht hatte, verschrieben entweder nur Tabletten oder wiesen mich darauf hin, dass „man so von einem Jahr des Verlustgefühls, der Trauer ausgehen könne“. Das Jahr ist gerade um. Ich habe mich dann tatsächlich gefragt, ob etwas nicht mit mir stimmt, dass ich sie nach 25
Jahren des Beisammensein s immer noch liebe ? Zumal alle anderen an sie noch nicht einmal mehr einen Gedanken verschwenden. Schlussendlich bin ich dankbar dafür, hier auf „Leidgenossen“ getroffen zu sein, die mir das Gefühl geben, nicht abnorm zu fühlen und zu denken. Insofern allen vielen Dank, insbesondere der Autorin.
Endlich liest man einmal einen Erlebnisbericht, der konform mit den eigenen Gefühlen geht.
Ich habe meinen Vater 2017 verloren, nach 2 Jahren fühlt sich der Schmerz immer noch genauso heftig und nachhaltig an, wie bei seinem Tod.
Aber das wird von vielen Menschen nicht akzeptiert, ganz besonders nicht, wenn die verstorbene Person schon älter war.
Dann wird stets darauf verwiesen, dass er ja ein „schönes Älter“ erreicht hätte, als ob das den Verlust eines geliebten Menschen leichter machen würde.
Jedenfalls kann ich bestätigen, dass mein Vater irgendwie doch noch bei mir zu sein scheint.
Er scheint durch mich und meine ältere Schwester zu sprechen.
Ein Beispiel:
Meine ältere Schwester hatte eine extrem enge Bindung zu meinem Vater, sie hat praktisch jeden Tag mit ihm verbracht, sie kannte somit auch jede Eigenart von ihm, die mir nicht unbedingt geläufig war.
Vor kurzem gingen wir zusammen Spazieren und ich hatte plötzlich den Impuls „yes, yes, yes“ zu sagen, ohne Grund.
Meine Schwester erstarrte, denn genau dreimal Yes hatte unser verstorbene Vater immer gesagt, wenn er besonders guter Laune war, nur wusste ich das gar nicht, weil ich nicht jeden Tag wie sie mit ihm zusammen war.
Und solche Begebenheiten gibt es viele, wir haben beide unabhängig oft das Gefühl, er ist in uns und spricht durch uns.
Im Grunde ist das ein wunderschöner und auch troestlicher Gedanke, den ich mir von nicht spirituellen Rationalisten auch nicht nehmen lassen möchte.
Mein Vater fehlt mir unendlich, im Grunde liebe ich ihn heute sogar noch mehr als ich es zu Lebzeiten getan habe oder ich nehme diese tiefe Liebe zu ihm einfach noch bewusster war, weil er einfach nicht mehr da ist.
Danke für diesen Beitrag. So wenig wie meine Mama die „typischen Sterbephasen“ durchgemacht hat, genauso wenig mache ich jetzt grad diese Trauerphasen durch. Die Trauer bricht einfach ab und zu durch. Es tut gut zu lesen dass man diesen geliebten Menschen nicht loslassen muss. Ich rede mit meiner Mama, nicht die ganze Zeit… Aber immer mal wieder. Ich glaube dass einen genau diese Verbindung auch stark machen kann. Gerade weil man sich der bedingungslosen Liebe dieses Menschen jederzeit sicher sein kann.
Hallo,
dein Text hat mich sehr berührt. Ich selber habe gerade einen guten Freund verloren. Gemeinsam mit einer Sterbebegleiterin habe ich meinen Freund bis zum Schluss begleitet. Es waren zwei sehr intensive Wochen, die zu Ende gingen mit einer engen Umarmt, die mir mein Freund zum Abschied schenkte, Sekunden bevor er starb.
Der Trennungsschmerz war überwältigend, beim Sortieren der Dinge, die er mir hinterliess, hatte ich oft das Gefühl, zusammenzubrechen. Mitten bei alltäglichen Sachen, wenn ich draussen unterwegs bin, überfällt mich eine Schwere und ich gehe wie unter einer Last.
Mich verwirrt diese Intensität und die Gefühle, die in mir sind. Ich schlafe derzeit oft mit einem Pullover meines verstorbenen Freundes ein und bin mit meiner ganzen Person wieder in dieser letzten Umarmung. Das gibt mir dann Halt und meistens Frieden. Ich spüre seinem Duft nach in anderen Gegenständen, die ich von ihm habe. Manchmal benutze ich sein Parfüm. Ich fühle mich momentan wie eine Frau, die ihren Mann verloren hat, dabei hatten wir nie diese Art Beziehung oder diese Form der Liebe zwischen uns. Außerdem habe ich einen Partner und ich sollte doch ihn so lieben wie ich meinen verstorbenen Freund gerade liebe. Oder ist das nicht zu vergleichen? Aber was soll ich davon halten, wenn ich mir Fotos anschaue oder seinen Personalausweis und es mir gut tut, dieses Bild zu küssen und mit ihm zu reden als wäre er da? Woher kommen nur diese Gefühle? Ich mochte meinen Freund, aber doch nicht so. Und was tue ich mir an, wenn ich dem nachgehe? Dies ist doch eine Liebe, die nie erwidert werden wird. Mache ich mich damit nicht kaputt, mit dieser Illusion von einer Liebe, die es so zu Lebzeiten niemals gab? Was soll ich tun?