Teile diesen Beitrag "7 Dinge, die hochsensible Menschen im Beruf brauchen"
Es folgt ein Text von Ulrike Hensel, Autorin des myMONK-Buchs Hochsensibel das Leben meistern.
Hochsensible Personen (im Folgenden kurz HSP) können in vielen Berufsfeldern ihr Zuhause finden. Entscheidend für ihre Zufriedenheit ist, dass sie sich in ihrer feinsinnigen und feinfühligen Wesensart verstanden, angenommen und wertgeschätzt fühlen und selbst auf eine wesensgemäße Ausübung ihrer Berufstätigkeit achten.
Für mich steht außer Frage, dass HSP vielseitig begabte, engagierte und leistungsfähige Mitarbeiter sind. Allerdings haben sie es in unserer modernen Höher-schneller-weiter-Arbeitswelt mitunter ziemlich schwer. Unter anhaltendem Konkurrenz-, Leistungs- und Zeitdruck arbeiten zu müssen, belastet sie so sehr, dass sie viel weniger leisten können und schlechtere Arbeitsqualität liefern, als es ihnen sonst möglich wäre – und am Ende womöglich sogar ausfallen, weil Psyche und Körper die Reißleine ziehen.
Als Alternative zu einer Selbstoptimierung, die eine ungesunde Anpassung an Standards der Mehrheit bedeuten würde, möchte ich HSP zu einer persönlichen Entwicklung ermutigen, die auf die Entfaltung des hochsensiblen wie des individuellen Potenzials und auf größtmögliche Authentizität ausgerichtet ist.
Wenn du zur Gruppe der HSP gehörst, können dir die nachstehend aufgeführten Punkte Orientierung bei deiner Jobwahl und -ausgestaltung geben, zudem auch Anhaltspunkte für Bewerbungs- und Beurteilungsgespräche, die mit dir geführt werden, liefern.
1. Eine als sinnvoll empfundene Tätigkeit
Für HSP rangiert der Wunsch, beruflich etwas Sinnvolles und Erfüllendes zu tun, sehr weit oben. Natürlich wünschen sich nicht nur HSP eine adäquate und befriedigende Berufstätigkeit, aber für sie wiegt es noch schwerer, wenn einerseits wesentliche Potenziale brach liegen (Unterforderung) und andererseits Dinge von ihnen erwartet werden, die sie nicht oder nur unter großen Mühen erbringen können (Überforderung).
Den meisten HSP geht es nicht vorrangig ums Materielle, selbst wenn sie mit dem Job ihr Auskommen sichern müssen – was aber keineswegs heißt, dass sie keinen Wert auf angemessene, faire Entlohnung legen. Sie streben tendenziell weniger danach, im klassischen Sinne Karriere (mit Personalverantwortung) zu machen, wählen eine Arbeitsstelle meist mehr nach Entfaltungs- als nach Aufstiegsmöglichkeiten. Sehr wichtig ist HSP auf jeden Fall, mit ihren Stärken, Fähigkeiten und Kompetenzen einen bedeutsamen Beitrag leisten zu können. Sie möchten mit dem, was sie ausmacht, gesehen, eingesetzt und anerkannt – nicht nur toleriert – werden. Bestenfalls empfinden sie die Tätigkeit, die sie ausüben, als ihre Berufung.
2. Gutes Betriebsklima und harmonisches Miteinander
Da HSP äußerst empfänglich für Stimmungen und Missstimmungen sind, leiden sie mehr noch als andere darunter, wenn im Unternehmen (in der Organisation/Einrichtung …) generell ein schlechtes Betriebsklima herrscht und wenn es schwelende oder offene Konflikte zwischen Kollegen oder mit dem Vorgesetzten gibt. Unsicherheit, Unzufriedenheit und Gereiztheit von anderen übertragen sich im Nu auf sie. Manches Mal sind sie so sehr in Mitleidenschaft gezogen, dass es ihnen noch schlecht geht, wenn andere sich schon wieder gefangen und arrangiert haben.
Wegen ihres ausgeprägten Harmoniebedürfnisses beunruhigen zwischenmenschliche Probleme HSP zutiefst, erst recht natürlich, wenn sie unmittelbar selbst beteiligt sind. Schroffes und ungehaltenes Gesprächsverhalten nehmen sie sich sehr zu Herzen und es beschäftigt sie noch lange gedanklich.
Damit die Hochsensibilität zu möglichst wenig Irritationen im Miteinander führt, rate ich HSP, angemessen offen damit umgehen. Kennen Kollegen die Begründung für diverse Empfindlichkeiten, fällt es ihnen leichter, das Verhalten von HSP einzuordnen und zu verstehen, vielleicht auch der HSP zuliebe die ein oder andere Gewohnheit zu verändern und mancher HSP-gerechten Regelung zuzustimmen. Aber natürlich haben hochsensible Bedürfnisse nicht per se Vorrang. Das adäquate (vorwurfsfreie!) Sich-Mitteilen der HSP ist lediglich eine gute Voraussetzung dafür, dass sie mit ihren Wünschen und Bedürfnissen gesehen/gehört und ernst genommen werden. Letztlich sind nur fair ausgehandelte Lösungen für die Beziehungen am Arbeitsplatz zuträglich und langfristig tragfähig.
3. Wechsel zwischen betriebsamen und ruhigen Arbeitsphasen
Ein wesentlicher Hemmschuh in all ihrem Tun ist bei HSP ihre Übererregbarkeit. Stark reizüberflutende und von der Anspannung her (über-)fordernde Situationen können HSP immer nur vorübergehend problemlos bewältigen, auch wenn sie bemüht sind, sich zusammenzureißen und tapfer durchzuhalten. Durch die Übererregung leiden schon bald die Zugänglichkeit, die Umgänglichkeit, die kognitive Leistungsfähigkeit, die Schaffenskraft und die Kreativität. Langfristig drohen Erschöpfungszustände sowie eine allgemeine Krankheitsanfälligkeit. Auf lange Sicht gesehen ist es also für HSP unabdingbar, dass sich reizerfüllte Arbeitsphasen mit relativ reizarmen Arbeitsphasen (und Pausen) abwechseln.
Obwohl sich HSP durch ihre Empathiefähigkeit durchaus sehr gut für den Umgang mit Menschen eignen, ist eine ununterbrochene Arbeit mit Menschen, wie sie zum Beispiel im Service oder im sozialen, pflegerischen und medizinischen Bereich anzutreffen ist, auf Dauer schwierig. In dieser Arbeit womöglich auch noch von einem zum anderen Kunden (Klienten/Patienten …) hetzen zu müssen, kann für HSP schrecklich frustrierend und demotivierend sein.
HSP verfügen über Organisationstalent, können gut koordinieren, den Überblick behalten und als Schaltstelle fungieren. Es fällt ihnen erstaunlich leicht, eine Vielzahl von Einzelinformationen aufzunehmen und zu verknüpfen oder auch abzuspeichern und bei Bedarf wieder abzurufen. Es darf allerdings um sie herum nicht permanent zu turbulent zugehen (wie z. B. in einer Einsatzzentrale). Zwischendurch sollten sie sich wieder sammeln und in Ruhe ihren Ausarbeitungen widmen können bzw. an anderer (ruhigerer) Stelle eingesetzt sein.
Eine Teilzeitbeschäftigung ist insofern vorteilhaft, als dabei das Verhältnis zwischen Arbeit und Erholung hochsensiblen Bedürfnissen besser entspricht. Sie muss natürlich von der HSP gewollt und für sie finanziell machbar sein. Bevor HSP vorschnell sagen, dass sie es sich nicht leisten können, sollten sie sich bewusst machen, dass Gesundheit das kostbarste Gut überhaupt ist.
4. Möglichst kein Großraumbüro
Die Flut von Reizen in der unmittelbaren Arbeitsumgebung stellt häufig ein ernsthaftes Problem für HSP dar. Sie leiden unter etlichen Dingen, die Nicht-HSP nicht vergleichbar beeinträchtigen (oder die für sie unter Umständen sogar wünschenswert sind wie z. B. ein eingeschaltetes Radio). Eindrücke über alle Sinneskanäle, die von HSP weniger gefiltert wahrgenommen werden, summieren sich zu einer Strapaze für ihr Nervenkostüm auf und lenken sie enorm von ihrer Arbeit ab.
Ein Großraumbüro stellt eine maximale Herausforderung dar, aber auch schon ein Zweier-, Dreier- oder Viererbüro kann problematisch sein, insbesondere wenn Schreibtische vis-à-vis aufgestellt sind und das Gegenüber andauernd unmittelbar im Blickfeld und sehr nah ist. Ein Einzelbüro, bei dem man die Tür zu machen kann, wäre hinsichtlich Störquellen ideal, ist aber natürlich nicht immer realisierbar. Es hilft HSP, zumindest für Arbeiten, die hohe Konzentration erfordern, einen abgetrennten Raum aufsuchen zu können, in dem sie alleine sind oder mit Kollegen zusammen, die ebenfalls in Ruhe an etwas arbeiten (nicht telefonieren!). Falls es vom Aufgabengebiet her in Frage kommt, ist ein teilweises Arbeiten vom Home Office aus eine hervorragende Lösung. Die dafür notwendige Vertrauenswürdigkeit sowie ein hohes Maß an Zuverlässigkeit sind bei HSP in aller Regel gegeben.
5. Vorrang von Qualität vor Quantität
Dass HSP von sich aus sehr bemüht sind, ihre Arbeit gut zu machen, liegt in ihrer Arbeitsethik begründet. Generell können sie als pflichtbewusst, zuverlässig und gewissenhaft gelten. Dazu bedarf es keiner speziellen Aufforderung oder Ermahnung. Die Produktivität von HSP wird eher gefördert, wenn Druck herausgenommen statt erhöht wird.
HSP fällt es meist schwer, sich mit einigermaßen guten Arbeitsergebnissen zufrieden zu geben, obwohl die vielfach den Anforderungen durchaus genügen würden oder aus Zeitgründen (wegen Abgabeterminen und/oder weiteren Aufgaben) genügen müssen. Im ungünstigsten Fall geraten HSP in Stress und werden mit einer Aufgabe nicht in der vorgesehenen Zeit fertig. Man könnte von einem Hang zum Perfektionismus sprechen – oder aber von einem ausgeprägten Qualitätsbewusstsein.
Da HSP von Natur aus den aufmerksamen Blick für Feinheiten haben und eine regelrechte Liebe zum Detail mitbringen, bietet es sich an, dass sie bevorzugt da eingesetzt werden, wo es mehr auf Genauigkeit als auf Arbeitstempo ankommt, mehr auf Qualität als auf Quantität. HSP sind sozusagen prädestiniert für Tätigkeiten, in denen es gilt, fein zu differenzieren, Fehler zu erkennen, unerwünschte Abweichungen und Unstimmigkeiten aufzuspüren – sei es, dass es ihre Aufgabe ist, die Fehler selbst zu beheben oder andere darauf aufmerksam zu machen. Problematisch sind für HSP allerdings stupide Routine und die Druck erzeugende Forderung nach absoluter Fehlerfreiheit.
6. Inhaltliche Tiefe und Vielseitigkeit
HSP sind in der Regel vielseitig interessiert und finden relativ leicht Zugang zu neuen Themenfeldern. Lieber vertiefen und differenzieren HSP ein Thema, als es oberflächlich und einseitig zu behandeln. Ihnen liegt viel daran, Dinge auch wirklich zu verstehen, deshalb erfragen und hinterfragen sie vieles. Meist besteht bei ihnen viel Bereitschaft, sich fortzubilden und weiterzuentwickeln, es sei denn, sie sind durch ihre reguläre Arbeit schon komplett ausgelastet.
Ein mögliches Problem: Ihre weitreichenden Überlegungen und Ausführungen, die oft auch ziemlich abstrakt werden, sind nicht immer anschlussfähig, das heißt, die anderen im Arbeitsteam können oder mögen manches Mal nicht folgen. Daraus kann allseits Frust erwachsen. Den HSP ist zu raten, sich nicht gewohnheitsgemäß in den Verästelungen eines Themas zu versteigen, sondern sich je nach Situation auch einmal um Reduktion und Themenbegrenzung zu bemühen.
Manche Entscheidungsfindung nimmt bei HSP etwas mehr Zeit in Anspruch, weil verschiedene Optionen hinsichtlich Vor- und Nachteilen durchdacht werden. Hinderlich ist die Tendenz zu Gründlichkeit und Differenziertheit dann, wenn ein zügiges, eng fokussiertes Arbeiten gefragt ist. HSP sind hingegen sehr gut geeignet für Aufgaben, in denen ein ausgiebiges Recherchieren, das Ausarbeiten von komplexen Konzepten oder von verschiedenen Alternativen gefragt sind.
7. Freiraum
HSP verfügen über ein reiches kreatives Potenzial. Dabei ist nicht nur an verschiedenste Formen künstlerischer Gestaltung zu denken, sondern auch an das Entwickeln neuartiger Strategien, Prozesse und Strukturen. Wer wie sie umfassend wahrnimmt und übergreifend denkt, besitzt das Talent, bestehende Probleme zu identifizieren und zu analysieren, Ideen und Problemlösungen zu liefern und brauchbare Verbesserungsvorschläge zu machen.
Voraussetzungen für Kreativität und Innovation sind gewisse Freiheiten und ein ausreichend großer Gestaltungsspielraum. Bei HSP zeigt sich mehr noch als bei anderen Mitarbeitern, dass Zeit- und Erfolgsdruck, zu enge Vorgaben und starre Abläufe, eine nicht stimulierende oder überstimulierende Umgebung kreatives Denken und Wirken behindern oder verunmöglichen. Die besten Leistungen erbringen sie, wenn sie mit viel Freiraum für ihre Arbeitseinteilung und Vorgehensweise sowie mit viel Eigeninitiative und Eigenverantwortung arbeiten können.
Mehr zum Thema Hochsensibilität findest Du hier und hier sowie im myMONK-Buch Hochsensibel das Leben meistern.
Die Autorin Ulrike Hensel studierte Angewandte Sprachwissenschaft und absolvierte später eine Coaching-Ausbildung. Sie arbeitet selbstständig als Textcoach für Trainer, Berater und Coaches sowie als Coach für Hochsensible.
Für myMONK hat sie das Buch Hochsensibel das Leben meistern geschrieben.
Photo (oben): Introvert woman / Shutterstock
Wirklich sehr guter Artikel. Und kann ich, als HSP, nur unterzeichnen. Ich bin derzeit noch in einem 9-5 Bürojob, der mich nicht erfüllt, sprich nicht singstiftend für mich ist und mich vor allem in meiner Freiheit einschränkt. Ich habe gemerkt, dass ich mich hier nicht weiterentwickeln kann. Darum folgt als nächstes der Schritt in die Selbstständigkeit.
Und wie kann herausgefunden werden ob eine Person HSP ist?
Lg Käthe
Hallo!
@Käthe: Es gibt es im Internet einige Tests dazu, einfach mal nach „HSP Test“ o.ä. googeln.
Den Artikel kann ich so 1:1 unterschreiben, passt bei mir genau. Blöd nur, dass sich mein Arbeitgeber und mein Arbeitsplatz rasant in genau die andere Richtung entwickeln und eine Kehrtwende nicht in Sicht ist. Da werde ich wohl demnächst die Konsequenzen ziehen müssen, denn lange halte ich das gesundheitlich nicht mehr durch.
Bleibt die Herausforderung, einen Job zu finden der möglichst viele der Kriterien erfüllt…
Grüße
Jens
Grüße,
alles sinnvolle Punkte.
Nur: Sind das nicht Dinge, die man jedem Arbeitnehmer empfehlen würde?
Wo verläuft die Grenze zu HSP?
Mein Eindruck ist: HSP wird von manchen auch als Etikett benutzt, um sich Gefühle in einer härter werdenden Umgebung noch zu erlauben.
Das innere Mantra: „Ich bin hochsensibel. Dann ist ok, wenn ich mich so fühle.“
„Darf“ ich nicht einfach fühlen, wie ich fühle?
Unabhängig von dem Etikett, dass ich mir gebe.
Woher der Druck zur Rechtfertigung?
Da gibt es noch viele Punkte, die mich interessieren.
Grüße
Hallo!
Es besteht natürlich die Gefahr der Etikettierung. Einerseits durch das Umfeld, andererseits aber auch durch einen selbst als bequeme Ausrede in einer Opferrolle „ich bin halt so!“
Ich stelle bei mir fest, dass ich bei bestimmten Punkten sehr viel sensitiver reagiere als mein Umfeld. So bin ich z.B. bei meiner Fotografie bei Farben extrem pingelig. Und zwar deutlich mehr als die meisten anderen Hobbyfotografen in dem Bereich und auch als viele Profis. Kommentare zu Hochzeitsbildern anderer verkneife ich mir meist besser 😉
Durchdrehen könnte ich, wenn ich aus zwei Quellen gleichzeitig unterschiedliche Musik höre. Im Kontakt mit anderen Menschen fällt mir die Stimmung deutlich auf, eine negative Stimmung ist ziemlich belastend.
Alles Einzelbeispiele, die viele Menschen unterschiedlich ausgeprägt haben. Bei mir in Summe tritt das aber so deutlich mehr ausgeprägt als in meinem Umfeld auf, dass ich mich als HSP bezeichnen würde. Bewusst war mir das aber schon, bevor ich den Begriff überhaupt gehört habe. Die Grenzen sind sicherlich fließend, und ich würde mich auch nicht nur über den Begriff HSP definieren. Hinzu kommt, dass man bei ca. 20% der Bevölkerung von HSP ausgeht, also beileibe keine exotische Sonderbegabung.
Ich sehe es schlicht als eine Ausprägung meiner Persönlichkeit. HSP hat Vorteile, die man nutzen kann und Nachteile, mit denen man zurechtkommen muss. Die in dem Artikel aufgeführten Punkte sind sicherlich für viele Menschen und die meisten Jobs wünschenswert. Für HSP haben sie aber vielleicht eine größere Bedeutung als für andere Menschen.
Grüße
Jens
Hallo Jens,
du schreibst:
„HSP hat Vorteile, die man nutzen kann und Nachteile, mit denen man zurechtkommen muss. Die in dem Artikel aufgeführten Punkte sind sicherlich für viele Menschen und die meisten Jobs wünschenswert. Für HSP haben sie aber vielleicht eine größere Bedeutung als für andere Menschen.“
Genau so sehe ich es auch. 🙂
Ulrike
Hallo Matthias,
meine Antworten/Gedanken in Kürze.
Nur: Sind das nicht Dinge, die man jedem Arbeitnehmer empfehlen würde?
Ja. Mehr oder weniger. Für HSP noch etwas mehr.
Wo verläuft die Grenze zu HSP?
Es gibt wohl keine ganz klare Grenze. Jedoch betont Elaine Aron, dass HSP schon ein eigener „Menschenschlag“ seien.
Und natürlich sollte „ich bin hochsensibel“ nicht als Ausrede herhalten für eine Nicht-Bereitschaft zur Weiterentwicklung. Nur sollte es nicht um bestmögliche Anpassung, sondern um größtmögliche Authentizität gehen (auch wieder für JEDEN).
Mein Eindruck ist: HSP wird von manchen auch als Etikett benutzt, um sich Gefühle in einer härter werdenden Umgebung noch zu erlauben.
Alles, was als sinnvolle Benennung eines Phänomens dienen kann, kann auch als „Etikett“ benutzt werden, um dies oder jenes damit zu erreichen. Es geht im Zusammenhang mit den für HSP herausgearbeiteten Punkten sicher auch um eine gesellschaftspolitische Diskussion. Ich bin jetzt einfach mal auf der persönlichen Ebene geblieben.
Das innere Mantra: „Ich bin hochsensibel. Dann ist ok, wenn ich mich so fühle.“
Gefühle sollten für JEDEN okay sein. Zumal sie sowieso unser Verhalten und unsere Entscheidungen in höchstem Maße beeinflussen.
„Darf“ ich nicht einfach fühlen, wie ich fühle?
Unabhängig von dem Etikett, dass ich mir gebe.
JA.
Woher der Druck zur Rechtfertigung?
Ich sehe keinen.
Da gibt es noch viele Punkte, die mich interessieren.
Grüße
auch: Grüße 🙂
Lieber Matthias,
da gebe ich dir vollkommen Recht: All diese Bedingungen sollten eigentlich für jeden gelten! Als selbst ‚Betroffene‘ kann ich allerdings sagen, dass das, was Frau Hensel beschreibt, für HSP eben unabdingbar ist, während sich „Normalsensible“ dadurch zumindest besser mit weniger passenden Arbeitsbedingungen arrangieren können, dass ihre Lebensenergie nicht so unmittelbar von ihren Umgebungsbedingungen abhängt. (Vielleicht kann man sich das so vorstellen, dass Hochsensible Pflanzen sind, die direkt der Witterung ausgesetzt sind, während „Normalsensible“ im Gewächshaus stehen.)
Vielleicht verstehst du ja, was ich meine.
Herzliche Grüße
Karen
Dann ist also die HSP diejenige von fünf Personen, die auf jeden Fall vielseitig begabt, engagiert und leistungsfähig ist. Und wo es ab und an eine weniger empfindliche Person braucht, liegt das an den anderen, wenn es mal nicht so ist. Aber dieser Schlag Menschen ist jedenfalls anders, auch wenn das Anderssein einen fließenden Übergang hat. Aber bitte kein Etikett, wenn auch klar abgetrennt von den anderen geradezu besserwisserisch beschrieben. Ich denke jeder Mensch ist anders als der andere, vielleicht eben etwas feinfühliger mit allen Vor- und Nachteilen. Und 1-7 sind wichtig, für mache etwas weniger, für andere etwas mehr. Machen wir es doch nicht schwerer als es ist, indem wir diese Klassifizierung im Kopf verankern und vor uns hertragen. Nehmen wir lieber wahr, welchen Glückstrom ein besonders hoch sensibilisierter Mensch über und ausgießen kann, wenn wir selber nicht zu unsensibel und unbewusst damit umgehen.
Ich sehe keinen sinnvollen Grund, die Gedanken anderer so ruppig abzutun.
Das ist das Leben der Anwälte. Verteidigung auch ohne Anklage, schon aus Gewohnheit. Balsam für den Klienten, wenn er schon zahlt. Das hat mir schon bei meiner Scheidung nicht gefallen an meinem Anwalt. Und am Ende habe ich die Einigung ohne ihn erreicht. Er fand das ruppig ihm gegenüber. Er hätte gern mehr gestritten – und mehr verdient. Doch für mich war das so sinnvoller.
Hallo 🙂
Finde diesen Artikel super und fühle mich endlich nicht missverstanden, wenn ich ich solche ,,Ansprüche“ habe.
Leide sehr daran, dass viele Menschen HSP als Ausrede abstempeln und nicht ernst nehmen.
Suche seit Jahren schon eine Arbeit, die mich nicht so unter Druck setzt und mehr Freiraum bietet. Da ich aber im Service arbeite und Überstunden und Unregelmäßigkeiten an der Tagesordnung stehen, ist das sehr schwer.
Es wird immer wieder verlangt an seine Grenzen zustossen und das tut man natürlich auch um für die Gäste da zu sein, aber ich halt den Druck zu Hause dann nicht stand.
Da ich noch sehr jung bin, nehmen die meisten das nicht ernst und denken als junger agiler Mensch könnte man tagelang durcharbeiten
Doch ich brauche immer wieder meine Zeit um meine Gedanken und meine Energie zu verarbeiten.
Und der finanzielle Druck ohne Arbeit oder auch auf den Arbeitsmarkt ist natürlich auch nicht das Schönste :/
Vielleicht habt ihr einen Tip für mich, welche Jobs und Positionen mit HSP gut sind?
Aus eigener Erfahrung oder auch von Freunden und Bekannten die endlich das Richtige gefunden haben ? 🙂
Liebe Grüße
Super Artikel. Vielen Dank dafür. Ja da hab ich leider was das Berufliche immer Fehlentscheidungen getroffen. Ich war immer überladen. Ob ich in der Produktion gearbeitet habe oder im Großraumraumbuero im Vertrieb, ich war jeden Tag kaputt. Jetzt bin ich langzeit arbeitslos. Und finde einfach keine Arbeit mehr. Ich hab ca.300 Bewerbungen versendet und Vorstellungsgespräche gab’s auch. Viele Grüße
Hallo liebe Ulrike Hensel,
mal wieder habe ich nur die Überschriften gelesen und bestätigt bekommen, wieso es mal wieder mit dem letzten Arbeitgeber nicht funktioniert hat. Immer und immer wieder habe ich es versucht – jetzt ist die Entscheidung gefallen, dass ich nur noch selbständig arbeiten kann. Mein Arbeitsumfeld ist nun so, wie es mir gut tut.
Danke für den ausführlichen Bericht!
Herzlichen Gruß,
Alter Ego
Hallo liebe Ulrike Hensel! Ich kann mich zu 100% in dem Artikel wiederfinden. Mein Job hat lange Jahre gut zu mir gepasst, aber seit wir einem börsennotierten, rein profit-orientierten Konzern angehören, fühle ich mich täglich von der höher-schneller-weiter Mentalität überfordert und als Versager, der sich dem System nicht anpassen kann und mit dem Tempo nicht Schritt halten kann. Ich will HSP nicht als Ausrede oder Etikett benutzen; ich will einfach nur meine Art und meine Arbeit anerkannt und respektiert wissen. Dafür werde ich mein Arbeitsumfeld ändern müssen.
Ich stimme allen Punkten absolut zu. Nur muss ich jetzt noch so einen Job finden. Ich tue mir seit Jahren extrem schwer. Ich passe in keinen Beruf. Alle über- und untefordern mich zugleich, weshalb ich seit Jahren arbeitsunfähig geschrieben bin, aufgrund von ständiger Erschöpfung 🙁
Hallo,
Ihre Ausführungen haben mir sehr geholfen. Endlich denke ich zu wissen was mit mir los ist woher meine Schwierigkeiten im Beruf kommen. Ich arbeitete als Finanzbuchhalterin und da traten auch viele Dinge auf die für mich absolut schädlich waren andererseits sind in dem Beruf auch viele Eigenschaften notwendig(z.b.Gründlichkeit)die bei mir zutreffen. Man muss das Für-und Wieder abwägen womit wir wieder beim Thema wären. Aber den perfekten Job mit dem perfekten Arbeitsumfeld zu finden stelle ich mir als unlösbar vor. Danke trotzdem für die Tipps und für die Aufklärung.
Mit freundlichem Gruß
Yvonne Henkel
zu Tausend Prozent richtig!
Wie schaffen wir es, das Unternehmer realisieren dürfen, welche Schätze HSP sind für ein Unternehmen, wenn die Bedingungen passen? Toller Artikel, danke!