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Sie sah ihn an und hatte diesen Blick und er wusste, was sie wollte (wie in „Shades of Grey“!) und ihm ging die Hutschnur auf, wenn Du weißt, was ich meine, und sie meint ihn und seinen Körper und er meint: „fuck, ich würde ja gern, aber ich muss ins Büro, in einer halben Stunde beginnt das Meeting“ und sie fühlt sich zurückgewiesen und er sich mies, und ihn kotzt das gerade so was von an, dass er jetzt gehen muss und überhaupt diesen Job machen muss, rauf und runter geht’s in seinem Kopf und naja, dann geht er runter, setzt sich ins Auto und fährt in die Arbeit.

„Ich arme Sau“, denkt er.

„Du kleiner Lügner“, denke ich.

Warum?

Weil er sich anlügt und sie anlügt (und mich auch, und das obwohl ich ihn erfunden habe).

Er muss nicht ins Büro, nie im Leben. Er muss ab und zu etwas essen und regelmäßig etwas trinken und immer atmen und dazwischen mal aufs Klo gehen und schlafen. Das ja. Aber das war’s dann auch mit dem, was er muss (wenn er überleben will). Ins Büro muss er nicht. Nicht heute und nicht morgen, niemals. Er will ins Büro – jedenfalls lieber, als bei der Frau zu bleiben.

Er hat das Für und Wider abgewogen, mehr oder weniger bewusst, und sich dann für die Option entschieden, die für ihn persönlich angenehmer ist. Jetzt erwartet ihn zwar eine grantige Frau am Abend, die ihm heute mal nicht seine Leibspeise aus Bio-Eiern und Pferde-Hack zubereitet, und er hat auf die Zeit im Bett verzichtet … aber: dafür machen ihm Chef und Kollegen keinen Ärger, er muss nicht um sein Standing im Unternehmen und sein Gehalt fürchten, er verpasst nicht, was im Meeting besprochen wird und kann vielleicht die eine oder andere Entscheidung beeinflussen.

Er konnte nicht beides haben, klar. Aber er war nicht gezwungen, das eine oder das andere zu tun. Er hat sich dafür entschieden, sich ins Auto zu setzen und abzudüsen. Er hat den Job, weil er sich dafür entschieden hat, und er geht hin, weil er sich so entschieden hat, und er bleibt nicht bei der Frau, weil er sich so entschieden hat.

Mit Ausnahme von Krankheiten und anderen harten Schicksalsschlägen lässt sich dies auf alles übertragen, stehen wir zu 100% dort im Leben, wo wir stehen, weil wir uns dafür entschieden haben. Vielleicht träumen wir schon lange davon, nicht mehr im Controlling sondern als Künstler zu arbeiten, aber wir haben uns bisher dafür entschieden, Controller zu bleiben. Wir waren nicht bereit, den Preis dafür zu zahlen, das war uns die Unsicherheit und Anstrengung und der Verlust der Kollegen und des Status‘ nicht wert. Stattdessen haben wir uns vielleicht lieber als Opfer gesehen, die unabänderlich von Gott mit diesem Job in dieser Firma bestraft wurden. Aber auch das ist unsere Entscheidung gewesen (wenn auch nicht unbedingt bewusst): uns lieber als Opfer zu sehen, uns nicht konfrontieren zu müssen mit uns selbst und unserer Entscheidung und womöglich Bequemlichkeit oder Angst.

Das ist in jedem Lebensbereich dasselbe. Dein Partner? Du hast Dich für ihn entschieden. Dein Auto? Du hast es aus freien Stücken gekauft. Dein Wohnort: ebenfalls. Und so weiter.

Ganz einfach. Und doch von einer Tiefe, von der mir schwindlig wird, wenn ich länger hinein schaue.

 

Photo: Jon Wick