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Tag im Leben eines Unglücklichen:

Er wacht auf, denkt sich, oh nein, ich hab nicht genug geschlafen. Schaut auf den Wecker, oh Gott, ich hab nicht mehr genug Zeit. Springt aus dem Bett, unter die Dusche, Mist, das Wasser ist nicht warm genug (für die ganz harten: nicht nass genug). Schaut an sich runter, sein Körper ist nicht durchtrainiert genug, sein Penis nicht lang genug. Kommt aus der Dusche, sucht sich was zum Anziehen, aber nicht genug Hemden, auch nicht sauber und gebügelt genug.

Seine Frau ist nicht fröhlich und freundlich genug, und natürlich auch nicht dünn genug. Also schnell raus, bei diesem Anblick, zur U-Bahn, dort sind aber nicht genug Plätze frei. Muss er stehen und dabei sehen, dass die Leute ihn nicht genug beachten.

Im Büro gibt’s nicht mehr genug Milch für seinen Kaffee. Die Kollegen haben mal wieder nicht genug Rücksicht auf ihn genommen, aber die sind eh nicht interessant genug. Er hat nicht genug Lust auf die ganzen anstehenden Aufgaben. Deshalb starrt er die Luft kaputt und verliert sich dabei in den Gedanken an all die Dinge, von denen er nicht genug hat: Zeit, Geld, Liebe, Sex, Geld, Wochenenden, Geld, Urlaub. Die Stunden vergehen nicht schnell genug, aber irgendwann kann er trotzdem den Computer runterfahren und dann nichts wie heim, ist ja ohnehin nicht mehr genug Freizeit.

Zuhause wartet die Familie auf ihn, nicht frisch und freudig erregt genug. Abend nicht hell oder dunkel genug. Abendessen samt Gesprächen nicht neu oder nicht gewöhnlich genug. Fernsehen nicht spannend genug.

Also ab ins Bett, zugedeckt vom Gedanken: heute wieder nicht genug geschafft.

Nur von einem hat er genug:

Von diesem blöden Tag.

(Dabei hätte er ihn auch genauso gut genießen können. Er hätte sich nur häufiger denken müssen: doch, es ist okay wie’s ist, es ist GENUG. Siehe auch: Ein einfaches Wort, das Dein Leben so viel leichter machen kann )

 

Photo: Nicolas Alejandro