Teile diesen Beitrag "Die „4 Ohren“ der Kommunikation sollte jeder Mensch kennen"
Eine einzige, zunächst vielleicht harmlos wirkende Aussage transportiert eine ganze Reihe von Wünschen, Klagen, Gefühlen und Aufforderungen mit. Hinein in unseren Geist, gemein wie ein trojanisches Pferd. Oder komplett dran vorbei.
Gut, wenn wir diese Botschaften bewusster wahrnehmen und einordnen können. Dann verstehen wir den anderen, seine Welt und seine Bedürfnisse viel besser. Dabei helfen Kommunikations-Modelle. Ein Klassiker unter ihnen ist das “Vier-Ohren-Modell” von Friedemann Schulz von Thun.
1. Das Sach-Ohr: Worüber spricht er/sie?
Auf dieser Ebene hören wir die rein sachliche, neutrale, wortwörtliche Information des Satzes. Wenn wir nur sie verstehen, kann es problematisch werden. Dass hinter dieser Aussage noch etwas anderes steht, eine Bitte zum Beispiel, können (oder wollen) wir dann nicht hören.
Sie: „Du, der Mülleimer ist jetzt vohoolll.“
Er: „Ja, stimmt. Cool.“
(Sie: läuft rot an, holt den Hammer und muss den Müll nun in Zukunft wohl wirklich immer selbst runterbringen.)
2. Das Selbstoffenbarungs-Ohr: Was offenbart er/sie über sich?
Bewusst oder unbewusst, freiwillig oder unfreiwillig – wir kommunizieren stets mehr als nur die nackten Fakten. Wann immer Menschen den Mund aufmachen, enthüllen sie sich selbst. Nicht unbedingt so komplett wie der Typ im Park neulich, der unter seinem Mantel irgendwie sehr wenig trug. Zumindest ein kleines Stück Seelen-Haut zeigen sie aber immer. Wie blinde Passagiere steigen die Selbstoffenbarungen in unsere Aussagen ein und reisen zum Gegenüber.
Mit dem zweiten Ohr versuchen wir zu interpretieren, in welcher Stimmung der Sprecher ist und was sonst über ihn, seine Persönlichkeit oder Wünsche deutlich werden könnte.
So kann ein „Da ist etwas Grünes im Essen“ offenbaren: Ich weiß nicht, was das ist. Es könnte jedoch auch bedeuten: Ich mag dieses Essen nicht, das ist eklig, bitte nimm es weg.
„Wie man Sorgen, Stress und Selbstzweifel loslässt“
3. Das Beziehungs-Ohr: Wie steht er/sie zu mir?
Mit dem dritten Ohr wollen wir heraushören, ob uns der Sprecher mag, und ob er sich zum Beispiel über unseren unangekündigten Besuch freut oder tierisch genervt ist, trotz aller gegenteiligen Bekundigungen („Meeeensch, tooooll, komm doch rein, dass hat echt gar nichts zu bedeuten, dass ich die letzten Jahre nicht ans Telefon gegangen bin und neulich einfach losrannte, als Du meinen Namen gerufen hast!“).
Körper und Tonfall sagen mehr als Worte. Respektiert mich der andere? Will er mich bevormunden? Lehnt er mich ab? Liebt er mich?
4. Das Appell-Ohr: Was will er/sie von mir?
Wir sprechen, weil wir etwas bewirken wollen. Den Hörer dazu veranlassen wollen, dass er etwas tut oder bleiben lässt. Offen in Form von Bitten oder Aufforderungen. Oder verdeckt als Manipulation. Mit dem vierten Ohr fragen wir uns: „Was soll ich jetzt denken, fühlen oder machen?“
„Ach, ist’s hier warm“ könnte heißen: Mach das Fenster auf. Oder aber: Komm, zieh mich aus. Oder: Das Urlaubsziel, das Du ausgesucht hast, ist kacke, lass mich nächstes Mal wieder entscheiden.
Richtig gewichtet
Ginge es nur um Worte, wäre die menschliche Kommunikation wohl um einiges leichter. So hingegen ist sie ein Dschungel, in dem Missverständnisse und Widersprüchlichkeiten sprießen und so riesig werden können, dass war gar nichts mehr sehen und uns verlieren.
Das beste Mittel, um eine klare Sicht zu gewinnen, die Machete im Dickicht: einfach nachfragen.
Wie geht es Dir damit? Was wünschst Du, das ich für Dich tue?
… und dann mit vier Ohren zuhören.
Wie der Autor Italo Calvino sagte: „Es ist nicht die Stimme, die unsere Geschichte steuert; es ist das Ohr.“
Mehr unter Mund-Minimalismus: Achtsam sprechen oder einfach mal die Schnauze halten und unter Achtsames Zuhören.
Photo: Listening / Shutterstock
Ein Klassiker unter den Kommunikation Seminaren. Das Kommunikationsquadrat.
Was würde wohl ein Gehörloser dazu sagen?
Davon abgesehen, das ist mir alles viel zu anstrengend. Meine Institution hat mich bis dato noch nie im Stich gelassen.
Liegt wohl daran, dass ich von Anfang an bezüglich meines Gegenüber zuhöre und nicht nur hin höre.
Das was ich höre, ist das was gesagt wurde, das was gesagt wurde, ist das was gedacht wurde.
wünsche allen, die mit diesem Kommunikationsquadrat sprich 4 Ohren System arbeiten möchten, viel Erfolg.
Das ist wirklich ein sehr schönes Modell, mit dem man sehr vieles verstehen und erklären kann. Vor allem hilft einem das Modell dabei, in Konfliksituationen ruhig und konstruktiv zu bleiben, denn man weiß, wo die Ursache des Problems liegen könnte … Missverständnisse beruhen ja erstaunlich oft darauf, dass jemand beispielsweise das Sach-Ohr ansprechen wollte, aber mit dem Beziehungs-Ohr gehört wurde.
Das Buch „Miteinander Reden Teil 1“ von Friedemann Schulz von Thun ist zwar schon über 30 Jahre alt, aber lohnt sich definitiv! Hätte ich gerne schon in der Schule gelesen (und dafür kein Goethe oder so).
was mir bei diesem Kosntrukt fehlt – und das scheint mir ein sehr wichtiger Teilaspekt der Kommunikation zu sein – ist die Frage nach dem, wie das Gesagte beim Rezipienten wirkt. Das beschriebene Modell betrachtet beim Zuhören nur den Sprecher. Der Hörer wird als neutral vorausgesetzt. Ein neutrales Ohr gibt es aber nicht. Alles was hören, mehr noch, alles was wir wahrnehmen bewerten wir vor dem Hintergrund der Erfahrungen die wir gemacht haben.
Sehr guter Einwand Dieter
Der Hörer wird als neutral vorausgesetzt…
Somit und daher zerlegt sich bei genauerer Betrachtung dieses Konstrukt von selbst.
Die 4 Aspekte gibt es sowohl bei der Nachricht, als auch beim Empfänger. Die Nachricht hat 4 Seiten und der Empfänger hat 4 Ohren. Der Hörer ist nicht neutral weil er mit seinen 4 Ohren unterschiedlich gut hört.
Bei dem Hörer wird vorausgesetzt dass diese vier Teilaspekte wahrgenommen werden dies ist jedoch unter Umständen überhaupt nicht möglich aufgrund seiner Erfahrungen die er in seinem Leben gemacht hat. Bedeutet er hat überhaupt gar keinen Zugang zu dem einen oder anderen Aspekt den er wahrnehmen könnte aber vermutlich überhaupt nicht wahrnehmen wird.
Die Existenz der vier Aspekte bedeutet nicht gleichzeitig dass sie wahrgenommen werden sprich gehört werden können.
Ja klar. Das Modell sagt nicht, dass die 4 Ohren bei jedem Menschen (voll) funktionstüchtig sind – es sagt nur, dass es grundsätzlich diese 4 Ohren geben kann und dass diese 4 Ohren bei Menschen unterschiedlich stark ausgeprägt sein können.
Richtig – bedeutet das der eine oder andere nur 1, 2, 3 oder 4 Aspekte wahrnimmt.
Daher, was mich persönlich betrifft – nicht interessant genug. Da Konflikte bereits vorprogrammiert sind.
Darüber hinaus kann vieles missinterpretiert werden, bei nur teilweiser und somit nicht vollständiger Wahrnehmung der gegebenen 4 Aspekte.
Ich verstehe natürlich – was dieser Artikel ausdrücken möchte.
Trotz allem oder gerade deshalb, höre weiter auf mein Bauchgefühl 🙂
Die Diskussion/Kommentare über diesen Artikel, bestätigen im übrigen die unterschiedlichen Wahrnehmungen des – hören – verstehen – und interpretieren.
Ich finde das Konzept wertvoll, da es der Bewusstwerdung dienen kann. Wie so oft stützt sich Bewusstwerdung auf Fokussierung.
Natürlich ist nicht jeder bereit, sich immer wieder selbst zu beobachten in vier Perspektiven, wie seine Wahrnehmung funktioniert. Man denke nur an das männliche Prinzip, das einfach schnell Fakten und Zusammenhänge erkennen will. Klarheit und Sachlichkeit in Wort und Ausdruck, ohne „sinnloses“ Herumeiern oder Füllworte wie z.B. „eigentlich“. Tatsächlich versteht so ein Sachmensch, der auch noch gerne Wortdefinitionen diskutiert, oft seine Frau weniger. Beim weiblichen Prinzip geht es eben mehr darum, Stimmung zu transportieren, die dann emphatisch zurück reflektiert werden kann. Der Inhalt ist dann eher nicht das Wichtigste, obgleich den Gefühlen ja Gedanken und Worte folgen.
Auch sind die Menschen wohl recht unterschiedlich konditioniert. Manchem ist das, was im Magen (Solar Plexus) abgeht gar nicht bewusst und die gesamte Energie konzentriert sich beim Austausch auf die mentale Ebene. Manch anderer liefert seine Botschaft hauptsächlich durch seine Ausstrahlung ab und kommt an, obwohl für viele (dort weniger konditionierte) die Einschätzung rein mental erfolgt, wo dann oftmals wenig Inhalt aufzufinden ist. Menschen, die mental weniger stark konditioniert sind, formulieren ihr Anliegen oft unklarer oder gar nicht mit Worten.
Klar werden Kopfmenschen das Konzept mental anwenden, die vier Seiten durchgehen, um dann durch Fragen mehr zu erfahren. Wohl mit unterschiedlichem Erfolg. Nicht immer kann das bereits in drei anderen Kanälen Übermittelte nun auch noch im sachlichen Kanal einwandfrei, schlüssig und auf den Punkt nochmal geliefert werden.
Der Empfänger tut gut daran, jene ihm eher unbewussten Kanäle auch selber zu aktivieren, auch wenn er bislang eher herabschauend war mit seiner Sicht. Insbesondere können bei Menschen mit mehr Empathie auch mehr Informationen ankommen.
LG Richard