Und folgst Du myMONK schon bei Instagram?

Text von: Lena Schulte

Manche Sätze sind so radikal, dass sie sich für immer ins Gedächtnis brennen.

Ich war auf einer WG-Party und unterhielt mich nett mit einem jungen Mann. Mein Nachbar wollte uns ein bisschen ärgern und stellte relativ laut fest, dass zwischen uns beiden heute bestimmt noch die Funken fliegen würden. Jetzt waren natürlich alle Augen auf uns gerichtet. Was mir schon peinlich genug war, quittierte mein Gesprächspartner nur mit einem müden Schulterzucken und einem noch lauteren: „Na ja, Du weißt doch: Besser widerlich, als wieder nicht.“ Die Runde brach in ein grölendes „Whoaa!“ aus, die Leute bekamen sich vor Lachen gar nicht mehr ein, und ich…? Ja, ich verschwand gerade noch rechtzeitig, damit niemand die Tränen in meinen Augen sah. Auch wenn dieser Spruch gerade Mode war: Ich war zutiefst getroffen. Der Abend war hinüber, genau wie die nächsten Tage.

Immer noch fassungslos über dieses Verhalten und generell über die ganzen Idioten, die mir in letzter Zeit erstaunlich häufig über den Weg liefen, erzählte ich meinem besten Freund davon. Wieso geriet ich nur immer wieder an solche Menschen und in solche Situationen? Ich fand nicht, dass ich einen Grund dafür lieferte. Aber anstatt Zuspruch zu erhalten holte mein bester Freund die nächste Klatsche raus:

„Lena, wenn Du ständig mit Arschlöchern zutun hast, bist Du vielleicht selbst eins.“

Schwierige Menschen lieben geschwächte Selbstwertgefühle

Was sollte das bedeuten? War es etwa meine Schuld so einen Spruch reingedrückt zu bekommen? Hatte ich das heimgezahlt bekommen, was ich sowieso verdiente? Hätte ich netter sein müssen, ein besseres Gespräch führen sollen? Überhaupt irgendwie besser sein sollen? Nein.

Die Sache ist: Arschlöcher – oder nennen wir sie „schwierige Menschen“ – fühlen sich in Gesellschaft von Menschen wohl, die freundlich und ungefährlich sind. Die sie nicht infrage stellen und kein Kontra geben, wenn man sich über sie stellt. Für schwierige Menschen ist die Welt nämlich ein gefährlicher Ort, an dem sie ständig beweisen müssen, dass sie etwas Besseres sind. Mit ihrem sensiblen Radar erkennen sie sofort jene von uns, die die Schuld bei sich selbst suchen, wenn sie schlecht behandelt werden. Vor allem lieben sie die Geschwächten – so, wie ich es war.

Es war kein Zufall, dass ich immer wieder mit einem bestimmten Schlag Menschen in Berührung kam. Nicht, dass ich danach gesucht hätte, im Gegenteil!

Aber als mein Freund mich selbst als ein Arschloch bezeichnete, meinte er damit nicht die Art und Weise, wie ich mit anderen umging. Er meinte die Art und Weise, wie ich mir selbst umging.

Wie redest Du eigentlich mit Dir?

Schon vor jener WG-Party war ich lange in der Idioten-Selbstzweifel-Spirale gefangen. Ich begegnete jemanden, der sehr unfair zu mir war, und dachte: Alles meine Schuld, habe ich wahrscheinlich verdient. Und das nächste Arschloch – ich meine: der nächste schwierige Mensch – stand schon grinsend in den Startlöchern, um mir genau diese Erkenntnis zu bestätigen.

Sind wir erst einmal in dieser Spirale gefangen, gehen wir immer härter mit uns ins Gericht. Wir entdecken immer mehr (angebliche) Fehler an uns. Unser Selbstwertgefühl beginnt zu verbrennen, geht in Rauch auf. Jede blöde Aktion eines anderen kann zum Feuerteufel mit einem Benzinkanister in der Hand werden.

Ja, manches Verhalten tut einfach weh – allerdings liegt es auch in unserer Hand, ob wir den Benzinkanister ins Feuer schleudern, oder weit von uns weg. Letzteres geht natürlich viel einfacher mit einem gesunden Selbstwertgefühl. Um das wiederherzustellen, begann ich damit, mich zu beobachten. Einen Schritt zurück zu treten, und mal zu lauschen, was ich überhaupt so über mich denke, wenn keiner da ist. Und das war ziemlich erschreckend.

Kein Mensch der Welt hätte so mit mir geredet, wie ich es mit mir selbst tat. Ich machte mich nieder und meine Wünsche und Bedürfnisse, erzählte mir, dass mir nichts Gutes zustünde. Alles, was im Außen geschah benutzte ich als Waffe gegen mich selbst. Alles schien mit mir zu tun zu haben – und ganz persönlich gegen mich gerichtet zu sein. Klar, dass so eine Einstellung die Lizenz zum ultimativen Arschloch-Magneten ist.

Ich hätte den Spruch des Typen auf der Party nicht vermeiden können. Und auch den nächsten Idioten werde ich nicht vermeiden können. Sehr wahrscheinlich wird er ohnehin wieder nur eine kleine Statistenrolle in meinem Leben einnehmen. So oder so: Ich entscheide, ob er mir den ganzen Abend und die nächsten Wochen versaut. Ob er diese Macht wirklich verdient hat.

Wir haben keinen Einfluss darauf, was andere von sich geben oder tun. Wir können nur beeinflussen, wie wir dieses Verhalten für unser Leben und unser Selbstwertgefühl einordnen.

Bist Du perfekt? Wahrscheinlich nicht. Ich auch nicht, bei weitem nicht, außer bei Bewerbungsgesprächen natürlich. Aber ich weiß, dass Du Dein Bestes gibst. Dass Du einzigartig bist und durch nichts zu ersetzen. Niemand hat das Recht, Dir etwas anderes einzureden und Dich klein zu machen – eigentlich noch nicht mal Du selbst. Sei kein Arschloch. Zu niemandem. Und am wenigsten zu Dir.

Mehr unter Was Menschen über Dich verraten Menschen, die Dich aufregen sowie unter Wie man aufhören kann, die Dinge zu persönlich zu nehmen (in 30 Sekunden).

Photo: Quarrel on the street / Shutterstock