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Sascha Seifert macht Filme und lebt davon. Sein neuestes Werk heißt: „SLOW. Langsam ist das neue Schnell – ein Schneckentag“. Was man von der Hauptfigur des Films, einer Weinbergschnecke, lernen kann, warum Langsamkeit wichtig ist und über mehr spricht Sascha mit mir im myMONK-Interview.

Vorab schon mal der Trailer zu seinem Film SLOW, der am 23.05. überall in die Kinos kommt:

Hi Sascha, ich freu mich, dass ich Dich und das Filmprojekt SLOW den myMONK-Lesern vorstellen darf. Wie geht’s Dir gerade?

Mir gehts super gut. Wenn der eigene Film ins Kino kommt fühlt man sich als Filmemacher immer super gut! Und gleich mal: Danke für das Interview.

Danke für das Interesse am Film!

Wo und wie lebst Du heute? Und was siehst und hörst Du um Dich herum?

Ich wohne und arbeite in Stuttgart und habe das Glück, dass es zum Stadtwald wirklich nur ein Katzensprung ist. Das schätze ich sehr und genieße diesen Zugang zur Natur so oft ich nur kann.

Um mich herum sehe und höre ich dieser Tage Frühling und Aufbruch. Erste Triebe und viele Blüten an den Bäumen in den Wäldern und Gärten. Frösche im Teich und an den Wegen … Vögel überall ab 5 Uhr morgens … Da weiß ich wieder warum wir unseren Lebens- und Arbeits-Schwerpunkt an den Waldrand verlegt haben 🙂 Der Frühling ist in dieser Umgebung für uns jedes Jahr ein echtes Highlight.

Magst Du uns kurz was über Deinen Weg erzählen? Woher kommst Du, was liegt Dir und was liegt Dir am Herzen?

Vom Journalisten über die Kinobranche zum Filmemacher, das ist mein Lebensweg in einem Satz. Wenn ich versuche das inhaltlich zusammenzufassen, dann liegen mir inspirierende Inhalte im Spannungsfeld zwischen Kultur, Spiritualität, Geographie/Politik, Ernährung, Wirtschaftsereignissen und Natur am meisten am Herzen. Da in der Welt Themen zu entdecken, aufzugreifen, zu inszenieren, zu verbreiten und der Öffentlichkeit zugänglich machen, das treibt mich an. Natürlich frage ich mich dann auch mal, warum ich mir dies oder jenes herausfordernde Projekt nun wieder angelacht habe, aber wenn ich dann sehe, wie etwas seinen Platz in der Welt findet, gibt mir das sehr viel zurück und macht mich glücklich.

Und wie kamst Du auf die Idee zu SLOW?

Ich suche immer nach guten Wegen das, was ich den ganzen Tag sehe auch für andere sicht- und erfahrbar zu machen. Zum Beispiel eben gerade Tiere und Natur vor meiner Haustür. Das ist auch eine Welt die mich schon seit meiner Kindheit permanent fasziniert. Als mir bei einem Dreh im Wald um die Ecke hier in Stuttgart klar wurde das gerade die Schnecken der lebendige Beweis dafür sind, welch‘ gigantische Kraft und verzaubernde Ästhetik in der Achtsamkeit, der Langsamkeit steckt, da begann die Geschichte des SLOW-Projektes.

Der Film war eigentlich schon immer in mir angelegt, er entspricht mir, nur war mir das lange Zeit nicht bewusst. Meine Begeisterung für unsere Natur vor der eigenen Haustüre hat tatsächlich eine gewisse Reifezeit gebraucht, um zu dem Film werden zu können, der seine Hauptakteure ihre grazile Langsamkeit so achtsam leben lässt. Jetzt fühlt es sich sehr stimmig an. Ich kann es kaum glauben, dass der Film nun schon in wenigen Wochen in die Kinos kommt.

Worum genau geht’s in SLOW?

SLOW ist ein Kinofilm, der zugleich Dokumentarfilm, Tierportrait und cineastische Meditation ist.

Der Schlüssel zum fairen und zukunftsfähigen Umgang mit uns und unserer Welt ist auch die Frage nach der Zeit und Geschwindigkeit, die wir bereit sind für dringende und drängende Prozesse einzusetzen finde ich. SLOW führt uns in eine entschleunigte Welt direkt vor unserer Haustüre und ganz nahe an die verzaubernde Langsamkeit unserer heimischen Schnecken heran. Ein Erlebnis purster Natur, für das ich Menschen die Augen öffnen möchte.

Wie ist der Film entstanden?

Wir haben drei Jahre gedreht, geschnitten, produziert. Direkt in den Gärten und Wäldern um die Ecke von unserem Büro. Wir haben dabei ganz bewusst keine Aufnahmen gestellt oder aufwendig ausgeleuchtet. Wir haben einfach viel Zeit drauf verwendet die Tiere in ihrem natürlich Lebensraum zu beobachten und zu filmen.

Warum wird LANGSAM immer beliebter?

Wird es das wirklich? Ich habe eher das Gefühl das wir als Species Mensch unsere Leben immer mehr beschleunigen.

Weil so viele Tonangeber gerade unserer westlichen Gesellschaften noch immer den falschen Göttern huldigen. Da gilt unreflektiertes Wirtschaftswachstum als einziges Ziel, gebaut werden dabei starre Strukturen statt flexibler Formen. Angst vor Neuem Denken wird geschürt. Dazu kommen Kontroll- und Sicherheits-Wahnwitz, Schönrechnerei, Mangelde Achtung vor dem Leben etc. etc.

Noch immer scheint oft zu gelten “Wer hetzt hat schon keine Zeit zum Nachdenken”. Leser, die mal mit dem Auto selbst am Steuer für zwei Stunden in der allgemeinen Sonntags-Rangelei auf der Autobahn von A nach B unterwegs waren und sich hinterher bewusst überlegt haben auf was sie dabei die meiste Zeit fokussiert waren wissen ziemlich genau was ich meine. Und das läuft dann unter Sonntags-Ausflug. Ein Tag der zur Entspannung da ist. Reisen statt Rasen fühlt sich ganz sicher anders an. Die Idee von Qualität und bewusster Langsamkeit ist für mich gesellschaftlich noch lange nicht nicht weit genug verbreitet.

Aber ja, es wird heute zumindest mehr davon geredet als noch vor einiger Zeit und ich hoffe das wir mit dem Film SLOW dazu beitragen können auch den SLOW-Gedanken an sich weiter zu verbreiten.

Welche Rolle spielt die Natur für die Entschleunigung?

Eine sehr große.

Die Natur ist eine unglaublich machtvolle, sehr gut zugängliche Resource zur Entschleunigung.

Die Japaner nennen den Effekt von Natur Shinrin-yoku was sich ungefähr mit “Baden in Waldluft” übersetzten lässt.

Aber Achtung liebe Leser 🙂 Ihr solltet das nicht unbedingt mit der klassischen Deutschen Wanderung gleichsetzen. Auch mit Joggen oder jedem anderen Wald-Weg-Sport hat das nur bedingt was zu tun. Pfunde wegtrainieren ist eine Sache. Wirklich entschleunigen ist eine andere.

Es geht bei der Idee von Shinrin-yoku vielmehr um einen achtsamen Umgang mit der Natur. Laufen,

wahrnehmen was einen wirklich umgibt. Achtsam sein. Natur wirklich wahrnehmen. Ohne Reden. Ohne iPod. Ohne Telefon. Kein Leistungsdruck in irgendeiner Form dabei.

Am Besten auch mal in aller Ruhe wo lang gehen wo niemand oder zumindest kaum jemand ist.

Der in meinem Film zitierte Buddhistische Mönch Thich Nhat Hanh praktiziert bei seinem Retreats immer die sogenannte Gehmeditation. Langsames, bewusstes gehen. Den Weg als Ziel bewusst wahrnehmen.

Die Natur kann bei solchen Übungen sehr helfen. Rein physikalisch gesehen absorbiert eine Menge von Büschen und Bäumen beispielsweise Gräusche. Darum sind mitten im Wald viele Zivilisationsgeräusche weg oder zumindest nur noch sanft wahrnehmbar. Das hilft beim Entspannen. Und die Pflanzen geben uns Menschen frische Luft. Das merken wir wohhltuend beim atmen. Zusammen sind das schon mal zwei gute Voraussetzungen um zu Entschleunigen. Der klassichen Bergwander-Effekt eben den viele Leute sicher kennen. Eigentlich macht man nichts außer 1, 2 Tage den Berg hoch- und runterlaufen. Über Steine, vorbei an Tannen und Kiefern. Und trotzdem fühlt man sich am Ende absoult entspannt. Das schafft ein klassischer Strandurlaub in vielen Fällen nicht so gut wenn wir ehrlich sind. (Was nicht heißen soll das im Meer Baden keine spaßige Sache ist! 🙂 )

Wenn man der Natur selbst wirklich Raum gibt merkt man schon nach einer Weile wie gut das tut.

Ganz tief im Innern. Aber der Mensch muß sich dafür eben öffnen und das auch zulassen wollen. Wer mit der eignen Wahrnehmung dabei ein bisschen spielt kann sich so auch seine ganz eigene Entspannungs-Technik zulegen. Da hilft dann mitunter auch schon der eine Baum im Park um die Ecke für die Mittagspause richtig weiter.

Die Hauptdarstellerin in SLOW ist eine Weinbergschnecke. Was kann man von ihr lernen?

Das die wahre Kraft in der Ruhe liegt.

Es gibt ja diese Aussage, das Katzen die wahren Zen-Meister sind. Und wenn ich unsere Büro-Katze so angucke dann ist das sicherlich richtig was dran.

Aber nach 3 Jahren Schnecken durch die Kamera beobachten glaub ich auch: Katzen mögen Meister sein, die wahren Yodas sind Schnecken 🙂

Was empfiehlst Du jemandem, der sein Leben entschleunigen will, aber gar nicht weiß, wo er ansetzen soll?

Weil wir’s oben davon hatten, zunächst mal: Shrin-Yoku ausprobieren 🙂

Ansonsten:

Durchatmen.
Achtsamkeit.
Immer wieder zurück in den Moment. Was mach ich grade?
Wie mach ich es?
Warum mach ich es?

Da ergeben sich schon von ganz alleine die richtigen Fragen und die richtigen Antworten darauf. Dann muß der Menschn natürlich ehrlich sein im Umgang mit dem was er dabei über sich lernt.

Gut ist auch von der Theorie in die Praxis kommen:

Konkret mal ein, zwei Meditations-Techniken ausprobieren und die in den Alltag integrieren die am Besten funktioniert. Da gibt es Kurse, Bücher, auch online oder als Apps werden viele Sachen angeboten. Oder ein Wochenend-Seminar besuchen. Für all das muß man nirgends gleich Mitglied werden oder sich für eine Religion entscheiden.

Oder eben Yoga machen, was ja kurz gesagt auf eine Art auch nix anderes als Gymnastik in Verbindung mit Achstamkeitsübungen ist.

Einfach nur mal bewusst still hinsitzen am Sonntag nachmittag kann auch nicht schaden.

Und dabei: Telefon aus! Internet aus! TV aus! Wer das 10 Minuten durchzieht ist auf dem richtigen Weg.

Aus dem Hamsterrad der Angestelltenwelt auszusteigen ist ein Weg, sein Leben langsamer zu machen. Was würdest Du würdest Du einem Freund sagen, der mit Dir an einem Frühlingsmorgen auf einer Bank sitzt, auf einen See blickt und Dir erzählt: „Ich habe einen großen Traum, ich will aussteigen und in Ruhe mein eigenes Ding machen, aber mir fehlt der Mut“?

Hm … da könnte ich jetzt locker ein Buch drüber schreiben. 🙂

Ich versuch es stattdessen mal mit meinem vier Lieblingszitaten zusammen zu fassen:

„All jene die versuchen Freiheit gegen Sicherheit einzutauschen werden nichts von beidem erreichen.“ Benjamin Franklin

„Das Geheimnis von Freiheit ist Mut.“ Perikles

(Das Symbol steht für die Silbe OM aus der Sanskrit-Sprache und ist bei Leuten die Yoga machen sehr häufig verwendet. In der Meditation wird es seit Jahrtausenden verwendet um Körper, Geist und Seele zur Harmonie zu bringen. Und ohne zumindest irgendeine Art von Harmonie geht gar nix.)

Namaste. (Das Wort Namaste ist als Grußwort vor allem in Indien gebräuchlich und drückt Ehrerbietung für einen anderen Menschen aus. Wörtlich übersetzt heißt es „Verehrung Dir“. Ein Ausdruck von Achtung für den gegrüßten Mitmenschen, den wir hier in Deutschland heute kaum zum Ausdruck bringen. Obwohl es gerade in unserem Alltagsleben sehr wichtig ist anderen Menschen tief schauend zu achten damit überhaupt einen wirkliche Beziehung entstehen kann. Und die ist ja dann wichtige Grundlage für alles Weitere. Eben zum Beispiel im Geschäftsleben …)

In diesem Sinne: Vertrauen auf die eigenen Fähigkeiten. Denken. Fühlen. Einfach machen. Und dabei Achtsam sein. Mit sich selbst. Und mit dem was entlang des Weges passiert.

Du hast verschiedene Unternehmen (mit-)gegründet. Was sind Deiner Erfahrung nach die drei wichtigsten Dinge, die eine erfolgreiche Gründung ausmachen?

Auch hier sind glaub ich Zitate der besten Weg viel zu sagen ohne zu viele Worte:

“Done ist better then perfect.” (Quelle unbekannt; hängt auf jeden Fall in den Facebook HQs an der Wand)

“Be yourself the change you want to see in the world.” (Mahatma Gandhi)

“No story, no fun.” (Mouna)

Und welche häufigen Fehler?

Zu denken, dass die Arbeit weniger wird. Zu denken, dass man damit schnell reich werden kann. Zu denken, es ginge nicht um die Sache an sich. Aller wirklich erfolgreichen Unternehmer haben eine Vision; auch egal was man von der individuell halten mag. Aber sie haben eine Vision. Ohne Vision geht nix. Aber das ist ja der Punkt: Wer einer Vision folgt wird Arbeit nicht als Arbeit empfinden. Und Geld wird zweitrangig. Allerdings sollte man darüber nicht vergessen sich auch mal zu entspanne. Zum Beispiel in der Natur …

Wie findet man Mitstreiter und Unterstützer, die Du ja auch für Deine Filmprojekte meistens brauchst?

Bisher hat sich das immer über die jeweils vorhergehenden Projekte ganz gut ergeben.

Es hilft aber dabei immer in Bewegung zu bleiben und zu wissen was man will. Körperlich, geistig. Aber gute Freunde und Mitstreiter kann man nie genug haben.

Wer Interesse hat was zu bewegen soll sich gerne jederzeit melden. Jetzt! 🙂

Wo können die Leser mehr über Dich und SLOW erfahren?

Am Besten unter www.slowthefilm.com anfangen. Die Seite linkt zu all unseren Webinhalten.

Wer weiter ins Detail will kommt zu einer der Vorstellungen wo ich anwesend bin (Termine: Online) oder schreibt mir eine Nachricht.

Wann läuft der Film an? Wo kann man ihn sehen?

Ab 23. Mai 2013 ist SLOW überall im Kino.

Etwas später gibt es dann SLOW sicher auch als VOD/Online-Programm und als DVD. Wir kommunizieren die Infos dazu immer zeitnah über alle Online-Kanäle.

Herzlichen Dank und viel Erfolg mit SLOW. Ich werde ihn mir auf jeden Fall anschauen.

🙂 Ich danke vielmals! #slowsome #slow Wir sehn uns im Kino!