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„Empathie“ … das ist doch das, was ich mir von meinen Mitmenschen wünsche, wenn’s mir schlecht geht. Sie sollen mich sehen und verstehen. Mir zeigen, dass ich nicht allein bin. Ihre Augen und Herzen und Arme öffnen für mich.

Gleichzeitig fällt es mir oft gar nicht so leicht, selbst empathisch zu sein. Wenn ich schlimme Dinge in den Nachrichten sehe (schnell umschalten). An Obdachlosen vorbeigehe (schnell wegschauen). Oder mir jemand sein Leid klagt, während ich doch gerade so unfassbar schwer beschäftigt bin (schnell weiter arbeiten).

Man muss die Welt nicht lange studieren, um zu sehen, dass es wohl nicht nur mir so geht.

Ist Empathie wie Erdöl?

Empathie ist eben begrenzt, hieß es seitens der Wissenschaft lange Zeit. Eine Ressource, die knapp ist und knapp bleibt. Wie Erdöl.

Studien haben immer wieder gezeigt, dass wir zum Beispiel auf den Schmerz Einzelner viel stärker reagieren als auf den einer großen Gruppe, die an Hunger oder in Kriegen und Erdbebenregionen leiden. Obwohl wir, wenn man uns fragt, eine derartig verteilte Empathie falsch finden und man „doch eigentlich mehr mitfühlen und helfen müsse“.

Stalin drückte es so aus: „Der Tod eines Menschen ist eine Tragödie, der Tod von einer Millionen eine Statistik.“ Vielleicht treibt uns deshalb ein dreibeiniger humpelnder Hund die Tränen in die Augen, mein Gott, der arme Kleine, während wir daneben stehen und uns mit Massentierhaltungs-Ware den Bauch vollschlagen.

Außerdem verteilen wir unsere Empathie sehr wählerisch. Menschen aus anderen Ländern oder mit anderem Glauben zum Beispiel lassen wir sie nicht so gern zukommen. Das gilt keineswegs nur für Rassisten, sondern für die allermeisten von uns.

Empathie ist eine Pflanze

Ja, Empathie ist knapp. Ein bisschen zu knapp vielleicht, wenn die Menschen dieses Jahrhundert überleben will. Aber nicht, weil sie zu knapp gesät sein muss. Sondern wir sie zu selten gießen und pflegen und wachsen lassen.

Die Psychologen und Hirnforscher Prof. William A. Cunningham von der University of Toronto und Prof. Daryl Cameron von der University of Iowa schreiben in der New York Times:

Empathie ist eine Entscheidung.

Wir können sie bewusst praktizieren und trainieren. Sie ist nicht per se begrenzt, kein „Ist halt so, was willste machen“.

Am leichtesten fällt sie uns Studien zufolge, wenn wir nicht davon ausgehen, dass sie uns übermäßig viel Zeit oder Geld kostet. Wir schauen lieber weg und konzentrieren uns wenn überhaupt auf ein einziges Opfer, wenn wir befürchten, andernfalls mit großen Spenden oder größere Gruppen oder die ganze Welt retten zu müssen. Als Psychologen betonten, es würde keine Spende erwartet, fühlten die Teilnehmer mit acht auf Bildern gezeigten Flüchtlingskindern sogar mehr mit als mit einem einzelnen. Richtig selbstlos mag das erstmal nicht erscheinen, doch den Forschern zufolge belegt es, dass Empathie zwar an Bedingungen geknüpft sein kann, aber sich nicht nur ein krümelgroßer Anteil in uns ist.

In einer weiteren Studie wiesen Carol S. Dweck und ihr Team nach, dass Menschen mehr Einsatz beim Aufbringen und Entwickeln ihrer Empathie zeigen, sobald man ihnen das Verständnis dafür vermittelt, dass Empathie verbessert werden kann. Sie ist kein festes Persönlichkeitsmerkmal, sondern eine Fähigkeit wie Schach, Tennis oder Alphorn-Blasen. Nach dieser Erkenntnis zeigten sie auch mehr Verständnis und Mitgefühl für Menschen, die anders sind als sie selbst.

Zwar korrumpiert Macht insofern, als dass sie unsere Empathie einschränkt (die dafür verantwortlichen Hirnareale sind dann weniger aktiv). Doch auch bei mächtigen Leuten ist sie im Gehirn veranlagt und kann mit einer bewussten Entscheidung, sie zu praktizieren, zunehmen. Sogar auf Psychopathen und Narzissten trifft das zu. Sie könnten empathisch sein, wollen es nur meistens nicht. Ihre egoistischen Tendenzen können allerdings ab- und ihr Wille zum Teilen zunehmen, wenn sie andere Menschen als zu ihrer Gruppe gehörig wahrnehmen.

Die Pflanze gießen

Empathie fängt mit einer Entscheidung an:

„Es ist vielleicht ein bisschen unbequem, aber ich möchte nun in den anderen hineinversetzen. Wie mag es ihm wohl gehen, wie würde ich mich in seiner Situation fühlen?“

Das können wir im Alltag immer wieder mal üben und damit die Pflanze gießen. Gelegenheiten gibt’s ja genug.

Mit der Zeit baut sich unser Gehirn auf diese Weise immer stärker um, wie Hirnforscher herausgefunden haben. Die neurologischen Bahnen, die mit unserem Einfühlungsvermögen zusammenhängen, werden stärker. Wir können und wollen uns mehr in andere hineinversetzen und behandeln sie infolge auch immer mehr so, wie wir selbst behandelt werden wollen.

Damit wir uns nicht überfordert fühlen und deshalb wegschauen, können wir uns daran erinnern:

Wir müssen nicht die ganze Welt retten, tausend Brände löschen mit nichts als der eigenen Spucke. Es reicht, wenn wir sie hier und da ein kleines bisschen besser machen … und das fängt bei der kleinen Entscheidung für die Empathie an.

Mehr Wie Freundlichkeit Dein Gehirn verändert (und Dich immer glücklicher macht) und unter Warum Empathie Deine wichtigste Fähigkeit ist.

Photo: Empathy / Shutterstock