Teile diesen Beitrag "10 Sätze, die Du einem depressiven Menschen sagen kannst"
Nora Fieling fühlte sich schon als Kind anders. Sie hatte große Ängste, war sehr unsicher und sensibel, oft tieftraurig und verzweifelt. Das alles hat jedoch niemand gemerkt. Erst als sie 18 war, sprach ihre Hausärztin sie auf ihr selbstverletzendes Verhalten an und überwies sie zur Psychiaterin. Diagnose: Depression und Borderline-Persönlichkeitsstörung, Typ emotional-instabil.
Heute ist sie 31 und bloggt über ihr Leben mit seelischen Erkrankungen. Dort bin ich auf einen Beitrag gestoßen über die Sätze aus dem Umfeld, die sie als Mensch mit Depressionen schon viel zu oft hören musste – und über die, die ihr und anderen Betroffenen tatsächlich helfen.
Was NICHT hilft:
- Alles, was die Krankheit herunterspielt: „Jeder ist doch mal schlecht drauf.“
- Alles, was ausdrückt, dass sie mit der Krankheit nicht akzeptabel ist: „Sei doch mal fröhlich!“ „Reiß Dich mal zusammen.“ „Wann hilft die Therapie endlich?“
- Alle viel zu einfachen Vor-Schläge, wie man das doch in den Griff bekommen könne: „Denk doch mal positiver!“ „Geh mehr an die frische Luft!“ „Du müsstest nur mehr unter Leute gehen …“
„Wie man Sorgen, Stress und Selbstzweifel loslässt“
Stattdessen wünscht sie sich von den Menschen, die sie liebt, von ihrem Partner, ihren Freunden, ihrer Familie, zum Beispiel diese Sätze:
- Du bist sehr wichtig für mich.
- Ich verlasse Dich nicht.
- Nimm Dir die Zeit, die Du brauchst.
- Ich frage absichtlich nicht ständig, wie’s Dir geht … aber wenn Du reden willst, bin ich immer für Dich da.
- Ich bin froh, dass Du mein(e) Frau/Tochter/Mutter/Vater/Sohn/Mann bist, ich möchte keinen anderen.
- Darf ich Dich umarmen oder Deine Hand halten?
- Du darfst weinen, ich halte Dich.
- Es ist nicht schön, Dich so zu sehen – doch Du bist wunderschön so, wie Du bist.
- Ich kann nicht alles nachvollziehen und verstehen, aber ich schätze Dich und Deine Gegenwart, denn Du bist viel mehr als diese Krankheit.
- Gemeinsam schaffen wir das, ich liebe Dich!
Aus euren Kommentaren und Mails weiß ich, dass es einige Leser gibt, die mit Depressionen zu kämpfen haben. Wie seht ihr das, welche Worte tun euch gut und welche ziehen euch nur noch mehr runter?
Siehe auch:Dir geht’s schlecht? 5 Anzeichen, dass Du eine Therapie brauchst und Wie man schmerzhafte Gefühle überlebt sowie Wie man richtig tröstet. Machst Du diese 5 großen Fehler?
Photo: April L. Sanders
Eine sehr brauchbare Auflistung. Tim, du triffst mit deinen Artikeln immer in’s Schwarze. Tolle Arbeit, die du leistest. 😉
Herunterspielen, die Krankheit nicht akzeptieren und diese übertrieben einfachen Vorschläge werden leider immer noch viel zu gerne benutzt. Da ist noch viel Aufklärung nötig. Jedoch auch viel persönliche Entwicklung bei Freunden und Verwandten von depressiven Menschen.
Lieben Gruß, Michel
Dankeschön Michel!
Aufklärung ist das eine, und ich denke auch, dass diese Dinge auch Ausdruck einer kompletten Ablehnung alles „Negativen“ in der Gesellschaft sind.
Liebe Grüße zurück
Tim
Dem schließe ich mich uneingeschränkt an! Tolle Auflistung, die hoffentlich viele erreicht, die geliebte Menschen mit der Krankheit in ihrem Umfeld haben. Verständnis ist so enorm wichtig!
Ein toller Artikel, und Michel, ich kann dem nur beipflichten, herunterspielen und sogenannte „gutgemeinte“ Vorschläge sind echt das schlimmste, dann lieber gar nichts sagen. Man sollte sich auch, bzw. gerade, als nicht-depressiver Mensch sehr viel mehr mit dem Thema beschäftigen.
Ich habe selber letztes Jahr entschieden, aktiv für mich etwas zu tun. Ich hatte schon mehrere Jahre mit Depressionen zu kämpfen, mir war aber all diese Zeit nicht bewusst, dass es Depressionen sind. Denn mit Sätzen wie „Jeder ist schlecht drauf!“ bekommt man immer wieder das Gefühl, dass es schon nicht so schlimm sei.
Doch mit jeder „depressiven Phase“, die man dann irgendwie durchsteht, wird es immer schwieriger und mühseliger, da wieder raus zu finden. Ich erinnere mich immer wieder an diese Tage, als ich auf Sylt gearbeitet habe. An Tagen, wo ich frei hatte, im Sommer, die Sonne schien, es war genialstes Strandwetter, aber innerlich fühlte ich mich abgekämpft, erschöpft, aufgeraut.
Es war unerträglich für mich rauszugehen, mich an den Strand in die Sonne zu setzen. Ich bin sonst eher so ein Strand/Sonne/Sommer-Typ, aber an diesen Tagen ist es nicht möglich. Und anstatt, dass ich es akzeptiert hätte, dass ich nun an diesem Tag eben eher in der Wohnung blieb, habe ich mich selbst fertig gemacht mit Gedanken wie „jetzt bist du schon hier auf Sylt, so viele Menschen beneiden dich drum, und du sitzt mitten im Sommer vollkommen einsam zurückgezogen in der Wohnung und machst nichts, das ist nicht normal!!“ und so kreisten die Gedanken immer wieder zwischen „ich müsste jetzt aber rausgehen“ und „wenn ich nur schon den blauen Himmel sehe, krieg ich die Krise, das ertrag ich einfach nicht“ hin und her. Es war echt keine schöne Zeit…
Jeder hat seine eigene Art, mit den Dingen im Leben fertig zu werden, keiner müsste/sollte diese oder jene Art anwenden, wenn man sich zurückziehen möchte, sollte man das tun können. Ich habe letztes Jahr in einer Therapie gelernt, dass die Dinge, so wie sind, genau richtig sind und genau zu dem Zeitpunkt zu uns kommen, wenn es für uns richtig ist. Es ist also alles gut so.
Und um noch mal bei dem Artikel zu bleiben, liebe nicht-depressive Menschen, bitte bitte nehmt euch diesen Artikel sehr zu Herzen und behandelt eure lieben Freunde und Verwandte genau so. Danke 😀
Liebe Ildiko, mir sind die Tränen gelaufen als ich Deinen Text gelesen habe. Ich sitze gerade hier auf Sylt (schon seit 11 Monaten) und jetzt im Sommer ist es für mich soooo schwierig. Es hat mir gut getan zu lesen, dass ich nicht der aller aller einzige Mensch hier auf Sylt bin/war der schon Panik bekommt wenn hier die strahlend schöne Sonne aufgeht und man es kaum ertragen kann. Danke für Deine Worte und auch dafür zu schreiben, dass es auch in Ordnung ist so zu fühlen. Schön dass es Dir heute besser geht. Liebe Grüße von der Insel, Melanie.
Für mich kommt dieser Beitrag leider über ein halbes Jahr zu spät, um die Worte an meinen geliebten Menschen richten zu können…
Ich wusste schon lange, dass etwas nicht stimmt, aber ich hatte keine Vorstellung davon, was genau Depressionen eigentlich bedeuten – sie sind nicht greifbar und kaum zu verstehen. Wenn man als Angehöriger Hilfe braucht, weil man einfach nur helfen möchte, fühlt man sich allein gelassen. Am schlimmsten ist es dann, wenn der andere nicht wahrhaben kann / will / möchte, dass etwas nicht in Ordnung ist.
Ich habe über vier Monate Zeit und vernünftigen Lesestoff gebraucht, um zu begreifen, wie Depressionen sich äußern können. Und am schlimmsten ist es, wenn der Betroffene sich komplett zurückzieht und man überhaupt nichts mehr für ihn tun kann…
Liebe(r) Knoxi,
tut mir sehr leid zu lesen, dass es Deinem Angehörigen so schlecht geht. Ich kann mir nur entfernt vorstellen, wie schwer das auch für Dich sein muss, dieser Rückzug, das Nichts-tun-können.
Was würdest Du denn jemandem raten, der inderselben Situation ist wie Du vor einem halben oder ganzen Jahr?
Liebe Grüße und von Herzen alles Gute für Dich und diesen Menschen aus Deinem Umfeld, um den es geht
Tim
Bevor ich selbst das erste Mal in eine schwere Depression bzw. in Angst gerutscht bin, konnte ich mir nicht vorstellen, wie sich das anfühlt. Ich denke, das ist für die Umgebung sehr schwierig. Mir hat es schon sehr geholfen, wenn jemand ganz einfach Hilfe angeboten hat, die die Bewältigung des Alltags betrifft. Einkaufen, Papierkram erledigen, sowas. Dinge, die man in der Situation nur schwer oder gar nicht alleine schafft. Das hilft schon viel, entlastet ungemein und gibt einem das Gefühl, dass das Leben weitergeht. Manchmal muss man gar nicht viel sagen, einfach handeln und ein bisschen Zeit schenken. Mir geht es wieder gut zum Glück, aber ich habe gelernt wie man mit kleinen Dingen Hilfe geben kann.
Hi Claudia,
Dankeschön für Deinen Kommentar. Also ganz konkret Hilfe anbieten – besser als „wenn Du was brauchst, sag bescheid“, nehme ich da mit. Und im Zweifelsfall nicht viel sagen, sondern wirklich DA sein. Das scheinen übrigens auch genau die Dinge zu sein, die man bei Trauernden als Trost tun kann (https://mymonk.de/richtig-troesten/).
Liebe Grüße
Tim
Liebe Grüße Tim
Hallo Tim, ja, ich denke zwischen Trauer und Depression gibt es die Parallele, dass letzlich doch jeder selbst seinen Weg wieder hinaus finden muss. Was nicht heißt, dass Hilfe von außen nichts bringt, ganz im Gegenteil. Gerade bei Depression ist professionelle Hilfe immens wichtig und die verständnisvolle Unterstützung von Freunden oder Familie. Wie das gut gehen kann mit Hilfe der richtigen Sprache hast du ja in deinem Beitrag oben gezeigt. Am wichtigsten ist Geduld finde ich, für alle Beteiligten. Und das Depression noch mehr als Krankheit wahrgenommen wird, die jeden treffen kann. Mit weniger Berührungsängsten, wären auch leichter offene Gespräche möglich. Na ja, da gäbe es noch so viel dazu zu sagen 😉 Liebe Grüße
Hallo Claudia,
das ist ein sehr wichtiger Punkt, den Du mir mit Deinem Kommentar auch noch mal klarer machst: Niemand ist vor einer Depression gefeit. Das Wissen darum, dass der Betroffene kein Alien ist, sondern etwas hat, das man auch selbst bekommen kann, könnte die Hemmungen etwas ab- und das Verständnis etwas aufbauen.
Oder vielleicht macht es einem gerade dann so viel Angst, dass man lieber wegschaut / kleinredet?
Liebe Grüße
Tim
Hallo Tim, ja, solche Reaktionen habe ich auch erlebt. Oft ist aber einfach Unwissenheit der Grund für ablehndes Verhalten, dass viele immer noch glauben, man müsse sich doch nur mal zusammenreißen, dann geht es wieder. Depression ist eine Krankheit, Hirnstoffwechselstörung, und es wäre schön, wenn man das einfach offen sagen könnte. „Ich kann leider doch nicht auf die Party kommen, bin gerade depressiv.“ Der Satz sollte ganz normal sein und man sollte sich nicht schämen müssen dafür. Es ist schon viel besser geworden durch die vielen Berichte in den Medien. Aber ein Tabu ist es immer noch. Schön, dass dein Block auch Depressionen thematisiert. Ich lese ihn wirklich gerne, weil er mich im Alltagswahnsinn immer wieder an die wichtigen Dinge im Leben erinnert und mich kurz innehalten lässt. Danke!
Danke, Claudia! Auf der anderen Seite ist es auch der Sprachgebrauch, der die Depression manchmal pillepalle wirken lässt: „das deprimiert ich!“ hört man oft, wenn’s um Kleinigkeiten geht.
Mein künftiger ex Mann hat mir 1000 mal gesagt wie gestört ich nicht bin und das ich Hilfe notwendig hätte – ja hab ich auch aber so er das gesagt hat ….
Und “ durchgeknallt“ bin ich nachdem er mich mit einer Frau die über 20 Jahre jünger ist, betrogen hat – und mir hat es den Boden weggezogen.
Hi Regina,
beim ersten Lesen des ersten Satzes hab ich das „ex“ überlesen und war total erschrocken, dass Du DEN heiraten wirst. Was bedeutet denn „durchgeknallt“? Bist Du normal ausgerastet, wie es wohl die meisten in dieser Situation tun würden?
Liebe Grüße Tim
Ich weiß das diese Depression schon länger in mir schlummert aber durch diese Geschichte voll ausgebrochen ist – ich habe meinen Mann verlassen – weil er und diese Frau weiter im Team arbeiten wollen und alles was ich zu hören bekam auf die Frage “ wer nun geht “ war “ das musst aushalten “ Nein muss ich nicht !
Und trotzdem ich stehe jeden Tag mit dieser Angst auf die ich nicht mal benennen kann – ich habe Angst vor allem gerade und lege mich mit ihr nieder “ sie ist mein ständiger Begleiter.
Hallo Regina,
bist Du schon in einer Therapie? Ich bin nur ein Laie, könnte mir aber gut vorstellen, dass Dir das in dieser schweren Zeit sehr helfen würde – gerade, weil Du auch von starken Ängsten berichtest.
Liebe Grüße Tim
Zum Beispiel bei Prüfungsängsten: Und selbst wenn du es nicht schaffst, ist es auch kein Drama, du bist danach nicht weniger wert oder habe dich deshalb weniger lieb. Und im Falle eines Versagens: Du hast immerhin etwas getan, was viele Menschen garnicht erst tun aus Angst: du hast es versucht! Und verlieren, obwohl man gekämpft hat, ist keine Schande, im Gegenteil. 🙂
Diese Sätze, da hast Du Recht, helfen auch bei anderen Lebenslagen als Depressionen!
Ich finde neben den tollen Äußerungen, die Tim aufgeschrieben hat, auch tröstende Sätze wie “Es ist eine Episode. Sie geht vorbei.“ sehr. Selbst wenn ich weiß, dass ein neues Tief kommen kann, hilft es mir in der jeweiligen Episode, Hoffnung zu schöpfen und den Blick nach vorne zu richten.
Danke für die Aufklärungsarbeit. Ich hoffe, dass auch Angehörige wirklich davon profitieren!
Schönen Abend!
Hey Ruth,
Dankeschön! Und Du hast dann nicht das Gefühl, dass der andere Deine Lage „wegmachen“ will, wenn er auf das Ende verweist? Wie muss er das denn machen, damit Du Dich ernst genommen fühlst?
Liebe Grüße Tim
Nein, komischerweise nicht. 🙂
Dazu sollte er oder sie natürlich trotzdem bzw. Zeit mit dem Depressiven verbringen, damit man (ich) sich ernstgenommen fühlt und es nicht als Phrase empfindet.
Das Gefühl, dass die Freunde trotz einer Depression für einen da sind, finde ich ganz wichtig, auch wenn ich weiß, dass es sehr anstrengend sein kann.
Und es hilft mir, die Depression als Krankheit zu benennen und mit Menschen offen darüber zu sprechen. Wenn das Umfeld es schafft, Fragen zu stellen wie “Ich kann mich so schwer in deine Situation hineinversetzen. Erzähl mir doch mal, wie sich die Depression anfühlt.“, dann finde ich das eine riesen Leistung und ich fühle mich wahr- und ernstgenommen, ohne bemitleidet zu werden. Also Mitgefühl statt Mitleid.
Du bist großartig, Tim, vielen Dank! Du triffst den Nagel auf den Kopf, immer!
Danke liebe Nina, in diesem Fall hat alle Lorbeeren http://nora-fieling.de/ verdient. 🙂
Hey Tim,
was ich für mich und fühle Leute die ich kenne herausgefunden habe, was bei Depressionen funktioniert, ist zurück in seinen Körper zu finden. Wir alle leben so stark in unserem Kopf und sind total abgeschottet von unseren Gefühlen, Emotionen und das was in unserem Körper abgeht.
Was da hilft sind bestimmte Dehnübungen. Es gibt da viele Ansätze von zahlreichen unterschiedlichen Arten. Ich kann jedem nur Bio-Energetics empfehlen. Das hat mir sehr geholfen auch mit vielen anderen Dingen.
Eine kurze Suche auf YouTube und man wird bereits mit vielen Übungen fündig.
Das kann ich bestätigen. Mir helfen Atemübungen bzw Meditation und Sport.
Hey Dan,
Danekschön für die sehr interessante Ergänzung! Von Bio-Energetics hatte ich noch nice gehört.
Liebe Grüße Tim
Hallo Tim,
das sind sehr schöne Worte, die gewiss einem depressiven (und im übrigen auch jedem nicht depressiven) Menschen gut tun. Ich (als Kind eines depressiven Elternteils) habe aber auch größten Respekt und eine gewisse Scheu, diese Worte zu benutzen, nicht, weil ich es nicht will, sondern weil ich nicht weiß, ob ich die Woge an Emotionen, die ich damit auslösen könnte, auffangen könnte. Und so gerne ich eben diese Worte sagen und damit Trost spenden möchte, so viel Mut verlangt es auch von mir, dies zu tun.
Trotzdem danke für diesen schönen Beitrag, den ich bestimmt noch ein paar mal lesen und wirken lassen werde.
LG,
Eva
Hey Eva,
was genau könnte denn passieren, schlimmstenfalls, wenn da eine solche Woge von Emotionen kommt, die Du befürchtest?
Liebe Grüße Tim
Lieber Tim,
Ich kann sehr gut nachvollziehen, dass und warum sich Betroffene diese Sätze wünschen…
Trotzdem möchte ich einmal erwähnen, dass insbesondere wenn es sich um Angehörige oder den Partner handelt in aller Regel auch ein Leben vor der Depression existiert hat. Und es entsprechend normal ist – und wie ich finde auch weiterhin sein darf – den geliebten Menschen aufbauen zu wollen, ablenken zu wollen.
Es ist keine Frage, dass wenn man dann „merkt“ – oder es eben diagnostiziert wird – dass es sich eben nicht um eine verstimmung, sondern um eine Krankheit handelt, man mit Sätzen wie „das musst du nur mal positiv sehen“ nicht sonderlich weiter kommt, ich denke das merken auch die meisten bald…
Ich plädiere aber für eine Art Mittelweg:
Der an Depressionen leidende Mensch sollte in seiner Krankheit akzeptiert werden und als Person wertgeschätzt werden und trotzdem finde ich es wichtig ein gewisses Maß an „normaler zwischenmenschlicher Interaktion“ zu erhalten.
Z.b. auch sagen zu „dürfen“, obwohl es natürlich den depressiven Menschen zusätzlich belastet, wenn man mit etwas Schwierigkeiten hat.
Insbesondere bei Männern äußert sich Depression auch durchaus durch vermehrte wutausbrüche…es muss, um Beziehungen am Leben zu halten, auch während dieser Krankheit möglich sein als „gesunder“ Bedürfnisse zu äußern, der depressive Mensch ist ja schließlich nicht nur das sondern eben auch Freund, Vater, Bruder, Mann…
Und ihn oder sie nur noch wie ein rohes ei behandeln wird über kurz oder lang entweder die Beziehung oder die andere Person kaputt machen.
Unterstützung und Wertschätzung zu äußern und auch tatsächlich zu geben sollte aber natürlich immer ein hauptaspekt sein.
Danke Natalia, du triffst den Nagel auf den Kopf. Zumal nicht nur der kranke Mensch zu kämpfen hat, sondern auch alle die ihn lieben und helfen wollen. Die dann auch damit zurecht kommen müssen, hilflos zu sein und ständig vor den Kopf gestoßen werden. Wofür der kranke Mensch nichts kann, weil es dem KrankheitsBild entspricht, aber nichts desto trotz auch eine große Bürde ist.
Das stimmt schon dass man sagen darf wenn es einem zuviel wird als Angehöriger. Das wie und wann ist aber entscheidend und kann lebenswichtig sein.
Hi liebe Natalia,
Dankeschön für Deinen sehr wertvollen Kommentar!
Es stimmt, es braucht auch Verständnis und Geduld für den Angehörigen, der ein allzu menschliches Bedürfnis hat, dass es ihm in seinem Leben auch gut geht, dass sich die Dinge bald wieder einpendeln, und dass er irgendwas AKTIVES dafür tun kann bzw. sich einen normalen Rest bewahren möchte.
Ich kann mir vorstellen, dass es etwas leichter wird, wenn der Angehörige weiß, dass der Betroffene in Therapie ist und er nicht selbst dafür Verantwortlich ist, ihn wieder „gesund zu bekommen“.
Liebe Grüße Tim
Mein Mann leidet schon seit Jahren an Depressionen.
Bereits in seiner Kindheit erworben. Nun endlich hat er einen vielversprechenden Therapeuten gefunden. Wir haben einen Notfallplan aufgestellt und erleichtert mich enorm.
Ich bin mir ganz sicher, dass er nicht mehr leben würde, wenn ich nicht alles gegeben hätte. Ich kann nichts von ihm verlangen, denn das erhöht den Druck, den er verspürt und das Gefühl der Isolation.
Klar gibt es Episoden, wo es ihm relativ gut geht, wo wir auch über meine Bedürfnisse behutsam sprechen können. Aber die können jederzeit vorbei sein und deswegen sehe ich es als sinnvoller an sich selbst von anderen Unterstützung und Halt zu suchen.
Er kann mir selten geben was ich brauche, da er selbst so viel um sich kreist. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass er sich sogar besonders schuldig und falsch fühlt, wenn er sich nicht dazu in der Lage fühlt.
Noch ein Grund, weshalb er an der Sinnhaftigkeit seiner Existenz zweifeln kann.
Ich glaube, Kopf hoch wird schon, ist das schlimmste Satz
Ja, das kann ich nachvollziehen (obwohl ja was Wahres dran ist oder dran sein kann). Liebe Grüße Tim
Meine Mutter war depressiv und ich war als Kind dieser Situation hilflos ausgeliefert, Ich hätte so gerne gehofen und habe doch so viel falsch gemacht. Geendet ist das ganze Drama, für meine Mutter, in einer Abhängigkeit zu Tabletten und Alkohl. Das schwere Leben ist für meine Mutter dann auf der Autobahn geendet.
Ich wäre so froh und dankbar für Hilfe und Unterstützung gewesen. So habe ich viele Jahre gebraucht, um zu verstehn dass sie einfach nicht anderes konnte…..leider war die Zeit noch nicht reif für Akzeptanz und verstehen.
Heute versuche ich sensibel und achtsam mit meinem Umfeld umzugehen…..
Hallo Anja,
dass Du viel falsch gemacht hast, klingt nach einem sehr harten Vorwurf an Dich selbst. Ich denke, dass ein Kind nicht in der Verantwortung ist, da „alles richtig“ zu machen – ein Kind ist ein Kind und sollte grundsätzlich von seinen Eltern gehegt und gepflegt werden, nicht anders herum.
Liebe Grüße
Tim
Hallo Anja,
ich kann Tim in seiner Antwort an dich nur beipflichten. Dich als Kind trifft weder Schuld noch eine Verantwortung gegenüber deiner Mutter. Ich bin nun weder Betroffene noch Angehörige aber ich betreue beruflich Eltern/Familien die sich in verschiedenen Problemlagen befinden.
Für mich ist es besonders schwierig wenn ich Eltern oder Elternteile habe, die ihre Krankheit nicht nur nicht eingestehen (sich gegenüber oder gegenüber den anderen) sondern versuchen sie zu verheimlichen. Wenn Hilfe nicht angenommen wird, wenn so getan wird als ob alles in Ordnung sei und wenn eben Kinder im Spiel sind die unter dieser Erkrankung leiden weil sie nicht ausreichend versorgt und gefördert werden und weil sie nicht wissen was los ist und denken dass sie daran Schuld sind, dass es dem Vater/der Mutter schlecht geht. Kinder fühlen sich sehr schnell verantwortlich. Und wenn da keiner ist, der ihnen diese Verantwortung abspricht, entstehen solche Gedanken wie du sie äußerst.
Liebe Grüße
Katharina
Hallo Tim,
ein schweres Thema …
Ehrlichkeit und Mitgefühl (kein Mitleid!) sowie Respekt dem Menschen mit seiner Erkrankung – die er oftmals selbst versucht zu rationalisieren und dabei keinen Schritt weiterkommt – gegenüber ist das, was unterstützt. Respekt ist darunter für mich das Wichtigste – weil ich die Erfahrung gemacht habe, dass sich bei meinem Gegenüber so schnell der Zweifel breit macht, weil er mir die Krankheit (oder besser gesagt: die Vorstellung/das Bild, das man davon hat) weder anmerkt noch – selbst in den schlimmsten Zeiten – auch nur im Ansatz angesehen hat und sieht.
Depression hat so viele Gesichter und Facetten wie es Menschen gibt, die davon betroffen sind. Und dann ist jede Phase oftmals wieder anders. Mir hat es immer geholfen, wenn ich ohne größere Diskussion praktische Unterstützung in alltäglichen Situationen, die mit Depressionen zum Teil kaum oder gar nicht mehr händelbar sind, bekommen habe. Im Umkehrschluss also die schlichte Frage: „Was kann ich für Dich tun?“
Viele Grüße aus Berlin,
Anja
Hey Anja,
Danke für Deine offenen Worte. Es war also so, dass Du auch in Deiner Verzweiflung und Kraftlosigkeit noch sehen konntest, wie man Dir gut helfen kann? Hättest Du Dich übergangen gefühlt, wenn jemand stattdessen sagt: „So, DAS erledige ich jetzt mal für Dich!“?
Liebe Grüße in den Norden
Tim
Meine Ergänzung
1. Das immer wieder fragen, ob mit dies und jenes nicht zu viel ist, ich mir zuviel zumute
– Und ich oft genug sage, dass ich nur das für, was ich möchte.
2. Die Hilfeangebote dieser Art, ja natürlich möchte ich Dir helfen, aber leider. – In diesem Moment passt es nicht, sonst schon.
Mein Erleben, es passt nie.
3. Dass Andere über mich hinweg entscheiden, dass ich etwas nicht machen möchte, ohne nachzufragen – mit der Begründung, es hätte mir sowieso nicht gut getan, wäre mir zuviel gewesen.
Die Mutmachsätze sind wirklich gut. – Wenn sie ernst gemeint sind und keine Floskeln.
Man kann wirklich unerträglich einsam und alleine sein.
Ich habe inzwischen meine eigenen Methoden, Ankerpunkte und Ressourcen entwickelt, es war öfters niemand zum Halten da.
Und mehr als da sein hätte es in diesem Situationen nicht gebraucht.
Mein Tipp als Selbst-Depressive für Angehörige und Freunde:
1. Akzeptieren, dass man nicht helfen kann, dass sich der andere besser, nicht mehr depressiv, traurig fühlt. Das kann nur der Kranke selbst.
2. Nochmal nachfühlen, ob mans wirklich akzeptiert hat.
Dann kann man erst wirklich helfen.
Z.b. dem anderen zeigen, dass man auch da sein kann, ohne „bespaßt“ zu werden. Jedes Gespräch ist in der Depression enorm anstrengend und fordernd. Man kann z.b. sagen: Ist es ok, wenn ich zu dir komm einfach da sein? Keine Sorge, ich beschäftige mich schon selbst.
Alleine dass jemand anwesend ist, der nicht das Gefühl gibt, dass man sich nun mit demjenigen beschäftigen muss, wo er doch schon mal da ist, kann helfen, das alleingefühl auf ein realistisches Maß zurückzudrängen.
Ich hatte ständig das Gefühl, anderen zur Last zu fallen, wenn diese etwas für mich machen. Jede Frage, ob man das für mich tun soll, hat mich in Verzweiflung gestürzt, weil ich es gebraucht hätte aber das doch nicht verlangen konnte. Doofer Gedankenkreislauf. Meine Schwester hat mich und dieses Denken anfangs ausgetrickst: sie hat mir z.b. eingekauft und kam mit den wichtigsten Sachen vorbei mit den Worten: „die hatten grad ein Angebot, da hab ich dir was mitgenommen. Wenn dus nicht magst, nehm ichs einfach wieder mit.“
Ja, der Grat zwischen übergehen und unterstützen ist schmal, aber da und aufmerksam zu sein, ist die Grundlage. Und die größte Hilfe ist die Unterstützung bei Alltagsdingen.
Und bitte bedenkt: Es kann sein, dass der Betroffene noch gar nicht selbst bewusst sagen kann, was ihm helfen würde, weil ers noch nicht weiß. Nicht, weil ers nicht sagen will.
…erstmal jemanden haben, der das zu einem sagt…. :-(((
ja… kann ich ganz nachvollziehen…
Esoterikgesülze wie
“ Denke pozitiv“
kann man da sicher nicht gebrauchen…
Ich habe 12 Jahre meinen depressiven Mann genauso behandelt und war für ihn da. Er hat jede Therapie abgelehnt und am Ende wurde gewalttätig gegen mich und meine Kinder….als Dank.
Das schlimmste in unserer Gesellschaft ist, dass diese Krankheit verheimlicht, runtergespielt und die Patienten mit Tabletten ruhig gestellt werden. Depressionen sind der Sache geschuldet, nicht mehr wertgeschätzt zu werden, vom Chef, Kollegen. ..etc. gedisst zu werden und wehrlos zu sein. Es ist eine unterschätze Krankheit, die vieles zerstört.
Volltreffer. Genau so ist es. Schön, dass das so hier zu lesen ist. Für Freunde und Angehörige ist es ja manchmal schwer, weil sie sich selbst oft hilflos fühlen. Und leider ist unsere Gesellschaft nicht wirklich danach ausgerichtet schwere/schwierige Gefühle zuzulassen.
Meine eigene Depression sehe ich ganz persönlich auch als Chance, denn sie nötigt mich zur Achtsamkeit.
Ja, Depression ist eine Krankheit. Und ab einer gewissen Schwere ist die ganze Familie und das Umfeld betroffen. Und wie bei jeder schweren Krankheit stossen wir oft schnell an unsere Grenzen damit. So können wir diese Prüfung annehmen und die 10 Sätze können dabei Stütze sein.
Noch schlimmer wird das dann nur, wenn wir unsere Grenzen über längere Zeit überschreiten. Es würde auch dem Kranken eher wenig helfen. Auch ich bin hier Betroffener und habe menen Teil mitgetragen.
[…] Mehr dazu unter Dir geht’s schlecht? 5 Anzeichen, dass Du eine Therapie brauchst. Siehe auch 10 Sätze, die Du einem depressiven Menschen sagen kannst. […]
Hallo Tim,
diesen Beitrag habe ich eben zufällig gefunden und ich bin total überrascht und freue mich! Vielen Dank dafür!
Dir weiterhin alles Gute und viele Freude in Deinem Tun,
liebe Grüße, Nora
[…] Schon im ersten Teil haben wir angeschaut, was NICHT hilft (trotz eventueller guter Absicht): […]
[…] auch Du bist niedergeschlagen? Diese Frage wirkt wie ein Antidepressivum und 10 Sätze, die Du einem depressiven Menschen sagen kannst sowie Forschung: So verändert Wandern in der Natur Dein […]
Wieder ein sehr schöner Text, danke dafür!
Aus meiner Sicht möchte ich anmerken dass man halt in einer Depression oft gar nicht um Hilfe bitten kann oder nur andeutungsweise. Es hilft aber wenn man Dinge abgenommen oder Entscheidungshilfen bekommt wie z.B. dass man gesagt bekommt dass es ok ist wenn man nicht immer mag und kann, dass der andere z.b. kocht, Einkaufsliste zusammen machen oder so. Auch Ablenkung kann hilfreich sein. Aber ohne Erwartungshaltung. Finde es so schwierig wenn man sieht dass der andere nicht verstehen kann dass man sich nicht freuen kann und deswegen dann traurig ist. Dann sind beide traurig und keinem ist geholfen.Aber ein Blumenstrauss mit der Bemerkung:Die Blumen blühen immer damit sie bereit sind wenn Du sie sehen kannst, nimmt den Druck.
Das Schlimme an der Depression, sind die Menschen, man wird nicht mehr für voll genommen.
Man wird abschätzig behandelt, darum getraut man es auch niemandem zu erzählen.
Der Rückzug tut uns gut, man wird nicht mehr dauernd aufgefordert, sich zusammen zu reissen.
Die Arbeit darf mal liegen gelassen werden, ohne Schlampe genannt zu werden. Lasst uns die Zeit, die wir brauchen und denkt daran, wir sind nicht blöd und dumm deswegen.
Emilia
Hallo Tim, das ist eine sehr gute Auflistung, vielen lieben Dank! Ich bin jedoch über den zweiten Satz gestolpert. Macht hier die Negation „ich verlasse dich nicht“ nicht noch mehr kaputt? Ich würde zu „ich bin / bleibe bei dir / an deiner Seite“ tendieren.. Was meinst du?
Lieber Martin
Im Gegenteil, man ist so in den negativen Vorstellungen gefangen, dass es ganz gut tut, wenn jemand die Angst verlassen zu werden explizit verneint bekommt. Der Satz „ich bleibe an deiner Seite“ würde ich meinem Gegenüber keine Sekunde glauben, in so einem Moment.
Ich bin selbst depressiv und ich kann eins sagen gleich vorab, dass die Krankheit nicht heilbar ist. Eins ist jedoch selbstverständlich machbar, dass ich selbst auf mich aufpasse, damit ich nicht mehr in dieses Loch falle. Ich denke jeder von den Menschen, die depressiv sind, kennen das Gefühl „sich wohl fühlen“, wenn es einem schlecht geht. Es ist einfach das Bekannte. Der Depressive zieht sich zurück, somit wird erstmal ein Schutz aufgebaut. Natürlich sind damit nicht die Probleme gelöst, aber es ist erstmal eine Lösung da. Ein Bild, dass vielleicht vielen bekannt ist. Man steht vor dem Abgrund und hat die Entscheidung zu springen oder zu gehen. In der Selbsthilfegruppe für Depressive in der ich bin bezeichnen viele diese als „Wohlfühlzone“ und das Gehen als Unsicherheit. Wie schon gesagt mit dem Schlimmen kann man umgehen, aber mit dem Weg der vieles offen hat nicht.
Eins vorneweg, das Umfeld kann die Diagnose nicht stellen. Der Betroffene selbst ist verantwortlich dies anzuerkennen und sich Hilfe zu holen. Nur so ist es möglich aus dem Loch rauszukommen. Was die Umgebung machen kann solange der Mensch dies nicht wahrhaben will? „Nichts“ Ich kenne das für mich. Ich hab dann gesagt: „Ist grad eine schlimme Zeit, das wird schon wieder oder der beliebte Satz: Anderen geht es noch schlimmer.
Bei mir war es der 6. Januar 2014 an dem ich für mich die Diagnose „Depression“ festgestellt hab. Es war einer der schlimmsten Tage in meinem Leben. Ich hab aus irgendeinem Grund an diesem Tag an eine bestimmte Situation in meinem Leben denken müssen. Auf einmal passierte folgendes: Ich habe eine inneres Fallen gespürt. Es war furchtbar, aber ich habe es noch wahrgenommen. Für mich war das ein Weckruf. Ich hab gleich im Internet recherchiert, ob es eine Selbsthilfegruppe gibt. Habe mir Therapeuten rausgesucht. Mir war klar, dass wenn ich nicht sofort handle ich tief fallen werde.Das Glück in diesem Fall war, war das ich keinen Partner oder eigene Familie hab. Somit niemand der sagt es ist bestimmt nur ein schlechter Tag.
Die Selbsthilfegruppe hab ich sehr schnell gefunden und bin auch zwei Wochen später dahin gegangen. Meine Rettung, sonst kann ich aus heutiger Sicht nicht sagen, wo ich wäre. Leider klappte das Ganze mit einem Therapeuten nicht so schnell. Es hat ein halbes Jahr gedauert bis ich den ersten Termin hatte. Ich wusste, aber ich brauch die Einzeltherapie auch.
Die Selbsthilfegruppe hat mir folgendes gebracht. Erstmal zu sehen ich bin nicht alleine. Das war der erste und wichtige Punkt. Des Weiteren ich kann über bestimmte Punkte reden ohne verurteilt zu werden. Sehr wichtig, damit eine Distanz geschaffen wird, wenn ich was erzählt habe, war und ist die Ich-Form zu nutzen. Wenn einer aus der Gruppe Input braucht, dann immer auch die Ich-Form nutzen. In einer ähnlichen Situation habe Ich das gemacht. Das bedeutet nicht, dass es für die Person in der Gruppe die Lösung ist. Es war lediglich für mich die Lösung in einer ähnlichen Situation. Da jeder ein Individuum ist, gibt es sein Problem auch nur einmalig. Wichtig war für mich auch zu erkennen, dass jedes Problem auch ein Problem ist und dies auch eine Lösung Bedarf. Des Weiteren gestehe ich mir ein, dass es mir auch mal nicht gut geht. Nein es geht mir auch nicht besser, wenn es anderen schlechter geht. Ist Schwachsinn!
Die Einzeltherapie war und ist für mich wichtig aus dem einfachen Grund. Ich geh zu einer Person hin, die nur für mich da ist in der Stunde. Ich kann ihr das erzählen was mir wichtig ist ohne ein schlechtes Gewissen zu haben. Bei mir war es immer das schlechte Gewissen, dass ich jemanden mit meinen „Problemen“ belaste, dass mich dazu gebracht hat, immer alleine zu kämpfen.
Die Kombination aus Einzeltherapie und Selbsthilfegruppe hat mich aus dem Loch rausgeholt und ich bin in der Phase zum Weggehen vom Loch. Wichtig für mich war, dass ich erkannt habe, dass die Selbsthilfegruppe nicht für die Therapie geeignet ist. Ich hab sie als Übung hergenommen, um bestimmte Situationen im Alltag zu bewältigen. Nur mal ein Beispiel ein Neuer kam in die Gruppe und ich hab ihn nur einmal angesehen und ich hatte in dem Moment das Gefühl, als würde er mir seine ganzen Probleme übertragen. Kann keiner verstehen und erwarte ich nicht. Ich war kurz davor die Gruppe zu verlassen, da mich seine Anwesenheit erdrückt hat und meinen Alltag nicht einfacher gemacht hat. Ich hab dann zusammen mit einigen aus der Gruppe die Lösung für mich gefunden. Einer aus der Gruppe hat mir immer ein Platz freigehalten, sodass ich nicht in die Situation kam, dass diese Person neben mir sitzt. Wichtig war auch kein Augenkontakt. Außerdem, wenn ich gemerkt habe, dass die Situation für mich „erdrückend“ wurde, habe ich den Raum verlassen. Stück für Stück habe ich mich aus der Situation befreit. Nach ein paar Wochen war ich soweit, dass ich mich sogar neben ihn setzen konnte ohne dieses Gefühl zu haben, dass seine Probleme meine Probleme sind.
Ein Beispiel, dass ich aus der Gruppe mitgenommen hab und für mich im Alltag einsetze ist. Ich kam ganz verärgert und wütend in der Gruppe an. Vorfall: Ich war erstmals spät dran und dann an der Rolltreppe standen zwei Damen und haben sich unterhalten. Was war so schlimm daran? Ganz einfach ich kam nicht weiter und sowohl ich als auch andere haben dann die Treppen wütend genommen. Einer aus der Gruppe fragte mich dann, wieso habe ich die Damen nicht gebeten, doch einfach zur Seite zu treten. Danach hab ich gesagt stimmt. Es kann ja durchaus sein, dass die beiden gar nicht gemerkt haben, dass sie im Weg stehen. Ich mein keiner sitzt im Kopf des anderen. Dies war ein Erlebnis das mich positiv geprägt hat. Wenn mich jetzt etwas stört, dann spreche ich es an bevor ich mich ärgere.
Wichtig war noch das ich aus diesem Loch herauskomme, dass ich mit meiner Umgebung spreche. Mit Familie und Freunde. Ich hab offen mit Ihnen gesprochen, dass die Situation für mich im Moment so ist. Ich hatte Glück, dass ich hier Unterstützung erhalten hab. In welcher Form. Ganz einfach, dass meine Umgebung mich akzeptiert hat. Mir nicht die Sätze an den Kopf geworfen hat. Es wird schon wieder… Ich hab auch von diesen Pflichtbesuchen oder Pflichttelefonaten entfernt. Natürlich war es im ersten Moment so, dass es so war, als entferne ich mich von meiner Umgebung. Nein es war anderes und das hat meine Umgebung auch so gesehen. Ich freue mich, wenn ich mich mit meinen Freunden treffe oder meine Familie sehe, einfach weil ich es steuere. Ich hab wirklich ein Terminplan, wann ich wenn treffe. Ich nehme mir auch Zeit. Abstand schafft somit Nähe. Hört sich im ersten Moment komisch an, aber es ist so.
Wichtig war auch sogenannte „Freunde“ nicht mehr zu sehen. Es heißt nicht umsonst, dass man in schlimmen Zeiten, die wahren Freunde kennen lernt. So war es bei mir auch. Als ich mich auch wichtig genommen hab und auch eine Stimme hatte, war es für einige wie ein Schock. Ich habe mich schweren Herzen von diesen Menschen getrennt.
Eins habe ich auch gelernt, damit ich nicht wieder am Abgrund stehe, dass ich nicht dafür verantwortlich bin, dass ich die Probleme der anderen lösen. Auch eine Freundschaft bedeutet nicht, dass jeder Müll bei mir abgeladen werden darf. Eine Freundschaft beruht auf Geben und Nehmen.
Ich habe auch in den letzten Monaten für mich erst erkannt, dass ich zu den Hochsensiblen gehöre. Das war für mich auch ein Aha-Effekt, was für mich auch viele Situationen erklärten.
Was ich nach den vielen Jahren der harten Arbeit gelernt hab, dass ich auf mich aufpassen muss. Ich bin für mich verantwortlich. Nur wenn ich das beachte, kann ich mit dieser Krankheit auch umgehen. Ich hoffe es gelingt mir. Ich lerne aber jeden Tag hinzu.
Da ich nur die Sichtweise eines Kranken kenne, kann ich nicht sagen, was die Angehörigen machen sollten bzw. wie sie mit der Ohnmacht des Nichtstun klar kommen können oder sollten. Ich hab meinem Umfeld immer gesagt, dass sie sich keine Vorwürfe machen sollen, dass sie nichts dafür können. Es war für mich eine Hilfe, dass ich wusste es ist jemand da und mich nicht veurteilt. Alleine dieses Gefühl hat mir geholfen. Ich habe auch nicht vergessen zwischendurch auch mal Danke zu sagen. Die Krankheit ist kein Freifahrtschein…
Mir gehts am Besten, wenn man gar nichts sagt und mich einfach in Ruhe lässt.
Lieber Tim, vielen Dank für solch hilfreichen Worte. Auch all den anderen ein großes Dankeschön. Ich habe einen lieben Freund, der depressiv ist und zudem vor 2 Jahren seine Mutter durch eine schwere Krankheit verloren hat. Ich arbeite selbst in einem sozialen Beruf und mir ist der Umgang mit verschiedenen Krankheiten nicht fremd. Ich glaube aber, dass genau hier das Problem liegt. Denn dieser liebe Freund glaubt, ich würde all das Verständnis und die Empathie nur aus einer professionellen Haltung heraus zeigen. Er liegt mir so unglaublich am Herzen und das sage ich ihm auch. Leider ist es so, dass wir über 200 km voneinander entfernt leben und sich vieles auf Whatsapp und telefonieren beschränkt. Er selbst glaubt oft, mir mit seinen Ängsten, Gedanken und vielem mehr zuviel zuzumuten. Ich ermutige ihn immer wieder, dass ich es so nicht empfinde. Aber ich fühle mich oft hilflos. Besonders wenn es darum geht, dass ich ihm als Mensch und Freundin zur Seite stehe und nicht aus professioneller Sicht. Vielleicht habt ihr ja noch hilfreiche Tipps, für die ich unglaublich dankbar wäre.
„Denk doch mal positiver!“ „Geh mehr an die frische Luft!“ „Du müsstest nur mehr unter Leute gehen …“ – finde ich ganz ganz schlimm, man fühlt sich als ob man simuliert, als ob man zum Spass zur Therapie geht und bereut auf der Stelle überhaupt etwas erzählt zu haben.
Hingegen „Gemeinsam schaffen wir das, ich liebe Dich!“ und „Ich verlasse Dich nicht.“ geben das Gefühl von Sicherheit.
Du sprichst mir aus der Seele mit diesen Worten. Ich bin zwar nicht wirklich diagnostiziert depressiv, aber ich habe meine Downphasen und bin ein ziemlich negativer Mensch. Ich werd oft von meinen Eltern gefragt, wo das Selbstbewusstsein hin ist, dass ich als Kind hatte. Ich kann lachen, ich kann gut drauf sein, ich kann auch richtig glücklich sein. Nur mach ich mir immer zu viel Kopf. Ich bin ein Overthinker. Und da es manchmal so ist, dass ich am Tag danach, wenn der Vortag richtig gut lief und ich Spaß hatte mit Freunden, dass ich dann noch tiefer in meiner Grube sitze. Ich geh übrigens nicht viel raus und etwa 90% meiner Freunde sind online. Real scheitern etwa 8/10 Verabredungen seit Jahren. Ich muss ab und an drüber lachen, wenn mir wer sagt: „Ja, verabred dich doch. Frag einfach, ob wir was unternehmen und dann machen wir das“, denn mein Bauchgefühl sagt mir schon beim Aufstehen: „Warts ab. Du brauchst dich nicht stressen. Da kommt bestimmt ne Absage.“ Das erlebe ich seit ich ein Teenager bin und ich frage mich immer wieder: Liegt es an mir? Bin ich nicht gut genug? Langweilig? Nicht witzig, klug genug, modisch genug, cool genug, dass man mit mir wohin gehen will? Ich fragte einmal meine beste Freundin, ob sie mich nie mitnimmt zu ihren anderen Freunden, weil sie sich für mich schämt. Die Antwort war, dass ich mir eigene Freunde suchen muss und das halt ihr Freundeskreis ist und sie ja wisse, dass ich mich sowieso unwohl fühle. Danke, aber Aufwärmphasen im Sinne von „ich sitz mal da, hör zu und bring mich dann ein“ brauchte ich schon als Kind. Ich bin halt kein „ich liebe alle Leute und es ist super und ja, umarmt mich auch gleich“ Mensch. Scheint in der Gesellschaft nur nicht zu gehen, sondern endet in genau den drei Beispielen, die du da oben anführst. „Sei doch mal gut drauf“.
Hallo 🙂
Ich finde die Sätze absolut zutreffend. Das ist genau das, was ich manchmal gerne hören würde. Etwas positives, freundliches, das ich wichtig bin und geliebt werde, gehalten.
Vielen Dank dafür!
Mir erging es wie Knoxi hier, nur das ich all die Sätze befolgt habe, ohne das ich wusste was richtig oder falsch war. Leider zog sich mein Ex Partner immer mehr zurück in seine Welt, die ich nur bedingt verstanden habe. Ich habe Ihnen so gelassen wie er es für den Moment gebraucht hatte. Ich merkte wann er sehr tief in seinen Depressionen gefangen war, ich erkannte ohne nicht wieder. Bis er unsere Beziehung beendete um mich nicht weiter zu verletzten. Ich habe mich sehr hilflos gefühlt und der Zeit. Das schlimmste für mich war mit anzusehen wie dieser geliebte Mensch immer mehr in ein tiefes Loch fällt und mir die Hände gebunden waren.
Ich liebe diesen Menschen nach wie vor.
Grüßle Betty
Liebe Betty,
ich habe deinen Beitrag gerade gelesen und habe gedacht ich hätte das geschrieben. Mein Schatz hat vor 3 Wochen gemeint, es wäre Momentan besser, alles auf freundschaftlicher Basis fortzuführen. Leider hat er an diesem Tag auch den Kontakt komplett zu mir abgebrochen. Ich wünsche mir jeden Tag einfach nur ein Zeichen von Ihm. Ich habe ihm immer wieder gesagt, dass ich für ihn da bin, wenn er mich braucht. Ob er unsere Beziehung jetzt wirklich beendet hat oder einfach nur eine Pause bzw Auszeit benötigt, weiß ich nicht. Ich vermisse ihn sehr. In den letzten 3 Wochen hatte er auch noch Geburtstag und es war Nikolaus. Ich habe ihm jeweils einen lieben Gruß geschickt, wo er sich auch bedankt hat. Mehr nicht. Sein Geburtstagsgeschenk habe ich ihm per Post zukommen lassen, mit den Worten, dass ich es ihm gerne persönlich gegeben hätte, aber im Moment leider keine Möglichkeit dazu besteht. Er solle es dennoch genießen. Ich hoffe er hört sich die CD auch an. Meine Angst ist es eher, dass ich das Geschenk zurück bekomme. Warum auch immer.
Fühl dich gedrückt.
Gruß Netty
Hallo,
Ich habe eine Frage…hab über das Internet jemanden kennengelernt und ich mag sie sehr. Jedoch ist es so das sie in einer depressiven Phase steckt und ich gerneut für sie da wär. Momentan geht das nur über Handy, denn bisher konnten wir uns noch nicht treffen. Habe schon öfter angeboten zu ihr zu kommen, sie wohnt über 200km entfernt.
Würde sie mir es denn sagen das sie das will? Wie würde sich das äußern? Woran erkennt man sowas?
Es ist echt verdammt schwer für mich aber ich versuche der starke zu sein und werde sie nicht alleine lassen.
Wäre dankbar wenn ihr mir weiterhelfen könnt.
LG
Hallo Tim, ja ,ich kenne DAS auch alles. Diese Stimmungsschwankungen rauben ganz schön viel Kraft.
Noch heute, mit 50 Jahren, weiß ich noch immer nicht im welchem Maß ich dazu stehen soll….
Wer Depressionen nicht kennt,kann es nicht verstehen. Man wird nur in EINE Schublade gesteckt,dabei hat diese Krankheit doch so viele Facetten….
Ich habe das Glück ,einen sehr verständnisvollen und einfühlsamen Partner zu haben . Er fängt mich auf ,wenn es mir schlecht geht und nimmt und liebt mich wie ich bin. Das ist ein Geschenk…
Ich halte mich an Menschen,die mir gut tun ,bei denen ich mich geben kann wie ich bin und mich die mich zum lachen bringen….und wen ich eins für mich gelernt habe : Alles wird irgendwann,irgendwie wieder gut.
Hallo Tim, hallo Nora,
danke für den absolut tollen Beitrag.
Auch ich bin derzeit mal wieder in einer depressiven Episode und kenne Sätze wie „auf Regen folgt Sonnenschein“, „stell dich nicht so an “ oder auch „Wieso hast Du denn schon wieder Depressionen? Du hast doch so ne schöne Wohnung!“ –> what the fuck? Wo ist die Logik?
Was mir hilft: keine guten Ratschläge, sondern einfach nur die Anwesenheit einer Person. Es geht nicht darum, dass jemand mich repariert, sondern mir das Gefühl gibt, dass ich so wie ich bin, in Ordnung bin. Nicht mehr und nicht weniger.
Liebe Grüße, Cathrin
Ich bin dir echt immer wieder dankbar für deine Artikel.
Ich habe selbst schon seit 2010 mit Depression und Panik- Angststörung zu kämpfen. Es gibt Tage an denen geht es mir gut und ich fühl mich stark und dann an anderen Tagen wie ein kleiner unbedeutender Wurm. Es ist beides eine Krankheit und das anstrengende ist sich dann daran zu erinnern, dass man selbst mehr ist als die Depression oder Panikattacken.
Die Sätze die helfen sind tatsächlich sehr wertvoll und ich bin immer froh, wenn ich zu hören bekomme das ich ihnen wichtig bin und sie mich nicht verlassen.
Danke dir und mach bitte weiter so!!!
Es ist fuer mein gegenueber nicht leicht, mit mir ins gesptaech zu kommen.
Manchmal ist es gut wenn derjenige das auch sagt und seine gefuehle auch mir gegenueber aeussert.ansonsten wuensch ich mir halt viel geduld.
Lg claudia
Lieber Tim, das ist wirklich eine sehr gute Liste und trifft den Nagel auf den Kopf. Als meine Mutter depressiv war, war ich total überfordert und leider nicht oft genug in der Nähe, um mir über das Ausmaß bewusst zu werden. Ich werde mich an deine Liste erinnern und sie mir zu Herzen nehmen. Wie gesagt, Depressionen können jeden treffen.
Von einer Depression war ich bisher nicht betroffen, aber bei depressiven Verstimmungen finde ich ganz schlimm und nervig die Fragen: „Was ist denn los?“, „Warum bist du denn so schlecht drauf?“. Ich habe darauf nicht immer eine Antwort… ich brauch dann einfach Ruhe, bin redefaul und möchte mich nicht erklären müssen. Jemand, der einfach da ist, anbietet, mir etwas an Aufgaben abzunehmen, um mich zu entlasten, das hilft mir… und jemand, der ein offenes Ohr hat und einfach zuhören kann, ohne zu verurteilen. LG Susi
Gut tut alles, was nicht unter Druck setzt. Ganz schlimm finde ich, wenn jemand sagt, ich soll mir nicht alles so zu Herzen nehmen.
Hallo zusammen, ich habe eure Kommentare gelesen und es freut mich, das hier ganz Gute Tipps zu lesen sind.
Ich selber leide seit ü 30 Jahren unter Bipolaren Störungen/ Depressionen.
Ich hab mir ein Ziel gesetzt ein kleiner Beitrag zur Aufklärung zu leisten. Auf meinem Youtube Kanal.
Gebt in YT Feld einfach : Der Klassiker rein und Depressionen.
Es gibt auch andere Doku wo über andere Psychische Krankheiten aufklären.
Sehr gut, dass Du noch einmal betonst, was Betroffenen nicht gut tut und welche Worte wirklich helfen. Solche Listen sind unglaublich hilfreich für Angehörige und Partner