Teile diesen Beitrag "„Mehr“ heißt oft nicht „besser“ – Eine kurze Geschichte"
Eine kurze Geschichte:
Der Weise Narr Nasrudin ging zum Markt. Seinen Esel hatte er mitgebracht. Dieser schleppte eine Last Weintrauben, die Nasrudin den Leuten auf dem Markt schenken wollte.
Obwohl Nasrudin so viele Weintrauben hatte, gab er jeder Frau und jedem Mann, die darum baten, nur eine kleine Handvoll.
„Du bist ein Geizkragen, alter Mann!“, riefen sie.
„Aber nein“, antwortete Nasrudin. „Ich möchte damit eine Torheit veranschaulichen. All diese Weintrauben hier schmecken gleich. Wenn ihr ein paar gekostet habt, wisst ihr auch, wie alle anderen schmecken. So ist es gleichermaßen wertvoll, ob man viele Trauben bekommt oder nur ein paar.“
Würden die Leute mehr von Nasrudin haben wollen, würden sie ziemlich kämpfen müssen. Besser dran wären sie dann aber nicht unbedingt.
Gilt das nicht auch noch für viele andere Dinge als Weintrauben? PS, QM, EUR?
Photo: Ratana Limnararat
Moin Moin!
Ganz toll Tim, macht heute morgen wieder viel Spaß von dir zu lesen.
Du weißt ja, dass auch ich auch kein Fan von „mehr“, „besser“ ets. bin. Ich würde auch der Aussage des obigen Textes sofort zustimmen. Nun bin ich aber gerade beim Lesen auf eine Frage gestoßen, die mich sehr nachdenklich macht:
Wenn wenige Weintrauben den gleichen Wert haben wie viele, weil man nach einigen den Geschmack von allen kennt – sind dann auch wenige Lebenstage auf der Erde genau so viel wert wie viele?
Liebe Grüße
Norman
PS: War er wirklich ein weiser Narr oder war das sein Vorname? 😉
Hi Norman,
thx!
Deine Frage … hmmm … meine erste Idee war: naja, muss ja dann so sein. Aber dann dachte ich daran, dass sich unsere Tage ja nicht wie Weintrauben gleichen, sondern unheimlich vielfältig sein können, sodass ein einziger Tag nicht einen anderen ersetzen kann. Damit wäre meine Antwort: auf die Lebenstage trifft das nicht zu.
Was meinst Du?
Und Nasrudin, der hieß Mulla mit Vornamen, aber er wollte auch selbst immer gern weiser Narr genannt werden, das war so sein Ansatz.
LG und n schönen Freitag!
Tim
Ja stimmt, es gibt Tage, die sind sehr süß und welche, die sind sehr sauer 😉 (kommt das nicht auch bei Trauben vor?)
Ich muss jetzt aber irgendwie an „Gerechtigkeit“ denken.
Es gibt ja solch schlimme Fälle, wo zum Beispiel Kinder schon früh sehr krank werden und sterben. Wenn ich darüber Berichte sehe, habe ich den Eindruck, dass diese Kinder sehr „erwachsen“ und teilweise sogar weise erscheinen. Kann es sein, dass hier der Inhalt eines Lebens in wenige Jahre verpackt wird?
Wäre es nicht ein schöner Gedanke zu wissen, dass trotz der Unsicherheit über die Länge unseres Lebens und die vermeintlich ungerechte Verteilung von Lebenszeit trotzdem die Möglichkeit bestünde am Ende auf einen ähnlichen Stand kommen zu können?
(Hier eröffnen sich dann eine ganze Reihe weiterer Fragen. Umfasst das Leben jedes Einzelnen vielleicht genau so viel Zeit, wie er braucht um auf ein gewisses Level zu kommen? Gibt es ein Mindestmaß an Lebensinhalt das jedem vermittelt wird?…)
Dazu passt aber leider nicht, dass auch Babys sterben =(
Aber es passt dazu, dass man ja ein sehr langes Leben haben kann und am ende wirklich wenig gelebt haben kann, da man viel sein Lebenszeit an Dinge verschenkt hat, die am Ende wenig Wert haben (Reichtum, Macht und Anerkennung etc.).
Ich muss auch an Seneca denken, der sagt:
“Wir haben nicht zu wenig Zeit, sondern wir vergeuden zuviel. Das Leben ist lang genug und reicht auch zur Vollendung der größten Aufgaben aus, wenn es im ganzen recht angewendet wird.“ (L. A. Seneca)
Dir auch einen schönen Freitag!
Norman
„It’s better to burn out than to fade away.“ – Kurt Cobain
„Live fast, die love hard, die young.“ – Janis Joplin
Liest sich nett, dafür sind die beiden ja auch nie so alt geworden wie ich es heute bin. Und das mit den Trauben ist so: Wenn jeder Tag eine Traube wäre, dann gäbe es immer die Sehnsucht nach einer noch süßeren und wohlschmeckenderen Traube. Weil die Sehnsucht das ist, was den Menschen am Leben halt. Wer sich nach nichts mehr sehnt ist tot. Auch wenn er danach noch 50 Jahre weiter lebt.
Was Materielles angeht, gebe ich dir absolut Recht. Mehr ist nicht immer besser. Ich brauche nicht mehr PS, mehr Euros, mehr Dinge.
Wobei ich Geiz auch als sehr unangenehme Eigenschaft eines Menschen ansehe und mich von geizigen Menschen fernhalten. Großzügigkeit, nicht nur, aber auch in materiellen Dingen, bedeutet für mich, das mir der Mensch, gegenüber dem ich großzügig bin, wichtig ist. Ich mag es nicht, Gefälligkeiten, Geschenke und ähnliches gegeneinander aufzurechnen.
Wenn Narr nun nicht allen Menschen ein paar Weintrauben gegeben hätte, sondern den paar Menschen, die ihm wirklich wichtig sind, wären die Weintrauben dann nicht wertvoller für die, die sie bekommen? Besser als das „Gießkannenprinzip“, das er angewendet hat? Zumindest, wenn die Menschen die Weintrauben nicht brauchen, um nicht zu verhungern.
In vielerlei nichtmaterieller Hinsicht ist „mehr“ aber „besser“. Mehr Liebe, mehr Geduld, mehr Freunde, mehr Zeit, mehr Ruhe.
Liebe Grüße und TGIF!
Arizona
Hallo Tim,
schöne Geschichte! Das uns Geld und materielle Dinge glücklich machen, das suggeriert der Gesellschaft das System (Politik, Bildungssystem und Industrie). Und wenn man nicht feststellt, das diese materialistischen Sachen nur kurzfristig glücklich machen, ist auf dem Holzweg. Glück ist eine Einstellungssache und kann nie abhängig von Dingen und Geld sein.
Wer zum Thema Glück noch etwas lernen will, darf gerne mein Video anschauen: http://www.youtube.com/watch?v=MVs2-2VMPYQ (Teilen ausdrücklich erwünscht!).
Weiterhin so schöne Impulse und Beiträge – Danke lieber Tim 😉 Es müsste noch mehr Tim`s mit solchen Webseiten geben …
Mit den besten mentalen Erfolgsgrüssen,
Swen-William 😉 Wenn Du es träumen kannst, dann kannst Du es auch: „Einfach tun!“
Ha!,Mehr ist nicht besser! Genau! Danke, dass ich das gerade jetzt lesen darf!!! :-*
Das alte Ding mit Quantität vs. Qualität. 🙂
Aber ist es nicht ganz natürlich, dass man mehr von etwas haben will, wenn es gut ist? Das scheint mir grundlegend menschlich zu sein, sonst könnte man z.B. nicht süchtig werden. Man kann ja nach allem möglichen süchtig werden, das hat nichts mit Drogen direkt zu tun.
Simpler bekannter Satz: „Weniger ist mehr“. In vielen Bereichen des Lebens erkenne ich das, zumindest für mich, als „richtig“. LG