Teile diesen Beitrag "Alpha-Tier sein lohnt sich nicht (auch nicht für Menschen)"
Alpha-Tier sein. Ganz oben sein. Das Sagen haben. Macht. Geld. Fame und Applaus. Ein Heer williger Sexualpartner in Strandbikinis, eine Garage voll neonfarbener Lamborghinis.
Die meisten von uns streben danach, in unseren gesellschaftlichen Hierarchien möglichst weit aufzusteigen. Ob im Büro, in der Uni, im Fußballverein, in der Strickklasse der Volkshochschule von Bad Kackingen.
Forscher haben herausgefunden, dass das Alpha-Tier-Sein oft kein besonders guter Deal ist. Und zwar, indem Gruppen von Pavianen untersuchten.
Nur auf den ersten Blick wirklich erstrebenswert
Auf den ersten Blick haben es die ranghöchsten Pavian-Männchen ziemlich gut. Sie dürfen immer zuerst fressen und haben die breite Auswahl bei der Paarung.
Das einzige – und sehr schnell große – Problem:
Sie müssen permanent aufmerksam bleiben. Zu jeder Zeit ihre Weibchen bewachen und mit den rangniederen Männchen kämpfen, um ihre Position zu verteidiggen.
In der Theorie gingen Wissenschaftler lange davon aus, dass dieser Energieaufwand und Stress sich nicht negativ auf die Alpha-Männchen auswirken würde, da es schließlich auch reichlich Vorteile gäbe.
Doch die Rechnung geht nicht auf.
Forscher von der Princeton-University haben für eine Studie 100 wildlebenden Pavianen in Kenia über neun Jahre lang unter die Lupe genommen. Sie konnten nachweisen, dass die Ranghöchsten deutlich mehr Stresshormone im Blut haben als bislang vermutet. Sie sind sogar genauso gestresst wie die Rangniedrigsten in der Gruppe, die sich ständig um ihr Futter sorgen müssen. Häufig haben die Alpha-Tiere ihre Chefposition außerdem nur kurz inne. Der Stress macht sie schnell krank, sie werden schwächer … und verdrängt.
Ganz oben zu sein reibt die Nerven weitaus mehr auf, als nur auf Platz 2 oder irgendwo in der Mitte der Gruppe zu stehen.
Ähnliche Gene, ähnliche Probleme
Was das mit uns Menschen zu tun hat? Eine Menge.
„Zum einen unterscheiden sich unsere Gene nur wenig von Affen, beim Schimpansen etwa sind es nur 1,37 Prozent. Zum anderen ähneln sich unsere komplexen sozialen Strukturen sehr“, so einer der Leiter der Studie.
Auch beim Menschen ist laut Forschern bekannt, dass der soziale Status mit gesundheitlichen Risiken verknüpft ist – sowohl bei besonders niedrigem als auch bei besonders hohem Status.
Nur, dass wir Menschen bei niedrigem sozialen Status Ausweichmöglichkeiten haben. So tummeln wir uns anders als die Paviane nicht nur in einer Gruppe, sondern in verschiedenen. Zum Beispiel können wir so Stress durch niedrigen Status im Job können eher ausgleichen durch eine wichtige Rolle in der Familie.
Wir müssen also nicht 60 Stunden in der Woche arbeiten, um Karriere zu machen und dann 70 oder 80 Stunden in der Woche im Büro zu hocken. Der Chefsessel ist selten bequem. Der große tolle berufliche Aufstieg, der uns glücklich machen soll, ist eben vor allem eine Illusion, die maximale Leistung aus uns rausholen soll. Die uns in der Realität vermutlich mehr Stress als alles andere einbringt.
Und wir müssen uns auch in anderen Lebensbereichen nicht in den Vordergrund und an die Spitze drängen für irgendeinen „Status“, um glücklich zu sein.
Siehe auch: Ein bedeutsames Leben braucht keine Karriere und Warum Du nicht mehr Geld brauchst, sondern mehr Sex sowie Dieses Zitat bringt auf den Punkt, warum unsere Gesellschaft so kaputt ist.
Ich glaube tatsächlich, dass es Menschen gibt, die eine natürliche Autorität haben und andere gut führen können, einfach durch ihr Wesen und ihre Ausstrahlung. Das finde ich per se nichts schlimmes, solange das nicht genutzt wird um andere zu manipulieren. Unangenehm sind vor allem die selbsternannten Alphatiere, die es unbedingt sein wollen. Diese Sorte begegnet einem vor allem im Berufsleben sehr häufig und die sind dann richtig fies. Das kann ich dann leider auch nicht ernst nehmen und schalte automatisch auf Abwehr und werde stur, was mich häufig in Konflikte bringt. Ich habe schon häufiger erlebt, dass gerade die Möchtegern-Alphas nach oben kommen, weil sie meist auch eine große Klappe haben. Die klugen, stillen werden oft einfach übersehen. Es sei denn ganz oben sitzt ein echtes, kluges Alphatier 🙂
natürlich ist der Beitrag etwas überspitzt 🙂 trotzdem sage ich: Man auch es nicht pauschalisieren!
Warum?
Wir alle haben eine gewisse Ausprägung von Macht in uns. Darüber hinaus noch 15 weitere Lebensmotive, u.a. auch Status.
Lange Rede, kurzer Sinn: je nach Ausprägung kann es mich in der Tat erfüllen, ein Alphatier zu sein. Ich benötige es vielleicht sogar, um glücklich zu sein. Ich habe einige dieser Alphatiere kennengelernt, die sich oft selbst hinterfragen, sich nicht akzeptieren und sich gewaltsam ändern wollen. Das klappt aber nicht und das würde sie auch nicht glücklich machen.
Richtig ist: ich sollte mich hinterfragen, ob ich wirklich das Alphatier bin oder ob ich nur danach strebe, wie ich eben die von Dir beschriebenen „Vorteile“ für mich als erstrebenswert vermute.
Wenn ich mir aber sage: „ja, ich bin es“ ist es wichtig, auch dies zu akzeptieren, sich selbst zu reflektieren und sich seiner Wirkung auf andere bewusst zu sein. So lässt es sich auch als wirkliches Alphatier sehr gut leben und die Menschen lernen meine Vorzüge zu schätzen.
PS: ich bin definitiv kein Alphatier, sondern lebe hier in einer mittleren Ausprägung 😉
Interessanter Artikel. Ich denke, man kann die Erkenntnisse aus der Tierwelt aber nur eingeschränkt übertragen.
Richtig ist, dass 80 Prozent eines Hundewurfes ausgeprägte Alpha-Eigenschaften aufweisen und entsprechende Führungsrollen anstreben. Wahrscheinlich trifft diese Verteilung auch auf Affen und Menschen zu. Alpha zu sein ist also stark genetisch bedingt und eine Führungsrolle einzunehmen fußt primär auf Veranlagung. Ein Hund ohne Alpha-Veranlagung wird keine Alpharolle im Rudel einnehmen, außer alle mehr veranlagten Tiere fallen aus. Natürlich gibt es selten ‚den Alpha‘, schwarz oder weiß, sondern Abstufungen.
Größter Unterschied zwischen Tierwelt (vor allem Primaten) vs Menschenwelt, dass in der Tierwelt der Untergebene nicht als negativ und defizitär angesehen wird, sondern als fürs Überleben unabkömmlicher Bestandteil anerkannt ist. Somit sind alle Rudelmitglieder ohne Führungsposition tatsächlich stressfreier.
Ganz anders in der Menschenwelt und das ist die Tragik. Es ist ja so, dass vor allem in unserer Leistungsgesellschaft suggeriert wird, dass Alpha zu sein ‚besser‘ ist, als Untergebener. In der Uni hat man uns ganz klar gesagt, dass sie keine Indianer, sondern Häuptlinge ausbilden würden. Das Problem zeigt sich dann nach dem Studium, wenn die Führungsstelle ausbleibt und man merkt, dass alle Häuptlinge sein wollen und keiner Indianer. Durch diese (mangelnde Wertschätzung) streben auch viele Menschen in Positionen, für die sie keine Veranlagung haben. Auch das ist der Unterschied zu den Tieren. Ich habe zumindest noch keinen Hund oder Affen mit einem Buch ‚Wie ich in drei Wochen zum Rudelführer werde‘ gesehen 🙂
Interessanterweise scheint das wirklich etwas mit unserem Gesellschaftssystem zu tun zu haben, denn in Naturvölkern sind die einzelnen Rollen meiner Einschätzung nach alle gleichwertig akzeptiert.
Vor diesem Hintergrund erzeugt unter Menschen gerade diese Situation, keine Führungsrolle inne zu haben, zu enormem Stress bei den Nicht-Alphas und die gibt es zahlreich. Es stimmt also nur ansatzweise, dass Nicht-Alphas weniger gestresst seien …