Und folgst Du myMONK schon bei Instagram?

Text von: Lena Schulte

„Wir verbringen so viel Zeit damit das zu tun, was andere von uns wollen, dass wir irgendwann im Spiegel einen Fremden sehen.“ – Anthony T. Hincks

Ich habe viel Zeit damit verbracht, das zu tun, was andere von mir wollten. Habe vier Mal die Woche nach der Schule in dem Keller meines Nachhilfelehrers gehockt, weil meine Lehrer meinten, mein eklatantes Desinteresse an „Peter kauft sich 70 Melonen, mit welcher Geschwindigkeit fällt in China also ein Sack Reis von der Mauer?“-Aufgaben müsse bekämpft werden. Genau so, wie ich meinte, die ewigen Gerüchte um meine Figur bekämpfen zu müssen, indem ich vor den anderen extra viel Süßigkeiten und Fast Food in mich stopfte. Aber habt ihr gesehen, wie schnell sie danach auf dem Klo verschwunden ist…?

So in der Art lief es bei vielen Dingen in meinem Leben. Ich probierte auf Biegen und Brechen nicht weiter unangenehm aufzufallen, sobald ich merkte, dass andere mit meiner Art unzufrieden waren. Vieles machte ich dadurch aber einfach nur noch schlimmer. Irgendwann sah ich im Spiegel zwar keine gänzlich fremde Person, wohl aber in meine schizophrene Maske, die ich mir übergestülpt hatte. Ich wusste nicht mehr so recht, wer ich eigentlich wirklich war. Ich wusste nur, dass ich ziemlich schlecht darin war, als normal empfunden zu werden.

Ich will doch nur dazugehören

Anders zu sein kann sehr anstrengend werden. Egal, ob man das Etikett von anderen verpasst bekommt, oder man selbst immer wieder merkt, dass man irgendwie nicht so recht dazugehört. Für mich war immer die Angst vor einem potenziellen Entzug der Rudelwärme Grund für Entscheidungen, die nichts mit mir und meinen wahren Bedürfnissen zutun hatten.

Das ist nicht verwunderlich, immerhin ist der Wunsch, sich in seiner Gruppe wohlfühlen, eines der drei psychologischen Grundmotive, die uns antreiben. Die Meinung anderer kann uns nur schwer egal sein, hat sie doch wichtige Funktionen: Nur durch die Reaktionen unserer Mitmenschen bekommen wir gespiegelt, dass das, was wir denken und tun in Ordnung ist. Und wir selbst dementsprechend auch in Ordnung sind. Dadurch können wir mit Verbundenheit und Vertrautheit rechnen. So lange wir den gängigen Normen also nachgeben, drücken wir unsere Zugehörigkeit aus, bekommen Wärme und alle liegen sich in den Armen. Aaaww.

Aber wie können wir damit umgehen, wenn wir wissen, dass anscheinend ein kleiner „Herr Irgendwie Anders“ in uns schlummert?

Der Neuropsychologe David Weeks hat viele Jahre erforscht, was Exzentriker auszeichnet. Als Reinform des Andersseins haben sie nicht nur eine ordentliche Portion Selbstbewusstsein, sondern sind auch gesünder, weil sie ihre unangepasste Lebensweise weniger stresst und glücklicher macht.

Folgende mentale Haltungen fand ich besonders inspirierend:

Exzentriker schöpfen ihre Kraft aus ihrem Selbstverständnis

Man kann, so wie ich, Angst davor haben, dass man als irgendwie anders wahrgenommen wird und dann versuchen, seine Andersartigkeit zu verdrängen. Ich probierte das, ohne mich genauer anzusehen. Ich wusste nur, dass ich nicht passte. Warum genau ich nicht passte, auf diese Frage verwendete ich nie sonderlich viel Mühe. Der Exzentriker hingegen kennt sein „Warum“. Exzentrik heißt frei übersetzt nämlich:

„Fähig zu sein, seine einzigartige Individualität zum Ausdruck zu bringen.“

Die Künstlerin Elke Koska sagte in einem Interview einmal, dass Anderssein zwar bedeutet, alleine zu sein. Aber anstatt daran zu zerbrechen, dachte sie bereits früh darüber nach, wer genau sie ist, was genau sie vom Leben möchte und wie sie ihr Leben so gestalten kann, dass sie diese Andersartigkeit auf die bestmögliche Art und Weise ausleben kann.

Wer nicht weiß, welche Geschenke die eigene Andersartigkeit auch bereithält, findet nur schwer Orte, Leute oder Projekte, bei denen er sich wohl fühlt und das eigene „Warum“ am besten zum Ausdruck bringen kann. Ich musste erst ganz klassisch von der Provinz ins verrückte Berlin ziehen um zu merken: Es gibt auch Orte und Leute, die Andersartigkeit feiern.

Allein sein muss zudem auch nicht unbedingt einsam heißen. Man kann im überfülltesten Club tanzen und sich gleichzeitig todeinsam fühlen. Allein oder All-Ein sein, hingegen kann eine mentale Haltung sein, der eine emotionale Wärme zugrunde liegt, die aus uns selbst heraus strahlt.

Sie bleiben gelassen und nehmen die Dinge mit Humor

Dass Exzentriker so viel gesünder sind und bis zu sechzehn Mal weniger zum Arzt gehen müssen als Otto Normallebende, erklärt David Weeks damit, dass sie sich nicht an Konventionen stören. Das Gerede anderer oder auch die Frage „Was sollen die anderen denn denken?!“ kümmert sie schlicht und ergreifend nicht. So fällt nicht nur viel negativer Stress weg, sie haben auch deutlich mehr Lebensfreude. Ziemlich schöne Vorstellung: Gesund durch gut gelaunten Gleichmut.

Gut, diese Endgegnerstufe der Selbstbewusstseins-Challenge werde ich wohl nicht erreichen. Für mehr Gelassenheit im Alltag hilft mir jedoch die Frage: Wie wichtig wird diese Situation/ dieser Mensch in fünf Jahren noch sein? Und wenn es nicht wichtig sein wird: Kann ich es jetzt schon mit Humor nehmen?

Die Kommentare über meine Figur treffen mich jetzt schon, seitdem ich ein Kind bin. Meistens kommen sie jedoch von Leuten, die mir nichts bedeuten. Deswegen fällt es mir inzwischen auch nicht mehr schwer, den Spieß umzudrehen und mit einer ernsten, sowie leicht psychotisch angehauchter Mine zu verkünden, dass nur mein Geburtsgewicht ein akzeptables für mich ist. Das ist nicht nur witzig für mich, sondern sorgt auch ziemlich schnell für Ruhe.

Sie bewahren sich das kindliche Strahlen in den Augen

Exzentriker sind unglaublich neugierig. Egal, ob es darum geht, Bestehendes zu hinterfragen oder sich mit allen Fasern ihres Seins ins Unbekannte zu stürzen. Sie graben nach den Möglichkeiten, anstatt das Problem zu bewässern. Neues macht ihnen keine Angst, es ist sogar notwendig, um geistig fit zu bleiben. Die Welt sehen sie als ein Abenteuer, das es zu entdecken gilt. Dass es keine Fabelwesen gibt, ändert also weder was an der guten Laune, noch daran, nicht doch einmal mit einem Kescher durch den Wald zu stiefeln und sich überraschen zu lassen. Wie bei Kindern ist es der Prozess, der das Hier und Jetzt so aufregend für den Exzentriker macht.

Ob es nun am Flughafen oder die Stille des Morgens ist: Es gibt viele Dinge, die unser inneres Kind staunen lassen können. Wir vergessen im Alltag nur oft, dass es sich lohnt, kurz inne zu halten und unseren Geist wieder für die vielen kleinen Wunder zu schärfen, die tagtäglich direkt vor unserer Nase geschehen.

Sie sind frei

Am meisten fasziniert mich an Exzentrikern ihre innere Freiheit. Sie sind frei von Konventionen, frei von „Ich muss“ und voll mit „Ich kann/ Ich darf/ Ich möchte“. An ihnen sehen wir, dass Anderssein nicht unbedingt Einsamkeit bedeuten muss, sondern auch heißen kann, die eigene Fülle zu entdecken. Vor allem erinnern sie uns daran, wie viel Freiheit wir manchmal unnötig verschenken, wenn wir uns in den Erwartungskäfig der Gesellschaft sperren.

Letztlich ist es doch nämlich unser Leben und unser Anderssein. Und wer weiß. Vielleicht ist unser Anderssein auch eine Einladung zu einer ungeahnten Freiheit, die wir nur freundlich annehmen brauchen.

Und vielleicht schnappe ich irgendwann auch mal meinen Kescher und gehe auf Elfensuche. Einfach nur so. Weil ich es kann.

Mehr unter 5 Gründe, anders zu sein.

Photo: Exzentrisch / Shutterstock