Teile diesen Beitrag "„Nein“ ist ein ganzer Satz – Du musst Dich nicht für alles rechtfertigen"
Unsere Kräfte sind begrenzt, unsere Tage nur 24 Stunden lang. Endlos jedoch die Reihe an Kannst-Du-mal und Mach-doch-mal und Gib-mir-mal.
Wenn’s Dir so geht wie mir, fällt es Dir nicht immer leicht, Bitten (oder Forderungen) abzulehnen, die ich nicht erfüllen kann oder will, wo ein „Ja“ zum anderen ein „Nein“ zu mir selbst wäre. Manchmal stammle ich dann, oder renne einfach stumm weg, und fühl mich irgendwie mies dabei.
Aber: Wir müssen uns und unser Nein nicht immer erklären oder rechtfertigen, und schon gar nicht immer ein schlechtes Gewissen haben.
„Lieber Kollege, Du weißt ja, heute ist Mittwoch und ich hab meinen Stammtisch, kannst Du nicht wieder meine Arbeit fertig machen, auf Dich wartet doch keiner?“
Nein.
„Ich weiß, ich schulde Dir schon ne Menge und ihr habt’s auch nicht so dicke, aber borgst Du mir noch mal n bisschen Geld?“
Nein.
„Ich kann Dich doch bestimmt mal n bisschen befummeln, ich hatte echt lange keine Frau?“
Nein.
… ist ein ganzer, ein vollständiger Satz. Und ein ziemlich guter in einer Welt mit zu vielen Leuten, die die Grenzen, die Zeit, die Bedürfnisse und Gefühle anderer nicht respektieren.
Das verschafft uns auch den Freiraum, für andere da zu sein, aus den richtigen Gründen und ohne uns verbiegen oder runterwirtschaften zu müssen.
Wozu möchtest Du heute „Nein“ sagen?
P.S.: Abgemilderte – etwas höflichere Versionen – sind „Nein, leider nicht“ oder „Nein, dieses Mal kann ich das nicht tun“ oder „Nein, das passt für mich nicht.“ Wenn Du das lernen möchtest, kann Dir der neue myMONK-Kurs helfen: STÄRKER – Mehr Selbstvertrauen in 7 Tagen. Siehe auch Wann es an der Zeit ist, NEIN zu sagen – und wie man das beste NEIN aller Zeiten hinlegt.
Photo: Luigi Morante
Ein toller Artikel. Besonders der Satz, dass ein „Ja“ zu Anderen ein „Nein“ zu mir selbst bedeutetet.
Ich las den Artikel wo ich gerade genau so eine Entscheidung treffen musste. Jemand wollte etwas von mir haben, was ich aber nicht wirklich weggeben wollte. Und so sagte ich einfach nur „Nein“ und es fühlte sich verdammt gut an.
Vor Allem ohne dass ich mich rechtfertigen muss
Viele Grüsse
Indy
Scheinbar ist das eine klare Aussage. Und dann doch wieder nicht. Unter Umständen ist es eine der Antworten, die mehr Fragen schafft als Antwort gibt. Klar ist es meine Sache, ob ich mich knapp äussern will. Doch was knapp ist, hängt auch von vielem ab, z.B. von dem was ich erkennbar fühle dabei. Manchmal braucht es auch nur Kopfschütteln und dennoch ist niemand gekränkt.
Habe ich ein Problem mit einem Nein, dann ist das wohl meistens allein mein Problem. Es beginnt mit dem Kennenlernen und anschliessenden Abtasten und in der Folge der Wahrung passender Distanz. Was ein ständiges Abwägen und Signalisieren bedeutet. Zu allzu direkten Anfragen an Gefühlen vorbei würde aber das direkte Nein passen, aus meiner Sicht. Ansonsten wäre schon interessant, ob ich Nein bedauere, oder ob ich mehr Distanz möchte.
„Nein“ – Punkt. Ein so wichtiges Wort, ein ganzer Satz!
Zwei Beispiele mag ich gerne beisteuern….
Ich arbeite künstlerisch mit Menschen mit geistiger Besonderheit. Ihr „Nein“ oder „Nein danke“ ist – was meine Malpartner anbetrifft, ein Herzens-reflektiertes Nein und kommt direkt aus ihrem Bauch, oft ohne großes Überlegen und Abwägen. Sie haben erfahren was ihnen gut tut und was nicht und kommen so gut wie nie auf die Idee, sich für ihr Nein zu rechtfertigen. Das geistige Reflektieren ist nicht ihre Messlatte, dafür umso mehr die Klarheit ihres Gefühls. Und sie drücken es aus!
Ebenso das „Nein“ dass viele Menschen im Palliativbereich erst lernen öfter auszusprechen. Manchmal das einzige Nein, was sie sich am Tag erlauben, weil alles andere unumgänglich scheint. Ich bedanke mich auch für jedes Nein zu meinem Angebot – der Kunst in der Therapie – denn es kostet sie Mut, auch ein schönes Angebot abzulehnen. Es kostet sie Mut, darauf zu hoffen, dass ich dieses Nein mittrage und anerkenne und es kostet sie Mut, sich selbst damit anzunehmen, weil sie ihr eigenes Bedürfnis oder nicht Bedürfnis in diesem Moment wichtiger nehmen, als mir zu gefallen. .
Ja, ein Nein ist oft auch ein Ja, denn es schafft Nähe zu sich selbst. Selbstfürsorge braucht auch das Wort „Nein“
Judith
Danke Tim! Dieser Text ist, als hättest Du ihn mir aus dem tiefsten verletzlichsten kindlichsten schutzlosesten Teil meiner Seele geschnitten.
Es ist sicherlich schwierig „nein“ zu sagen, da wir ja häufig dazu erzogen werden, freundlich, zuvorkommend und hilfsbereit zu sein. Dagegen ist prinzipiell auch nichts einzuwenden. Werden aber die eigenen Grenzen überschritten und fühlen wir uns selbst ausgelaugt und ausgenutzt, ist es höchste Zeit die Handbremse zu ziehen und sich den eigenen Interessen zu widmen. Wer sich nicht zunächst um sich und seine Bedürfnisse kümmert, wird auch nicht die Kraft haben anderen aufrichtig zu helfen. Das hat nichts mit Egoismus zu tun.
Hallo Tim,
leider ist es häufig ncht ganz so einfach, beim einfachen „Nein“ zu bleiben.
Ich jedenfalls kenne einige Menschen, die auf ein Nein mit der Frage: „Und warum nicht?“ antworten und somit von ihrem Gegenüber die Rechtfertigung erwarten. Was dann?
Viele Grüße
von der Hexe
Hallo Tim
Ich lese: „Nein.“ ist ein ganzer, ein vollständiger Satz. Und ein ziemlich guter in einer Welt mit zu vielen Leuten, die die Grenzen, die Zeit, die Bedürfnisse und Gefühle anderer nicht respektieren. – Ja und….
Dazu fiel mir spontan ein: Diese Menschen respektieren ihre eigene Grenzen, ihre Zeit, ihre Bedürfnisse und ihre Gefühle nicht, weil sie nicht Zugang zu sich selbst bzw. diesen finden – das ist „tragisch“ weil diese Spirale weiter so läuft und ganz massiv ist das in Firmen und Konzernen zu beobachten, dort ist es ganz gruselig. Das nenne diese Menschen dann Teams…. !! lach ! Toll Ein Anderer Machts‘ – Dem Universum sei Danke, es gibt auch menschen die Wach werden und wachsam sind !
Gruß Klaudija