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Dr. Ulrike Pastner ist Soziologin und Betriebswirtin und arbeitet heute als Coach für Achtsamkeit und Wertschätzung. Was Wertschätzung eigentlich ist, ob sie glücklich macht, und wie wir sie kultivieren können, dies und mehr verrät sie im myMONK-Interview.

Was genau heißt Wertschätzung – und macht sie glücklich?

Den besonderen Wert zu sehen, in allem was uns begegnet, das meine ich mit Wertschätzung.. Es bedeutet, einen Schritt zurückzutreten und die Dinge und Lebewesen anders und neu zu sehen, als wir es gewohnt sind. In ihrer Schönheit, ihrer Eigentümlichkeit, ihrer Großartigkeit. Es ist die Art von Bewusstsein, wie wir die Welt begreifen und erklären. Es ist letztendlich die Qualität der Beziehung zur Realität, die uns ausmacht und umgibt.

Ob sie glücklich macht? „Glück“ ist ein vielstrapazierter Begriff. Ich verbinde damit eher kurze, eher aufgeregte Gipfelerlebnisse. Ich würde sagen, ein wertschätzender Blick macht eher zufrieden und gleichmäßig rund. Er bringt uns in Balance, wenn du weißt, was ich meine.

Warum mangelt es heute oft an Wertschätzung?

Die gewöhnliche Art des Hinschauens, die wir pflegen, ist stark von unser Biografie und Umwelt geprägt. Da ist Jammerei und Nörgelei viel üblicher als das Schätzen von dem, was da ist. Wenn du z.B. jeden Tag Nachrichten schaust und hörst, kannst du nur schwer eine wertschätzende Sichtweise entwickeln. Da wird in der Regel berichtet, was NICHT passt, das ist also sehr defizitorientiert. Kritik gilt auch als intellektuell klug.

Frag dich einmal, wie lange du über etwas sprechen kannst, was dir nicht gefällt und dann versuch das gleiche mit dem, was dir gefällt. Du wirst sehen, dass wir beim Kritisieren viel kompetenter sind und einen viel größeren Wortschatz haben.

Ist eine zu geringe Wertschätzung uns selbst gegenüber der Grund für eine mangelnde Wertschätzung Anderer?
Das würde ich absolut unterschreiben. Wie wir uns selbst sehen, so sehen wir die Welt und umgekehrt. Darum tut auch das Wertschätzen so gut… Fang im außen an, und du wirst auch nach innen sanfter und freundlicher. Und hab besser keinen Perfektionsanspruch. der macht bloß wieder Ideal und Stress.

Was bist du nicht für ein toller Mensch. Schau doch mal genau hin. Bist du nicht wunderbar, so wie du genau jetzt bist?

Wie können wir uns in Wertschätzung üben? Und vor allem: wie können wir uns selbst mehr wertschätzen?

Wie bei unserer Ernährung auch, können wir mehr Augenmerk auf unsere „Geistnahrung“ legen. Womit füttern wir unseren Geist? Schau einmal genau hin, was dir da gut tut und was nicht. Wie kannst du dich erinnern an das, was hilfreich ist?

Und was ist dein Beitrag? Schaffst du es, einen Tag lang nicht über die Nachbarin, den Arbeitskollegen, die Chefin oder das Wetter zu klagen? Was fehlt Menschen, die oft schimpfen und klagen? Kannst du ihnen etwas davon geben, das sie brauchen?

Über die Frage „wie können wir uns selbst mehr wertschätzen?“ musste ich eben lange nachdenken. Ich denke, es sollte eher heißen: „Wie können wir uns weniger abwerten?“

Im Grunde sind wir doch alle zutiefst in Ordnung.

Du hast lange Zeit mit älteren Menschen gearbeitet, hast Dich auch in der Trauer- und Sterbebegleitung ausbilden lassen. Was haben glückliche Menschen, die alt sind oder sogar im Sterben liegen, gemeinsam – und was unterscheidet sie von den unglücklichen Menschen?

Mir kommt vor, Menschen altern und sterben auf die gleiche Art, wie sie zuvor gelebt haben. Es ist darum wichtig, schon in jungen, gesunden Jahren auf ein gutes und zufriedenes Leben zu achten, nichts aufzuschieben, keine Konflikte anstehen zu lassen und sich treu zu bleiben. Sich selbst gut zu kennen und einen guten Umgang mit schwierigen Situationen zu üben, hilft einem sehr dabei, mit Schmerz, Verlust und Abschied umzugehen. Unglücklich sind wir, wenn wir gegen die Realität ankämpfen. In jedem Alter, in jeder Situation.

Mal sehen, wie ich eines Tages mit dem Sterben umgehen werde… Gute Rat-Schläge kann eine ja leicht formulieren ☺

Kann Achtsamkeit helfen, die Trauer besser zu bewältigen? Wenn ja, kannst Du eine Übung dafür empfehlen?

Achtsamkeit ist freundliches, wohlwollendes Hinschauen von Moment zu Moment auf was immer geschieht. Trauer ist eine natürliche Reaktion auf Verlust, und das Ausmaß der Trauer entspricht dem Wert dessen, was oder wen wir verloren haben.

Es ist also völlig normal, dass es uns schlecht geht und alles drüber und drunter geht in uns. Erlaube dir, dass sich alles zeigen darf, was sich zeigen will. Sei so nett zu dir, wie es dir nur irgendwie möglich ist – so, wie du es zu deiner besten Freundin/deinem besten Freund wärst. Und wenn du genau hinschaust, wirst du auch Pausen im Leiden erkennen. Nimm das wahr, und lass auch diese Pausen – ohne schlechtes Gewissen – zu. Es gibt kein Richtig und kein Falsch im Umgang mit Trauer.

Was zeichnet Dein AchtsamkeitsCoaching aus?

Die eben erwähnte Haltung des genauen und freundlichen Hinschauens von Moment zu Moment. Ich arbeite u.a. mit dem Ansatz des IFS, dem „Internal Family System“, das uns differenziert auf unser Innenleben schauen lässt und es ermöglicht, innere Anteile zu identifizieren und kennenzulernen. Mit dem verlangsamten, achtsamen Blick erkennen wir die gute Absicht unserer wütenden, ängstlichen, perfektionistischen oder widerständigen Anteile.

Annehmen und Wertschätzen sind auch hier die Schlüssel, die uns Frieden schließen und die größten Schätze erschließen lassen. Sie werden oftmals von den wildesten Drachen beschützt, und die machen ihre Arbeit im Normalfall wirklich gut.

Wie können die Leser Kontakt mit Dir aufnehmen?

Auf meiner Website finden sich meine Kontaktdaten: http://www.achtsamkeitscoaching.at

Herzlichen Dank!

 

Photo: Nattu