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Vor etwa zwei Jahren ist mir zum ersten Mal aufgefallen, dass ich manchmal summe oder singe, wenn ich unterwegs bin. Immerhin tanze ich dabei nicht. Doch selbst das könnte man mit Worten von Nietzsche erklären: „Die Tanzenden wurden für verrückt gehalten von denen, die die Musik nicht hörten“.

Laute Selbstgespräche führe ich hingegen selten, höchstens mal zur Ermunterung bei schweren Brocken Arbeit, etwas wie „Du schaffst das, Tim“. Menschen, die an der Rewe-Kasse vor mir stehen und in ihr Portemonnaie murmeln, sind jedoch noch mal in einer ganz anderen Liga. Ihnen kann ich das Wasser nicht reichen (und wenn, dann würden sie mit dem Wasser wohl auch noch sprechen).

Doch sind diese Menschen verrückt … oder sind Selbstgespräche sogar eine ziemlich gesunde, geniale Sache?

„Wie man die richtigen Entscheidungen trifft“

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Wissenschaftler wie der Psychologe Gary Lupyan von der University of Wisconsin haben sich dieser Frage angenommen. Sie haben einige erstaunliche Vorteile aufgedeckt.

1. Besseres Gedächtnis

Für ein Experiment wurden 20 Freiwilligen in einen Supermarkt gebracht. Man zeigte ihnen verschiedene Produkte. Die Hälfte der Teilnehmer sollten den Namen des Produkts laut aussprechen: „Banane“, „Slip-Einlage“ etc., die andere Hälfte stumm bleiben. Hinterher sollten sie sich an diese Dinge erinnern und sie wiederfinden.

Das Ergebnis: Wer den Begriff für sich aufsagte, fand die Produkte schneller. Wenn wir mit uns selbst sprechen, wird ein sensorischer Mechanismus aktiviert, wir können das Wort hören und dabei visualisieren, wodurch es leichter im Hirn hängen bleibt.

Kleine Kinder erlernen Sprachen übrigens auch deshalb so schnell, weil sie alles wiederholen, was sie hören.

2. Mehr Fokus

Sprechen wir etwas laut aus, bleiben wir konzentrierter bei einer Aufgabe. Es erhöht unsere Aufmerksamkeitsspanne, schützt uns vor Ablenkungen und verbessert  emotionale und kognitive Prozessen im Gehirn. Den Forschern zufolge ist ein Selbstgespräch auch dann besonders wirksam, wenn wir uns bei einer Aufgabe, die aus mehreren Schritten besteht, jeden dieser Schritte vorsagen. Dabei stellt sich das Hirn diese Schritte nämlich vor, ein Bild entsteht, das ihm die Richtung weist.

Das können wir uns auch zunutze machen, wenn wir Ziele setzen und Pläne schmieden.

3. Klarer Kopf

Wenn Albert Einstein seine Theorien entwickelte, „wiederholte er seine Sätze sanft zu sich selbst“, heißt es in den Einstein-Archiven.

Die Psychologin Dr. Linda Sapadin bestätigt diesen Vorzug des Selbstgesprächs und von weiteren positiven Effekten: „Selbstgespräche helfen uns, die eigenen Gedanken bewusst zu machen, zu sehen, was uns wirklich wichtig ist und uns besser zu entscheiden.“ Etwa dann, wenn wir laut die Vor- und Nachteile einer kleinen oder großen anstehenden Entscheidung aussprechen. Entscheidungen, die wir so fällen, sind in der Regel zudem gefestigter.

Selbstgespräche beruhigen – und das erleichtert kluge Entscheidungen – weiterhin unsere Nerven. Etwa dann, wenn wir in Rage sind und kurz davor, den krawallenden Nachbarn mit unserem Wohnungsschlüssel zu erstechen. Oder wenn wir einsam sind, oder Angst haben. Kein Wunder, dass Kinder in den Märchen singen, wenn sie sich nachts im dunklen Wald verlaufen haben.

 

Klingt lohnenswert. Sollten wir vielleicht öfters machen. Und ein bisschen verrückt sind die meisten von uns doch ohnehin.schon. Wie der Mann, der zum Psychiater geht und sagt: „Hilfe, mein Bruder hält sich für ein Huhn.“ – „Ja, und warum lassen sie ihn dann nicht einweisen?“ – „Na, weil ich die Eier brauche!“

Heute würde ich gern von euch wissen: Führt ihr Selbstgespräche?

(So, jetzt muss ich erst mal so richtig aufs Klo … oh, hab ich das laut gedacht?)

 

Siehe auch: Forschung: Stille ist viel wichtiger für Dein Gehirn, als Du denkst und Forschung: Dieses beliebte Schmerzmittel killt das Mitgefühl.

 

Photo: Sjoerd Lammers (street photography)