Teile diesen Beitrag "Du magst Deinen Job nicht mehr? Das kannst Du tun"
Text: Johanna Wagner
Das Leben ist kein Ponyhof, auch kein Wunschkonzert und manchmal scheinen sich selbst in unserem fortschrittlichen Land voller Möglichkeiten genau diese zu erschöpfen, nämlich dann, wenn es um unseren Job geht. Dann ist der Chef der Leiter des Ponystalls und derjenige, dessen Wunschzettel wir das ganze Jahr über fleißig abarbeiten, während wir kurz vor Weihnachten unser 13. Gehalt vermissen – na danke!
Erfüll’ Dir Deinen eigenen Wunschzettel
Vieles, was unveränderlich scheint, ist in Wahrheit nicht zementiert, sondern genauso plastisch wie unsere Luftschlösser, die wir nie versuchen in Stein zu meißeln – nur, weil wir keine Architekten sind, also vermeintlich wieder den falschen Job haben, und „weil das Leben so nicht funktioniert“, eben weil es kein Wunschkonzert ist.
Aber was ist, wenn es doch ein Wunschkonzert ist?
Was ist, wenn wir an unsere Träume glauben dürften, an ihnen schrauben und bauen würden und uns als Architekt unseres Lebens den eigenen Wunschzettel erfüllen könnten? Täglich einem Job nachgehen würden, in dem wir Sinn und Freude erfahren, oder eine Aufgabe finden, die uns motiviert.
Gute Miene zum bösen Spiel
Laut der Gallup-Studie, die die Qualität am Arbeitsplatz untersucht, identifiziert sich gerade einmal ein Drittel der in den USA Beschäftigten mit dem eigenen Job. Ein Drittel… Das bedeutet, dass zwei Drittel der Beschäftigten jeden Tag etwa neun Stunden (oder jede Woche 45 Stunden oder jeden Monat etwa 20 Tage) einer Tätigkeit nachgehen, zu der sie sich überwinden müssen.
Ich finde: Dafür ist das Leben viel zu kostbar. Sich tagtäglich leidenschaftslos einem ungeliebten Job anzupassen, sich in Monotonie zu üben und mit Kompromissen zufriedenzugeben, nur weil am Monats- oder am Lebensende vielleicht das Gehalt stimmt.
Für mich stehen Freiheit und Zeit über Vermögen und Sicherheit. Ich denke lieber selbst, anstatt so zu denken, wie andere es erwarten. Ich teile mir die Schichten gern selbst ein, gehe raus, wenn die Sonne scheint und arbeite, wenn andere sich über das schlechte Wetter beschweren. Dabei gibt es kein schlechtes Wetter – nur die falsche Kleidung – oder eben: den falschen Job.
Geld verdienen und das Leben verkaufen
Als Physiotherapeutin bin ich nah dran an den Menschen. Meistens fallen mit den stofflichen auch die gesellschaftlichen Hüllen. Die Menschen sind echt. Ohne Schein, ohne Schutz, ganz so, wie sie sind, und erzählen einer Unbekannten, was sie dieser beim Kaffee niemals anvertrauen würden. Und genau das liebe ich an meinem Beruf. Und am Menschsein.
Die Menschen schütten mir ihr Herz aus, offenbaren ihre Erschöpfung und Einblicke in Abgründe, wenn das Leben nicht mehr lebendig sondern nur noch fad schmeckt. Erst reden sie, dann schlafen sie und während sie schlafen, denke ich über das Gesagte nach: die Erschöpfung im Job, die vielen Anforderungen im Privaten, das Zerrissen-Sein in den Partnerschaften und dass am Ende fast immer die Zeit für den wichtigsten Menschen im eigenen Leben fehlt: für einen selbst, der längst nicht mehr weiß, wo er steht und sich nur noch fragt, wie das alles weitergeht.
Und ich frage mich, was bei einem solchen Leben unterm Strich stehen bleibt.
Ein volles Konto? Ein glücklicher Chef? Ein fettes Ego?
Wessen Fahrplan wir folgen, wenn wir uns selbst aus den Augen verlieren?
Und wen wir dabei noch alles verlieren, wenn für uns selbst die Liebe fehlt.
Bleibt nicht das Leben auf der Strecke, wenn wir schon beim Weckerklingeln die Welt hinter der Bettdecke verstecken wollen?
Ein Leben voller Wunder oder ein Hamsterkäfig voller Mist
Das Leben ist schön! Und ein Wunder, an dem wir uns erfreuen und das wir bestaunen sollen. Doch wir haben uns satt gesehen, uns innerlich tot gearbeitet. Das kindliche Staunen hat sich an die Welt gewöhnt.
Erst im Urlaub wachen wir auf. Das ist unsere Zeit! Die schönste Zeit des Jahres, auf die wir das ganze Jahr hinarbeiten und in der wir mit dem Tapetenwechsel nicht nur am Urlaubsort sondern bei uns selbst ankommen. Für einen kurzen Augenblick sehen wir den Alltag mit Abstand und in anderem Licht. Wie er uns verschluckt; wie er uns mitreißt und uns blind für die eigenen Bedürfnisse und taub für unsere Mitmenschen macht. Wir sind im Hamsterrad gefangen, weil das Leben eben kein Ponyhof ist – sondern für viele nur ein beschissener Hamsterkäfig.
Und das schreibe ich nicht, weil ich denke, dass es so ist. Das schreibe ich, weil mir zwei Drittel der Menschen, die im Urlaub auf meiner Behandlungsbank liegen, genau das erzählen. Unabhängig von Geschlecht, Alter, Beruf und Position – wer nicht tut, was er liebt, strampelt sich ab. Erschöpft seine Ressourcen und wird lebens-müde.
Was also tun, wenn der (ungeliebte) Job einen über viele Jahre immer fester in diese Position gebunden hat, die uns zwar das Geld zum Leben bringt, aber die Luft zum Atmen nimmt?
Wenn nur noch die Verpflichtungen oder die Ausweglosigkeit einen dort halten, wo man sich längst nicht mehr sieht … dann könnte es an der Zeit sein für die folgenden vier Tipps, wie man wieder Freude im Job findet.
1. Bestimme, was Dir jetzt wichtig ist
Es mag sein, dass die Begeisterung für Deinen Job mit den Jahren geschwunden ist. Was Dich anfangs motivierte, kannst Du inzwischen vielleicht nicht mehr erkennen. Was also ist Dir jetzt wichtig? Welche Werte? Welche Tätigkeiten? Welche Inhalte? Wofür brennst Du? Was ist Deine Leidenschaft?
Erst wenn Du weißt, was Dir im Arbeitsleben wichtig ist, kannst Du Deine Tätigkeiten entsprechend verändern.
2. Erkenne Deine Stärken
Welche Tätigkeiten machst du gerne? Worin bist Du besonders gut? Kannst Du diese Tätigkeiten ausbauen oder vertiefen und dafür andere Bereiche reduzieren?
Es ist wichtig, dass Du mit Freude arbeitest und Deine Kompetenz einbringen kannst, denn nur so kannst Du Dein Potential entfalten und Deinen Job als bereichernd erleben – sowohl für Dich persönlich als auch für das Unternehmen.
Ganz egal, welchen Job Du machst, mache ihn so gut wie es geht. Sei ganz da, wo Du bist und mache durch Deine Persönlichkeit einen Unterschied.
Versuche, Dir Deinen alten Job neu vorzustellen, ihn dann neu auszurichten oder Deine persönliche Haltung zum Guten zu verändern. Selbst kleine Umstellungen können Großes verändern.
„Wie man seine Berufung findet“
3. Lebe Deine Leidenschaft in Deiner Freizeit
Ein ungeliebter Job laugt aus. Einem Hobby nachzugehen oder Deine Leidenschaft in einer Freizeittätigkeit zu finden, bringt den monotonen Arbeitsrhythmus aus dem Takt. Diese Glücksgefühle können sich wiederum positiv auf den Job auswirken, weil Du Kraft und Energie und manchmal vielleicht auch eine andere Sichtweise auf Deine Situation bekommst.
Fülle Deine Freizeit mit dem, was Dir guttut. Tanke auf, lache, entspanne, bewege Dich, unternimm etwas mit Freunden. Bringe Dein Leben wieder mehr ins Gleichgewicht, anstelle den Überdruss der Arbeit auf die Freizeit zu übertragen.
Kannst Du Deine Stundenanzahl etwas reduzieren, um Deiner Freizeit mehr Gewicht einzuräumen? Ein geringeres Gehalt ist eine Einladung zur Einfachheit: Wer weniger besitzt und wer generell weniger braucht (oder mit weniger zufrieden ist), benötigt auch weniger Geld und verschafft sich damit wertvolle Lebens-Zeit.
4. Wenn all das nicht hilft: verändere Dich
Wenn Du Deine jetzige Tätigkeit nicht anpassen kannst und Du Dich Tag für Tag zum Funktionieren zwingst, verlangt Deine Situation vielleicht nach einem anderen Job.
Überstürze nichts, sondern plane gut. Gehe Schritt für Schritt vor. Sortiere Deine Finanzen, priorisiere Deine Werte, kontaktiere Personen, die in dem von Dir angestrebten Bereich tätig sind und arbeite testweise in Deinem neuen Job, ehe Du kündigst, um zu erkennen, ob er hält, was Deine Sicht verspricht.
Wo immer Du gerade stehst und wie schwer es vielleicht gerade für Dich ist: Glaub an Dich und Deine Fähigkeiten, suche weiter, probiere verschiedene Wege aus. Es gibt (mindestens) einen Platz auf der Welt, der richtig für Dich ist.
Wenn Du Dich nach einer Veränderung sehnst, wird Dir der neue myMONK-Videokurs helfen: Wie man seine Berufung findet. Er zeigt Dir, wie Du Deine Berufung Schritt für Schritt entdecken und verwirklichen kannst.
Photo: Free man / Shutterstock
Hallo Johanna,
dieser Text ist sehr inspirierend.
unsere Generation ist da zum Glück weiter. Ich stelle mir hin und wieder vor, wie es wäre, ein paar Jahre früher geboren zu sein. Der Gedanke gruselt mich ehrlich gesagt. Früher war das Wissen nicht so einfach und direkt verfügbar für die Menschen wie es das heute ist. Heute ist vielen von uns schon bewusst, dass wir unseres eigenen Glückes Schmied sind. Das war nicht immer so. Meine Eltern haben ihr Leben lang dafür gearbeitet, um für mich und meine Brüder ein Leben ermöglichen zu können, das sie selbst nie haben konnten. Ziemlich aufopferungsvoll. Und doch ist da in meinem Hinterkopf dieser eine kleine Gedanke: „Wäre das denn wirklich nötig gewesen?“ ich weiß es ehrlich gesagt nicht. Mit dem Wissen, das ihnen damals zur Verfügung stand, ist das vermutlich der klügste Weg gewesen, um für uns das bestmögliche Leben zu ermöglichen. Schaue ich mir ihr Vorgehen in Anbetracht meines heutigen Wissens an, dann ist es höchstens effektiv gewesen, aber scheiße noch mal alles andere als effizient.
„Dabei gibt es kein schlechtes Wetter – nur die falsche Kleidung – oder eben: den falschen Job.“
Tjo. Dem ist eigentlich nichts hinzuzufügen. Was wahr ist ist wahr ist wahr.
„Überstürze nichts, sondern plane gut. Gehe Schritt für Schritt vor. Sortiere Deine Finanzen, priorisiere Deine Werte, kontaktiere Personen, die in dem von Dir angestrebten Bereich tätig sind und arbeite testweise in Deinem neuen Job, ehe Du kündigst, um zu erkennen, ob er hält, was Deine Sicht verspricht.“
Meiner Meinung nach ist dieser Punkt sehr wichtig. Sich Schritt für Schritt ein zweites Standbein aufzubauen ist für die meisten von uns der sinnvollste Weg. Ich halte nicht viel davon, all seine Brücken zu verbrennen, um bloß nicht in die ursprüngliche Situation zurückzukehren. Das KANN funktionieren, muss es aber nicht. Wir hören immer nur von den Fällen, in denen es funktioniert, und das ist gefährlich. Indem ich testweise schon mal in einen anderen Bereich meine Finger rein halte, kann ich gut testen, ob er tatsächlich das ist, was ich mir darunter vorgestellt habe.
Herzlichst,
Waldemar
Lieber Waldemar,
vielen Dank für die Bekräftigung durch Deine Worte.
Es ist ein heikles, aber so wichtiges Thema.
Wenn man bedenkt, wie viel Zeit unseres Lebens Arbeitszeit ist, dann sollten wir gut überlegen, wie wir diese füllen wollen bzw. welche Kompromisse wir bereit sind, einzugehen.
Liebe Grüße,
Johanna
Ja unbedingt. Besonders vor der Berufswahl sollten wir lange genug hineinspüren und wahrnehnen, wie Freude und Erfüllung im Leben sein werden. Und was eher ein Haben Wollen mit seinen oberflächlicheren Illusionen ist. Mein Potential entfaltet sich mit einem Gefühl von Lust und vielleicht auch Leidenschaft.
Oft sind leider auch viele Ängste und auch Liebesmangel im Spiel, neben den angenomenen Glaubenssätzen, so dass wir nur über einen eher längeren Prozess und in Schichten diese tieferen Sehnsüchte finden können. Und das Unbewusste versucht uns sogar davon abzuhalten, grenzt unsere Bewusstheit ein und liefert scheinbar schnelle Lösungen innerhalb dieser Begrenzung.
Wer einmal über Monate eine Liste führt mit Punkten, Für und Wider, täglich handschriftlich abschreibt und dabei 10 Minuten in sich geht, der wird diesen Prozess erfahren können. Und auch, was mit Motivation hinsichtlich schneller Ergebnisse schief gehen kann.
Lieber Richard,
und genau das ist ja oft das Schwierige: sich vor der Berufswahl ein Bild von den Berufen zu machen. Wenn man bis dato den Kopf mit allem nötigen (und unnötigen) Wissen gefüttert hat, ist das Hineinspüren in jungen Jahren oft sehr schwer.
Aber Recht hast Du natürlich…
Weniger Außen und mehr Innen von Beginn an.
Liebe Grüße,
Johanna
Du sagst es, Johanna. Hauptsächlich mit Wissen und Kopf suchen wir oft die Entscheidung, besonders in jungen Jahren. Um so schwieriger das Hineinspüren, um so weiter entfernt vom sichereren Gespür.
Hallo Johanna,
danke für diesen bereichernden Artikel. Es stimmt. Der Job sollte unbedingt Freude machen bzw. man sollte einen Sinn darin sehen. Der Sinn kann für jeden etwas anderes sein, man sollte jedoch gut auf seine innere Stimme lauschen, ob es Sinn macht, diesen Job zu tun den ich gerade tue. Wenn ich jeden Tag aufstehe und angekotzt in die Arbeit gehe werde ich auf Dauer nicht glücklich sein. Im schlimmsten Fall werde ich krank. Klar haben wir alle mal Tage auf der Arbeit, die so richtig s***** sind, sie gehören dazu. Jedoch sollte das GRUNDGEFÜHL zur Arbeit ein gutes sein. Dann kannst du auch die schlechten Tage gut überstehen. Wenn das Grundgefühl negativ ist, zählt jedes Problem in der Arbeit doppelt so viel. Ich selbst habe das leidvoll erlebt. Glücklicherweise ist das heute anders. Aber der Weg dahin war lang, zäh und nervenaufreibend..!
Schöne Zeit!
LG Nicole
Liebe Nicole,
vielen Dank für Deinen Kommentar und die Ergänzung um das negative Grundgefühl – wie wahr.
Ich freue mich, dass Du Dein Arbeitsleben offensichtlich für Dich zum Positiven wandeln konntest.
Liebe Grüße,
Johanna
Für viele bleibt das leider ein Traum….
Man stelle sich folgendes vor: Als junger Mensch hat man es irgendwie „verdaddelt“, eine Berufsausbildung zu beenden, man rutscht irgendwie in einen Job, der erstmal ok ist und mit dem sich Geld verdienen lässt. Das Leben nimmt seinen Lauf….und Miete, Strom und Essen wollen finanziert sein. Eine Ausbildung zu einem vermeintlichen Traumjob rückt in immer weitere Ferne, da es dafür kein oder nur viel zu wenig Geld gibt, also bleibt man in dem mittlerweile sehr ungeliebten Job und liegt so wenigstens nicht dem Staat auf der Tasche. Glücklich macht die Arbeit nicht, aber sie bezahlt die Rechnungen. Einfacher leben? Weniger brauchen? ja klar, wenn man eh nur relativ knapp über dem Mindestlohn verdient, dann lebt man sowieso so, weil es gar nicht anders geht…. Also? Wie soll man denn da raus kommen? Klingt ja alles immer ganz toll mit der Selbstverwirklichung, aber praktisch umzusetzen ist das in wahnsinnig vielen Fällen leider nicht.
Herzlichen Dank für diesen Text. Er kam zur rechten Zeitungs hilft mir bei meinen Entscheidungen.
Achtsame Grüße
Rainer