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Wenn die Achtsamkeit etwas Schönes berührt, offenbart sie dessen Schönheit. Wenn sie etwas Schmerzvolles berührt, wandelt sie es um und heilt es.
– Thich Nhat Hanh

Schau nur, wie sie vorbei ziehen
die Sekunden
und Minuten
und Stunden
und Tage
und Wochen
und Monate
und Jahre.

Sie ziehen vorbei und nur zu oft bleibt nichts zurück als das Gefühl, etwas zu verpassen, den Moment, den Sommer, unser Leben.

Wann hast Du das letzte Mal beobachtet, wie die Sonne auf- oder untergeht?

Wann hast Du das letzte Mal gesehen, wie sich die Blätter am Baum im Wind bewegen?

Zugehört, wie ein Vogel singt?

Gespürt, wie sich dein kleiner rechter Zeh anfühlt?

All der Stress, all die kleinen und großen Aufgaben, all die Rechnungen, Ellenbogen, Kopfschmerzen, schlaflosen Nächte, Ängste, Sorgen und Nöte. Getrieben von Gedanken an vorhin oder gestern, an gleich oder morgen, vertrieben aus uns selbst und der wenigen Zeit, die uns das Wunder des Lebens schenkt.

Festhalten können wir sie nicht, die einzelnen Momente. So, wie wir die Wolken nicht festhalten können.

Was wir jedoch können, ist: an ihnen wirklich teilhaben, sie intensiv erleben, in ihnen ankommen und zuhause sein, solange sie da sind.

Möglich wird das mit Achtsamkeit.

Wie Dir Achtsamkeit helfen kann

Achtsamkeit ist eine Form der Aufmerksamkeit. Sie unterscheidet sich von der Konzentration. Während wir unseren Blick bei der Konzentration verengen, passiert bei Achtsamkeit das Gegenteil – wir stellen unsere Aufmerksamkeit weit für alles, was wir wahrnehmen können. Bei der tranceartigen Konzentration ziehen wir uns gewissermaßen von der Welt zurück, bei der hellwachen Achtsamkeit öffnen wir uns ihr, werden wir eins mit. Deshalb wird Achtsamkeit auch als „offene Weite“ oder „Panorama-Bewusstheit“ bezeichnet.

Achtsamkeit ist im Buddhismus verwurzelt. Erst seit etwa fünfzig Jahren entdeckt die westliche Medizin sie mehr und mehr. Inzwischen haben Wissenschaftler nachgewiesen, wie heilsam Achtsamkeit und darauf basierende Praktiken und Therapien sind.

Achtsamkeit

  • lindert Depressionen
  • verringert das Risiko von Rückfällen bei Suchtkranken
  • senkt Stress
  • hilft uns, die eigenen Emotionen besser zu regulieren
  • erhöht die Stimmung und Lebenszufriedenheit

Üben können wir sie nicht nur, wenn wir auf einem Kissen sitzen und meditieren, sondern auch jederzeit im Alltag, wie Thich Nhat Hanh schreibt:

Ihr solltet Meditation üben beim Gehen, Stehen, Liegen, Sitzen und Arbeiten, beim Händewaschen, Abspülen, Kehren und Teetrinken, im Gespräch mit Freunden und bei allem, was ihr tut. «Wenn ihr abwascht, denkt ihr vielleicht an den Tee danach und versucht, es so schnell wie möglich hinter euch zu bringen, damit ihr euch setzen und Tee trinken könnt. Das bedeutet aber, dass ihr in der Zeit, wo ihr abwascht, nicht lebt. Wenn ihr abwascht, muss der Abwasch das Wichtigste in eurem Leben sein. Und wenn ihr Tee trinkt, dann muss das Teetrinken das Wichtigste auf der Welt sein.» Und so weiter.

Es folgen zehn einfache Wege zu mehr Achtsamkeit und weniger Stress.

#1. Achtsam atmen

Das Einatmen bewusst wahrnehmen, das Ausatmen bewusst wahrnehmen … „ich atme ein“ … „ich atme aus“.

Klingt einfach und ist es – auch wenn wir unsere Gedanken, die gern von der Atmung woanders hin wandern, immer wieder sanft einfangen und auf das Einatmen und Ausatmen zurücklenken müssen.

Du kannst auch den Atem auf seinem gesamten Weg verfolgen, wie er in Dir hinab- und hinaufsteigt, sodass Deine Achtsamkeit ununterbrochen Deiner Atmung gilt.

Je häufiger wir das üben, umso länger werden unsere Gedanken nur bei der Atmung verweilen, und umso schneller und länger werden all die anderen Gedanken verstummen, die Gedanken an das, was hinter uns liegt oder vor uns, was es zu tun und zu lassen gibt, in angeblich jeder wachen Minute des Tages.

#2. Achtsames Wahrnehmen des Körpers

Die zweite Übung geht leichter von der Hand, wenn wir zuvor ein paar Züge lang auf unsere Atmung geachtet haben.

Sie beginnt damit, dass wir unseren Körper wahrnehmen während wir einatmen und ausatmen … „wenn ich einatme, nehme ich meinen Körper wahr“ … „wenn ich ausatme, nehme ich meinen Körper wahr“.

Unser Körper ist, wie die Atmung, das Tor zum Hier und Jetzt. Wir können nicht gleichzeitig ihn wahrnehmen und über die Vergangenheit jammern oder die Zukunft grübeln. Dann breitet sich Frieden in uns aus.

Diese Übung heilt uns, macht uns ganz, weil unser Geist nachhause kommt mit dem Körper beisammen ist.

Wie fühlt sich Dein Körper hat?

Ist ein Teil von ihm verspannt? Dann kannst Du ihn bewusst entspannen … „wenn ich einatme, nehme ich meinen Körper wahr“ … „wenn ich ausatme, lasse ich Verspannungen in meinem Körper los“.

#3. Achtsam denken

Bei der Achtsamkeit geht es darum, alles wahrzunehmen und anzunehmen, was kommt, ohne sich dabei jedoch von den Gedanken und Gefühlen gefangen nehmen zu lassen.

Auf diese Weise kann auch das Denken zu Achtsamkeit führen. Dazu beobachten wir die Gedanken, wie sie aufkommen, abflachen und verschwinden wie Wellen im Meer. Wir stehen am Strand und lassen uns nicht von ihnen fortspülen, doch wir nehmen sie wahr.

#4. Achtsam gehen

Wie oft ich doch viel mehr renne und hetze, als zu gehen. Gedankenlos. Nein, stimmt nicht. Nicht gedankenlos, sondern mit den Gedanken so weit weg, dass es mich manchmal wundert, wie selten ich stolpere.

Dabei gibt uns das Gehen wunderbare Gelegenheiten, uns in Achtsamkeit zu üben.

So, wie wir jeden Atemzug achtsam wahrnehmen können, können wir auch jeden Schritt achtsam wahrnehmen, um ganz zu sein, ganz in uns und ganz im Hier und Jetzt.

Spürst Du, wie Dein rechter Fuß linker Fuß rechter Fuß linker Fuß auf dem Boden aufsetzt?

#5. Achtsam fahren

Auch wenn ich es liebe, zu Fuß zu gehen, gibt’s ebenso in Bussen und Bahnen, Autos und Flugzeugen, auf Fahrrädern und Dreirädern tausend Möglichkeiten, Achtsamkeit zu praktizieren. Statt uns zu ärgern, wie lange das mal wieder alles dauert, verdammte Scheiße, können wir genauso gut eine große innere Ruhe empfinden.

Wie fühlt es sich an, im Sitz oder auf dem Sattel zu sitzen? Was fühlst Du an Deinen Händen?

Spürst Du die Vibrationen während der Fahrt?

Was hörst Du?

Scheint das Licht heute anders als gestern?

#6. Achtsam essen

Schlingschling schmatz schmatz UND BEI DIR SO … schmatz HAST DU DAS GEHÖRT … schmatz … RED NUR WEITER. Kauen ist doch nur was für Leute, die zu viel Zeit haben. Oder?

So wenig wir unser Essen in der Hektik schmecken, so wenig schmecken wir unser Leben.

Was, wenn wir das Essen wieder wichtiger nehmen … hält es uns nicht am Leben? Viel mehr als der meiste andere Kram, an den wir stattdessen denken, während wir das gute Zeug ungekaut aufnehmen, als wäre unser Mund ein Staubsauger und das Essen nichts als Dreck, der weg muss?

Essen wir achtsam, achten wir auf das, was wir essen. Auf die Form und Farbe, sein Gewicht (oder das des Bestecks, das wir zum Mund führen), den Geruch, die Konsistenz (wie fühlt sich der erste Biss an, wie der zweite?) und den Geschmack beim Kauen, den Nachgeschmack.

Weiter können wir darüber nachdenken, woher das Essen wohl kommt. Was genau drin ist. Wie es geerntet oder erzeugt wurde. Transportiert. Weiter transportiert. Zubereitet. Auf den Teller kommt.

#7. Achtsam duschen

Denken (wird heute mal wieder knapp zeitlich, ob ich den Bus noch bekomme, ob ich das Meeting gut überstehe) und duschen … oder nur duschen? Ein großer Unterschied.

Wer achtsam duscht, achtet darauf, wie sich der noch trockene Boden unter den Füßen und der Wasserhahn in der Hand anfühlt, wie warm oder kalt er ist, welche Geräusche aufkommen, wenn wir ihn aufdrehen, wie das Wasser plätschert, wie es über den Körper läuft, abperlt, sich mit dem Duschgel mischt, aufschäumt, weggespült wird, wie sich der Wasserhahn in der Hand anfühlt, wenn wir ihn abdrehen, wie sich der nasse Boden unter den Füßen anfühlt …

#8. Achtsam warten

Ich liiiebe lange Warteschlangen, für mich geht nichts über ein paar Rentner vor mir an der Kasse, die genauso viele Dioptrien haben wie einzelne Cents im Portemonnaie, mit denen sie Cent für Cent für Cent … für Cent zahlen.

Nein, stimmt nicht. Ich liebe sie nicht, die Wartezeiten. Weder an der Supermarktkasse, noch beim Arzt oder sonst wo. Doch immer wenn ich’s schaffe, diese Zeit mit Achtsamkeit zu verbringen, geht’s mir besser.

Den Körper fühlen … gibt es Druck … Ungeduld … Verspannung … Langeweile … Wut? Welche Gedanken kommen erst und lösen sich dann auf … dudelt Musik im Hintergrund?

#9. Achtsam zuhören

Wir hören achtsam zu, wenn wir nicht mehr den eigenen Gedanken als mit dem Gegenüber beschäftigt sind, nicht schon den nächsten Satz formen und hinter aufeinandergebissenen Zähnen warten lassen, den Gesprächspartner zustimmend zunickend, damit er hoffentlich schneller fertig wird und wir dran sind.

Achtsam hört zu, wer die Worte des Anderen aufnimmt, ihren Klang, ihre Bedeutung – und dabei so wenig wertet wie möglich. Was geschieht in Deinem Körper, während Du zuhörst? Zieht er sich zusammen oder entspannt er sich? Welche Gefühle nimmst Du bei Dir wahr?

Siehe Wie man Erleuchtung durch Zuhören finden kann

#10. Keine Spuren hinterlassen

Bei der zehnten und letzten Achtsamkeitsübung geht es darum, keine Spuren zu hinterlassen. Wir verlassen die Küche, das Bad, den Bus, den Arbeitsplatz so, wie wir ihn vorgefunden haben. Fällt uns etwas auf den Boden, heben wir es gleich auf. Haben wir Geschirr benutzt, spülen wir es gleich ab.

Dass somit alles ordentlicher bleibt, als wenn wir den Raum achtlos verschmutzen, ohne es zu bemerken, das ist nur ein Ergebnis dieser Übung. Zusätzlich werden wir uns bewusst, dass und wie wir auf unsere Umgebung wirken.

Mehr dazu und einen 6-Wochen-Plan für mehr Achtsamkeit und Gelassenheit findest Du im myMONK-Buch Wie man Sorgen, Stress und Selbstzweifel loslässt.

 

Photo: mindfulness