Teile diesen Beitrag "Wie man Angst in Stärke verwandelt in 30 Sekunden (eine einfache Technik)"
Angst vor Höhen und vorm tiefen Fall, vor öffentlichen Reden, Prüfungen, vor Clowns oder aggressiven Bibern, Angst vorm großen Knall.
Was tun wir meistens, wenn wir uns fürchten?
Wir versuchen, uns zu beruhigen. Mit guten Gedanken („der Biber wird mich schon nicht beißen, auch wenn er gerade auf mich zukommt und knurrt“). Mit Atemübungen oder Entspannungstechniken. Mit Ablenkung. Wir wollen die Angst, die Nervosität loswerden.
Prof. Alison Wood Brooks von der Harvard Business School hat einen ganz anderen Weg erforscht, wie wir damit umgehen können.
Dazu müssen wir eins wissen. Emotionen bestehen aus:
- einer körperlichen Empfindung (einer bestimmten „Erregung“) und
- unseren Gedanken darüber, unserer Interpretation.
Statt wie üblich an der körperlichen Empfindung drehen zu wollen, können wir sie so sein lassen, aber anders interpretieren.
Bei Angst und Nervosität schlägt unser Herz schneller, unsere Atmung verändert sich, Cortisol wird ausgeschüttet, der Körper macht sich zur Aktion bereit. Dasselbe passiert jedoch auch, wenn wir zum Beispiel begeistert und aufgeregt sind oder etwas kaum noch erwarten können. Geben wir den körperlichen Empfindungen einen anderen Namen, dann schaffen wir einen neuen Rahmen für sie. Was wir bisher als schlechte Nachricht gelesen haben („wie schrecklich, das wird sicher ein schlimmes Ende nehmen“), lesen wir so als eine gute („wie geil, das wird sicher super ausgehen“). Dadurch verwandelt sich die Emotion im Ganzen.
Also sagen wir nicht: „Ich habe Angst!“
Sondern: „Ich bin begeistert!“
(Oder, zwischen Angst und Begeisterung liegend: „Ich bin aufgeregt!“)
Weil sich die körperlichen Empfindungen bei Angst und freudiger Erregung gleichen oder zumindest ähneln, gibt es wenig Widerstand in uns. Wir nennen es ja nicht „Freude“, wenn wir in Wahrheit tieftraurig an einem Grab stehen, wir versuchen nicht, uns selbst zu verarschen.
Tatsächlich gelingt diese „Anxious Reappraisal“ (Angst-Neubewertung) genannte Methode vielen Menschen bei Angst leichter und besser, als sich selbst beruhigen zu wollen, wie Prof. Brooks nachweisen konnte. Ganz besonders dann, wenn wir ängstlich vor einer für uns großen Aufgabe stehen. Ihre Experimente zeigten, dass sich Menschen auf diese Weise nicht nur besser fühlten, sondern unter anderem auch bessere Karaoke-Sänger wurden und selbstsicherer und überzeugender vor anderen Leuten sprechen konnten.
Dr. Jeremy Jamieson von der University of Rochester fand in einer anderen Studie zudem heraus, dass diese Technik Menschen besser bei einem Mathe-Test abschließen lässt. Den Probanden erzählte man dazu vor dem Test einfach, dass Aufregung ihre Performance steigern würde.
Die körperlichen Empfindungen waren dieselben, doch die Einstellung änderte sich für die Testpersonen: aus einer Bedrohung wurde eine Chance.
Und je häufiger wir die Technik üben, desto besser wirkt sie.
Na da ist er ja wieder, der bösartige Biber, und er hat mich voll im Blick. Ich bin begeistert!
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Photo: Jenavieve
Ach wie nett. Wieder eine neue Version von Positiv Denken.
Nein, ganz und gar nicht, finde ich (wenn es positives Denken wäre, hätte ich wahrscheinlich nicht drüber geschrieben). Es erkennt an, was ist, benennt es nur anders – aber trotzdem stimmig, nur die Auswirkungen sind positiv.
Statt „anders benennen“ würde ich lieber „annehmen, fokussieren du beabsichtigen“ verwenden, Tim, was meinem Verständnis zu positivem Denken entspricht. „Nicht anerkennen was es ist“ oder „umbenennen“ läuft für mich unter „sich was vormachen“ oder „Illusionen“ und ist für mich falsch verstandenes „Positiv Denken“. Natürlich können hier auch Autoren nicht ausgenommen werden. Im übrigen bestätigen solche Studien nur uralte Weisheiten, indem sie diese in einem wissenschaftlichen Mantel präsentieren.
Das ist ein schöner Ansatz – werde ich das nächste Mal versuchen.
Hallo Tim,
ich mag deinen Beitrag. Ich denke, das ist so ähnlich wie mit dem Muskelkater. Wenn man den hat, weil man am Tag vorher tollen Sport gemacht hat (wo oder mit wem auch immer 😉 – dann ist das positiv und wir verknüpfen die Schmerzen aber bewusst positiv und genießen sie (mehr oder weniger).
Wenn wir Muskelkater haben, weil wir bei einem fürchterlich unorganisierten, chaotisch und nervigen Umzug geholfen haben, bei dem es weder Kaffee, noch Pizza, noch andere schmackhafte Belohnungen gab – dann haben wir das als negatives Erlebnis bewertet (oder sind sogar noch dabei, das immer wieder negativ zu bewerten). Damit ist der Schmerz dann auch nichts Positives, sondern etwas Negatives.
Dass das mit dem Bewerten auch im Vornherein geht, war mir nicht bekannt. Aber ich werde es versuchen und wenn es klappt, gerne weiter erzählen. 😉
Ich wünsche dir ein schönes Wochenende, mit feinem Muskelkater…
😉
Liebe Grüße,
Eva
Tolles Beispiel Eva. Das hilft mir jetzt sehr auf die Sprünge. Danke.
„Na da ist er ja wieder, der bösartige Biber, und er hat mich voll im Blick. Ich bin begeistert!“- Ich bin auch begeistert von deinem interessanten Artikel. Ich werde das mit der „Umbewertung“ mal ausprobieren ;-)…
Liebe Grüße Karina
Bei Tempo 180 den Rückwärtsgang reinzuhauen, das ist nicht die ideale Art, umzukehren.
Mit erste Bremsen geht das schon besser.
Noch eleganter dürfte womöglich sein, eine 180-Grad-Kurve zu fahren.
Wie gut das mit dem GEIST geht, hat vor hundert Jahren schon Émile COUÉ mit weltweitem Erfolg praktisch vorgemacht.
Man kann es noch heute einfach von ihm lernen.
Guten Erfolg!
Franz Josef Neffe
Wie gesagt, das hat nichts mit positivem Denken zu tun. Man tut hier nicht so, als wäre etwas anders, als es ist- die körperlichen Empfindungen werden wahrgenommen und der zweite Teil der Emotion PASSEND! dazu beurteilt, aber eben anders als sonst. Ich finde den Unterschied ehrlich gesagt schon recht gravierend und schlüssig.
Positives Denken wäre, zumindest in der primitivsten Form: „ich bin nicht aufgeregt“ oder „ich bin ganz ruhig“ – ein Verneinen der Realität, geboren aus dem kindlichen Verlangen, alles im ganzen Universum mit seinen paar Gedanken steuern zu können.
„ich bin nicht aufgeregt“ oder „ich bin ganz ruhig“, Verneinen der Realität, das ist für mich einfaches Verdrängen, wenn ich tatsächlich damit etwas direkt erwarte.Regelmäßige Fokussierung des Bewusstseins auf einen positiven Verlauf, Glauben an die innere Kraft und den Kopf mit seinen Erwartungen heraushalten, ist wohl nicht ganz so kindisch. Was soll „Emotionen PASSEND beurteilen“ hier bedeuten? Entweder ich habe dabei die beschriebene Haltung, oder es tendiert doch mehr zum Verneinen der Realität.
Ganz toller Beitrag, Tim! Da fällt mir das Buch von Noelle Hancock ein (der Name des Buches leider nicht…). Sie widmet sich darin ein Jahr lang all ihren kleinen und großen Ängsten. Sehr lesenswert… Viele tolle Ideen, wie man Angst besiegen kann.
Und der Tipp, Angst in Beigeisterung umzuwandeln klappt bei mir super.
Ich lese wahnsinnig gern deine Texte, sie tun mir gut und geben mir ofte neue Denkanstöße. Lieben Gruß
Hey Tim,
sehr interessanter Artikel. Ich mag deinen Schreibstil einfach auch echt gerne.
Ich finde, es kann schon ins „positive Denken“ gehen, wenn man eigentlich voll in dem Gefühl der Angst ist und sich dann quasi einredet, dass es eigentlich nur Aufregung ist. Von meinem Gefühl her gehört hier vor allem der eine Schritt raus in eine Beobachterposition oder wie man die nennen mag dazu. Also dieser Schritt, bei dem ich mich dann nicht mehr voll mit meiner Angst identifiziere. Dann die Körperempfindungen wahrnehmen und sich sagen: oh, spannend, was da passiert, da ist voll der Aufruhr .. ich bin wohl aufgeregt! 🙂
Klingt in der Theorie immer so herrlich einfach ..
Liebe Grüße
Silke
Hallo!
Ich kämpfe seit ca. einem Jahr mit massiven Ängsten. Auf der Suche nach „Helferleins“ bin ich auf das Nervensystem gestoßen. Hier, alles was ich diesbezüglich zusammen getragen habe.
Angst ist ein Thema des vegetative Nervensystems. Daher glaube ich, dass es willentlich nicht zu steuern ist.
Ein überaktiver Sympathikus und ein zu wenig aktiver Parasympathikus machen Stress und Ängste bis Panik.
Den Parasympathikus zu stimmulieren kann helfen schneller sich v. der Angst zu befreien oder zumindest zu lockern. Also, den Sympathikus die Energie entziehen bzw. die Beiden auszugleichen.
-Also, den Speichel im Mund zum fließen bringen aktiviert den Parasympathikus. Kaugummi kauen oder mit der Zunge im Mund herum wandern.
-Ein großes Glas kaltes Wasser trinken.
-Tiefe Bauchatmung … unterhalb des Zwerchfells, stimuliert den Vagus Nerv, also auch d. Parasympathikus.( Nach der Ausatmung kurz die Luft anhalten.)
-Kreuzbein u. Schädelbasis stimulieren. (Massieren)
-Regelmäßige Meditation.
-Wenn das nicht geht, (Unruhe) dann Yoga.
Bewegung baut Stresshormone u. Muskelanspannung schneller ab, auch freier Tanz …
Liebe Grüße,
Sonja
Hallo Sonja,
ich habe auch mit Ängsten zu kämpfen, teilweise begleitet mit starker innerer Unruhe. Danke für deine Helferlein, ein paar davon kannte ich noch nicht. Ich hab die Erfahrung gemacht, dass mir Bewegung sehr gut hilft. Richtig auspowern, Schwimmen, Laufen, Fahrradfahren, am besten an der frischen Luft. Ich stelle mir dabei aktiv vor, wie die Stresshormone „verbrannt“ werden 🙂 Liebe Grüße Claudia
Ich finde es besser wenn man sich beruhigt und die Angst einfach “vergisst“. Feine Methode hilft bei mir nicht so viel!!!!
Toller Artikel, vielen Dank.
Hey Tim,
diese Technik wende ich schon länger an, z.B. bei Treffen, auf die ich keine Lust habe zu gehen oder auf i-welche langweiligen Tätigkeiten. Ich sage mir dann auch, dass wird voll toll, wenn ich das endlich hinter mich gebracht habe, dass macht Spaß… oh endlich sehe ich mal wieder Freunde, und mal sehen, was es wieder zum updaten gibt 😉
Hallo Tim!
Danke für Deinen Artikel.
Auch ich habe sehr lang unter einer Angststörung gelitten.
Was mir geholfen hat, ist das bewusste Erleben der Angst. Sprich sich seinen Ängsten zu stellen und durch die Angst zu gehen. Und jedesmal danach festzustellen, dass nichts passiert ist. Bisweilen sehr anstrengend und trotzdem wirkungsvoll. Vermeidung und Verdrängung sind nicht der richtige Weg. Dadurch wird die Angst noch schlimmer. Exposition lautet das Zauberwort. Und das macht einen unglaublich stark. Und mutig.
Sich positive Emotionen vorzugaukeln ist meiner Meinung nach Selbstbetrug. Jede Emotion hat ihre Daseinsberechtigung und will gesehen und gefühlt werden.
Herzlich,
Cathrin
Angst ist (ein) Symptom, ein (An-)Zeichen; es zeigt etwas an – und zwar Mangel an Seelen- / Bewußtseins-Energie, Mangel an Selbst-Bewußtsein / Selbst-Sicherheit, an Vertrauen / Zuversicht / Mut / Glauben / Liebe / Lebens-Energie, usw.
Bei den meisten Menschen der zivilisierten Gesellschaft ist das ein Dauerzustand, eine neurotische Angst- / Unsicherheits-Störung, die zwar grundlegend heilbar ist, aber es wird kaum darüber gesprochen.
Wer neurose-frei / -befreit (erlöst) ist, ist auch weitestgehend angstfrei.
Tut mir leid, ich muss dir widersprechen – ich finde es sogar gefährlich was du da schreibst!
Sicherlich, wenn es um einfache Dinge geht, wie die Angst vor dem Sprung ins Wasser zu überwinden, dann kann es mir helfen, mich auf meine eigentliche Begeisterung zu konzentrieren…
Aber mir Dinge einfach einreden?
Ich habe dazu mal eine Antwort in einem Artikel verfasst und dort auch meinen Gegenvorschlag gemacht: http://mondamo.de/topics/spirit/was-tun-bei-grosser-angst/
Diese Technik wurde von Virginia Satir in den 70er Jahren in zwei verschiedene Methoden eingebracht: in die systemische Therapie und das NLP. In diesen beiden Methoden heißt die Technik „Reframing“ (Umdeuten), und ist ein zentraler und erfolgreicher Bestandteil der Beratungstechnik. Dass man sie nicht überstrapazieren darf, hast Du bei „Freude“ und „Trauer“ aufgezeigt – im Reframing sagt man dazu, dass die „zumutbare Verstörung“ nicht überschritten werden darf, also ein gewisses Maximum bei der Veränderung des Blickwinkels nicht überschritten werden kann.
Liebe Grüße aus Österreich!
Gut geschrieben, danke.
Ich muss den Kommentaren in 2017 hier recht geben. Das Thema ist einfach zu ernst für oberflächliche Ratschläge und kann mit Kraft in eine ungünstige Richtung auch in erheblich schwerere Probleme führen.
Eine Emotion BESTEHT AUS Energie in Bewegung und sie ist einfach da wenn sie da ist. Auswirkungen sind ggf.:
1. Körperliche Empfindungen
2. Ausgelöste Gedanken, die die Emotion noch verstärken
Es gibt wohl im praktischen Leben immer wieder Situationen, in denen wir Emotionen erst mal wegschieben müssen. Und dazu verwenden wir sehr wohl aufgesetzte positive Gedanken. Wir können uns ihnen dann später erneut zuwenden, indem wir sie bewusst zulassen und die anhaftenden Gedanken hinterfragen. So können wir ungünstige Glaubenssätze zunehmend aufweichen und Blockaden abbauen, wenn die Energie durch den Körper abfliessen kann.
Die vorgeschlagene Methode allein und undifferenziert ist doch allzu kindisch durchsichtig, um damit längerfristig Nutzen erzielen zu können. Eher wird sie immer mehr Energie benötigen für die Verdrängungsaktionen.
Morgen lieg ich auf dem OP-Tisch. Nichts Gefährliches. Aber nur örtliche Betäubung, während ich mich ca. eine Stunde nicht bewegen darf. Und ich bin jemand mit viel zu viel Fantasie und hab drum immer schnell den Kopf voller Sorgen und Ängste. Im Verstand ist mir klar, dass die Sorgen falsch sind. Aber die Gefühle und Reflexe laufen Amok. Jetzt hab ich mir hier ein paar Artikel durchgelesen und hoffe, die helfen.
Aus: „Er stochert in meinem Bein herum. Das darf er nicht! Ich muss mich verteidigen, ihn k.o. schlagen (meine Reflexe). Ich darf nicht. Ich hab Angst.“
Mach ich dann ein: „Er tut es schon wieder. Super. Letztes Mal hat es sehr geholfen. Ich bin begeistert. Nachher kann ich wieder schmerzfrei gehen.“
Bin gespannt, ob das funktioniert.
Die Emotion, die dazu am besten passt: die Euphorie. Die kleine Schwester der Angst, das Pfeiffen im Neurochemischen Wald 😉