„Gute Gewohnheiten sind es wert, sie nahezu fanatisch zu betreiben“, schrieb der Autor John Irving (dessen Buch „Owen Meany“ eines der schönsten ist, das ich je gelesen habe.)
Schon lange faszinieren mich die Routinen berühmter Künstler, Autoren, Forscher und sonstiger einflussreicher Menschen.
Bei Wolfgang Amadeus Mozart (1756-1791), diesem kreativen und produktiven Genie, ist das genauso.
In einem Brief an seinen Vater aus dem Jahr 1777 schreibt der 21-Jährige Wolfgang Amadeus von seinen täglichen Routinen in Mannheim, wo er Arbeit suchte, aber nicht fand, und deshalb im Haus der befreundeten Musikerfamilie Weber unterkam (und sich in eine der Weber-Töchter, Aloysia, verliebte, die dies jedoch nicht erwiderte):
Ich schreibe diesen Brief um elf Uhr in der Nacht, weil ich sonst keine freie Zeit habe. Wir können am Morgen nicht so leicht aufstehen, da es in unserem dunklen Zimmer im Erdgeschoss nicht vor halb neun Uhr Licht gibt. Anschließend ziehe ich mich schnell an; um zehn Uhr setze ich mich zum Komponieren hin bis zwölf oder halb eins. Dann gehe ich ins Gasthaus, wo ich gewöhnlich bis halb zwei Uhr schreibe, dann essen wir zu Mittag. Um drei Uhr nachmittags geh ich zu einem Hotel, dem Mainzer Hof, und gebe einem niederländischen Offizier Musikunterricht, für den ich vier Dukaten für zwölf Unterrichtsstunden bekomme. Um vier Uhr gehe ich heim, um den Töchtern der Webers Unterricht zu geben. Wir beginnen nie vor halb fünf, weil wir auf die Kerzen warten müssen. Um sechs Uhr verlasse ich das Haus erneut, um die Tochter des Geigers Cannabich zu unterrichten. Dort bleibe ich bis zum Abendessen, wo wir uns unterhalten und manchmal noch musizieren. Anschließend nehme ich stets ein Buch aus meiner Tasche und lese …
(gefunden bei: Brainpickings, übersetzt von mir)
Mozart bemühte sich mehrere Jahre lang erfolglos nach einer Anstellung in einem Adelshaus. Ohne Erfolg.
Also beschloss er 1781, sich in Wien als freiberuflicher Komponist und Musiker niederzulassen. Zwar waren sein Ruf bereits gut und die Aufträge zahlreich. Aber es war hart verdientes Geld. Mozart hetzte von einer Klavierstunde zur nächsten, gab hier Konzerte und versuchte dort, die Gunst der Mäzene der Stadt zu gewinnen.
Neben seiner frischen Beziehung mit seiner späteren Frau Constanze blieb ihm so nur wenig Zeit zum Komponieren (er nennt es „Schreiben“). Dennoch blieb es ihm wichtig und er wollte es unbedingt fortführen.
1782 beschrieb er in einem Brief an seine Schwester seinen hektischen Alltag und seine täglichen Routine in Wien:
Um sechs Uhr früh bin ich schon allzeit frisiert, um sieben Uhr ganz angekleidet. Dann schreibe ich bis neun Uhr. Von neun Uhr bis ein Uhr habe ich meine Unterrichtsstunden; dann esse ich, wenn ich nicht zu Gaste bin, wo man dann um zwei Uhr und auch drei Uhr speist, wie heute und morgen bei der Gräfin Zizi und Gräfin Thun. Vor fünf Uhr abends oder sechs Uhr kann ich nichts arbeiten, und öfters bin ich durch eine Akademie daran verhindert; wo nicht, so schreibe ich bis neun Uhr. Dann gehe ich zu meiner geliebten Constanze, wo uns aber das Vergnügen, uns zu sehen, durch die bitteren Reden ihrer Mutter größtenteils vermiest wird. Um halb elf Uhr oder elf komme ich nach Haus: das besteht von dem Schuss ihrer Mutter oder von meinen Kräften, ihn auszuhalten. Da ich mich wegen den vorfallenden Akademien und auch wegen der Unsicherheit, ob ich nicht bald da, bald dort hin gerufen werde, auf das Abendschreiben nicht verlassen kann, so pflege ich (besonders wenn ich früher nach Hause komme) noch vor dem Schlafengehen etwas zu schreiben. Da verschreibe ich mich öfters bis ein Uhr, und dann geht es wieder um sechs Uhr auf.
(gefunden in: „Musenküsse“ von Mason Curry)
Klingt stressig und war es sicherlich auch. Mozart konnte lange Zeit nicht annähernd so frei leben und wirken, wie er es sich wünschte. Er musste Geld verdienen, wollte auch sein Privatleben nicht komplett an den Nagel hängen.
Trotzdem schaffte er immer etwas Raum für das, was ihm am wichtigsten war, das Komponieren. Mit Gewohnheiten schaffte er sich dafür Inseln, statt zu sagen: „Ach, alles anstrengend genug, vielleicht hab ich morgen ja mehr Zeit dafür.“
Ich bin nun weiß Gott nicht Mozart. Doch eine Parallele gibt es. Zu Zeiten meines ungeliebten Beraterjobs stand ich jeden Morgen sehr früh auf, um noch vor der Arbeit an meinem Ticket für die Freiheit zu arbeiten, meinen Internetseiten. Dasselbe tat ich in den Mittagspausen, während die Kollegen Pizza essen gingen, und am Feierabend, und oft auch am Wochenende. Zunächst musste ich mich überwinden, es wurde jedoch recht schnell eine Gewohnheit.
Keine Ahnung, ob das für jeden was ist, aber ich habe diese Anstrengungen nie bereut. Inzwischen lebe ich seit 5 Jahren von meinem Business, etwas, wovon ich schon als 16-Jähriger träumte.
Welche Gewohnheiten könnten Deinen großen Traum wahr werden lassen?
(Besonders wichtig ist diese Frage, wenn Du derzeit ein Schattenleben lebst – siehe 5 Anzeichen, dass Du nicht DEIN Leben lebst.)
P.S.: Wenn Du entdecken willst, wie Du Gewohnheiten in Dein Leben holst – in kleinen, realistischen Schritten und vor allem dauerhaft, könnte das myMONK-Buch was für Dich sein: 12 Gewohnheiten, die Dein Leben verändern.
Hi Tim… danke, dass das Wort „Gewohnheitstier“ durch deinen Artikel gleich einen besseren Anstrich bekommt 🙂 Ich kann es nur bestätigen: gute Gewohnheiten, sind stabilisierende Momente in meinem Alltag. Mich erden sie, der Tag bekommt etwas Beständiges dadurch und es gibt immer eine feste Größe im Trubel und der Fülle eines Tages. Etwas, worauf ich mich freuen kann und das ich mir selbst gebe! Egal, ob diese gute Gewohnheit der tägliche Spaziergang mit dem Hund ist oder die Bürstenmassage am Morgen, die mich frisch und munter macht (übrigens…. nachdem ich KALT geduscht habe …die Angewohnheit ist noch nicht so alt und stammt aus einer Anregung hier ;)) Also für mich sind gute Gewohnheiten Geschenke an mich selbst und an meine innere Gesundheit.
Hey Regina,
das ist ein sehr schönes Plädoyer für die Gewohnheiten, Danke!
Ich erlebe sie auch als sehr stabilisierend. Sie sind auch für meine Arbeit enorm wichtig. In Sachen Freizeit könnte ich da auch mal wieder was nachlegen …
Liebe Grüße
Tim
Hi Tim, ich glaube, ich hatte es an anderer Stelle schon einmal erwähnt: Ich habe Dein Buch „12 Gewohnheiten, die Dein Leben verändern“ als Hörbuch wirklich genossen und auf mich wirken lassen. Und was soll ich sagen 🙂 Genau das hat bei mir zu einer Gewohnheit geführt, nämlich mir die Zeit zu nehmen spazieren zu gehen und dabei tolle Hörbücher oder Podcasts zu hören. Ähnlich wie bei Dir (bei mir ist es nach der Arbeit) scheint es zwar zeitlich „on top“ zu kommen aber es erhöht meine Lebensqualität ungemein.
Weitere Gewohnheiten sind, Gespräche und Situationen für mich zu reflektieren und z.B. noch einmal zu schauen, warum ich evtl. emotional angeschossen war oder mir das so besonders gut getan hat. Dazu dann noch das dankbar sein nach dem Aufstehen, usw.
Also ich kann Dein Buch uneingeschränkt empfehlen und alle, die sich durch den Artikel angesprochen fühlen, können damit toll in die Umsetzung gehen. Vielen Dank dafür!
Hey Dirk,
herzlichen Dank für Deine Zeilen, es ist toll für mich zu lesen, dass Dir das Buch geholfen hat, etwas ganz konkret zu verändern!
Der Spaziergang nach der Arbeit ist wirklich eine hervorragende Sache, hab ich damals im Job auch gemacht, da bin ich so oft es ging nachhause gelaufen, statt Bus oder U-Bahn zu nehmen.
Deine Reflektionsgewohnheit finde ich auch spannend, die müsste man so drehen, dass es jeden Tag was zu tun gibt – auch dann, wenn Du mal nicht angefressen warst.
Thema Dankbarkeit nach dem Aufstehen … vielleicht hier noch mal eine kleine Motivationshilfe 🙂 https://mymonk.de/vorm-fruehstueck/
Liebe Grüße und ein schönes Wochenende Dir,
Tim
Dazu gibt es eine sehr schöne Indografik in der nicht nur Mozart auftaucht: „Wie haben die größten Persönlichkeiten der Menschheit ihren Tag verbracht?“
http://www.pooly.net/wie-haben-die-groessten-persoenlichkeiten-der-menschheit-ihren-tag-verbracht-infografik/