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Christof hat getan, wovon so viele von uns träumen. Er hängte seinen Job in der IT-Branche an den Nagel und radelte 20.000 Kilometer um die Welt. Über seine Reisen, das Schreiben, Minimalismus und Nachhaltigkeit spricht er mit mir im Interview. Christof bloggt auf einfachbewusst.de – eine junge Seite, die ihr unbedingt auf dem (Bild-)Schirm haben solltet.

Hi Christof, magst Du Dich den Lesern kurz vorstellen? Wo lebst Du, und wovon?

Gerne. Ich bin 40 Jahre alt und lebe in Forchheim, dem Tor zur schönen Fränkischen Schweiz. Mache mich gerade als freier Autor selbstständig und hoffe, irgendwann davon leben zu können.

Du hast Informatik studiert und hinterher im IT-Bereich gearbeitet – wie hast Du diese Zeit erlebt?

Das Studium fiel mir recht leicht. Ich hatte Mathematik und Physik als Abiturfächer und saß schon als Jugendlicher viel am Computer. Bin ja in den 80er Jahren aufgewachsen, da hatte fast jeder Junge einen C64 oder Amiga.

Wie viel Zeit verging zwischen der Einsicht, dass die IT-Sachen nicht das Richtige für Dich sind – und Deinem Ausstieg aus diesem Hamsterrad? Was hat Dir dabei geholfen, den Schritt zu wagen?

Ehrlich gesagt, wusste ich das schon während des Studiums. So richtig interessiert und begeistert hat mich die Informatik nie, weder an der FH, noch die fünf Jahre danach bei T-Systems. Ich habe dann gekündigt, weil ich mit meiner damaligen Partnerin ein Sabbatjahr einlegen wollte und mir sicher war, dass ich danach nicht wieder in den gleichen Konzern zurückkehre.

Den Schritt aus dem Hamsterrad war nicht nur ein einzelner Schritt, sondern eine ganze Weltreise – mit dem Rad. Warum wolltest Du zu dieser Zeit reisen?

Wir liebten das Reisen, hatten schon zuvor viele schöne Urlaube verbracht. Aber wir wollten endlich mal ohne Zeitdruck reisen. Die drei Wochen, die man als Angestellter am Stück bekommt, waren uns zu wenig. Wir sind dann eineinhalb Jahre lang 20.000 Kilometer um die Welt geradelt.

Was hast Du insgesamt bei Deinen Rad-Reisen über Dich und das Leben gelernt?

Ich habe gelernt, dass ich und der Mensch im Allgemeinen sehr wenig braucht, um glücklich zu sein. Die Grundbedürfnisse sollten natürlich gedeckt sein. Wir umgeben uns mit zu vielen Dingen, Aufgaben und Beziehungen, die uns belasten. Auf dem Rad kann man ja nur fünf Taschen füllen. Trotzdem war ich auf dieser Tour glücklich und fühlte mich frei wie ein Vogel. Ich habe erkannt, dass ich dieses Glück und diese Freiheit auch in meinem Alltag in Deutschland spüren kann, indem ich minimalistisch lebe.

Welche drei Erinnerungen von Deinen Reisen gehören zu denen, die Dich am stärksten geprägt haben?

Schwierige Frage … Zum einen auf jeden Fall die Gastfreundschaft, die ich in jedem Land erlebte.

Zum Zweiten die Barmherzigkeit eines bettelarmen Jungen in Laos. Ich schenkte ihm zwei Bananen. Die kleinere davon verschlang er hungrig. Dann rannte er zur Strohhütte seiner Familie, die etwas abseits des Weges stand. Dort überreichte er seinem kleinen Bruder die zweite Banane, der sie mit leuchtenden Augen entgegennahm. Beide winkten uns nach, bis wir außer Sichtweite waren.

Zum Dritten etwas Schlimmes, das mir in China widerfuhr. Ich radelte auf einer stark befahrenen Straße, als auf der anderen Seite ein Hund auftauchte. Ein Mischling, keine Schönheit, aber ein liebenswerter Kerl mit treuem Hundeblick. Ich pfiff in seine Richtung, wollte nur kurz seine Aufmerksamkeit gewinnen. Doch er lief sofort auf mich zu. Kaum hatte er die Straße erreicht, erfasste ihn ein Lkw. Der Hund war auf der Stelle tot. Dieses Erlebnis war der Auslöser, dass ich später Vegetarier wurde.

Nachdem Du von den Reisen zurückkamst, folgten zweieinhalb Jahre Selbstständigkeit … und dann erneut ein Job in der IT-Branche … wie kam es denn zu letzterem, ich dachte, Du hattest davon die Nase voll?

Ich befand mich damals in einer persönlichen Krise. Die wurde ausgelöst, weil meine Partnerschaft nach zehn Jahren in die Brüche ging und meine Selbstständigkeit sich zwar wirtschaftlich trug, aber unglaublich viel Arbeit machte. Ich entschloss mich die Selbstständigkeit zu beenden und aus Regensburg, wo ich damals lebte, wegzuziehen. Ich brauchte einen Neuanfang. Ich sehnte mich nach Sicherheit. Also zog ich zurück in meine alte Heimat Franken und suchte mir wieder einen Job in der IT-Branche. Es war zu dem Zeitpunkt die richtige Entscheidung. Die Krise war bald überwunden.

Nach zwei Jahren hast Du wieder gekündigt – was gab dieses Mal den Anlass?

Ich wusste von Anfang an, dass ich nicht die restlichen 30 Jahre meines Berufslebens als Programmierer verbringen wollte. Die zwei Jahre nutzte ich in Ruhe meine Zukunft zu planen. Auch verdiente ich gut. Jeden Monat konnte ich eine größere Summe zur Seite legen. Das Geld werde ich in nächster Zeit noch gut gebrauchen können.

Was glaubst Du, machte den Unterschied zwischen Dir – der sich zum zweiten Mal in ein Abenteuer traute – und den vielen anderen Menschen, die gern ihren Job hinter sich ließen? Was würdest Du Ihnen raten?

Vermutlich einfach, dass ich mich traue!? Ich habe keine Lust nur zu träumen. Ich will meine Träume auch leben. Dafür muss man etwas tun und manchmal auch etwas riskieren. Ich habe nie Schulden gemacht, kein Haus gekauft und bis jetzt auch noch keine Familie gegründet. Das macht es vielleicht etwas einfacher, denn ich habe immer die Kontrolle über mein Leben gehabt. Es ist wissenschaftlich bewiesen, dass unsere Zufriedenheit entscheidend davon abhängt, wie sehr wir die Kontrolle über unser Leben haben. Psychologen nennen das „Kontrollüberzeugung“. Diese Kontrolle sollte man sich nach und nach zurückholen. Babyschritte anstelle Kängurusprünge. So stellen sich bald Glücksgefühle ein. Und irgendwann kann man sein gesamtes Leben so gestalten, wie man möchte. Dann ist es auch möglich aus dem Hamsterrad zu steigen.

Wie nach Deinem ersten Aussteigen folgte auf die Kündigung des IT-Jobs eine längere Reise. Wieso Venedig, und wieso zu Fuß?

Die Tour von München nach Venedig ist eine klassische Alpenüberquerung. Seit ich vor 25 Jahren das erste mal davon hörte, träume ich davon, diese Wanderung einmal selbst zu machen. Nachdem ich meine IT-Karriere ein zweites Mal an den Nagel gehängt habe, war die Zeit reif dafür. Träume sind dafür da, sie zu verwirklichen! Ich bin von meiner Haustür aus gestartet. Zwei Wochen später stand ich auf dem Marienplatz in München. Bis nach Venedig war ich insgesamt 52 Tage unterwegs.

Magst Du uns noch von zwei Deiner gewichtigsten Erfahrungen auf dieser Wanderung erzählen?

Unvergesslich sind die Begegnungen mit den Wanderern, die ebenfalls auf dem Traumpfad München-Venedig unterwegs waren. Immer wieder sah ich bekannte Gesichter. Man läuft tagsüber miteinander ein Stück des Weges oder teilt sich abends einen Tisch auf der Berghütte. Mit Reinhard und seinen beiden Kindern sowie Nanni und Johan, einem Paar auf Hochzeitsreise, lief ich tagelang zusammen. Wir gingen durch Dick und Dünn, trennten uns und standen später freudig überrascht wieder voreinander. So entstanden Freundschaften, vielleicht fürs Leben.

Ebenso unvergesslich werden mir die Alpen bleiben. Sie müssen sich in Sachen Schönheit, Faszination und Vielfalt vor keinem Gebirge der Welt verstecken, auch wenn andere weit höher aufragen.

Auf Deinen Reisen und auch heute ist Dir das Schreiben sehr wichtig, was liebst Du so daran?

Ich schreibe einfach gern! Auch wenn es meine volle Konzentration erfordert, ist es eine so unkomplizierte Tätigkeit. Eine gewisse Schreiblaune und Ruhe vorausgesetzt, kann ich fast überall schreiben. Während der Alpenüberquerung etwa verfasste ich jeden Abend einen Tagesbericht auf dem Handy und lud diesen auf meine Facebook-Seite hoch.

Und worüber schreibst Du?

Auf meinem meinem Blog www.einfachbewusst.de schreibe ich über Minimalismus und Nachhaltigkeit im Alltag und auf Reisen, also über Themen die wir in diesem Gespräch angesprochen haben.

Zudem veröffentlichte ich im letzten Jahr zusammen mit meinem Vater den Wanderführer „Biergartenwanderungen Fränkische Schweiz“. An einem zweiten Buch arbeite ich gerade.

Seit kurzem bin ich zudem ehrenamtlicher Mitautor des Regionallotsen, einem Guide über nachhaltiges Leben in Franken.

Was bedeutet „Minimalismus“ für Dich?

Minimalismus bedeutet für mich, sich vom Ballast zu befreien, um sich auf das konzentrieren zu können, was einem wirklich wichtig ist. Also nicht Sachen anhäufen, sondern Sachen machen. Dieser Ballast muss aber nicht unbedingt materieller Überfluss sein. Auch negative Beziehungen und unnötige Verpflichtungen zählen dazu. Wer auf den Geschmack des Minimalismus gekommen ist, verändert sein Leben oft nach und nach. Ich trennte mich beispielsweise von 4.000 CDs und Schallplatten und wagte den beruflichen Neuanfang. Mein ungeliebter Job als Programmierer war ja nichts anderes als Ballast.

Was rätst Du Menschen, die sich auch gern von Ballast, sagen wir materieller Art, trennen wollen, sich aber gefangen fühlen?

Nehmen wir an, ich wollte meine gesamte Wohnung vom Ballast befreien. Insgesamt betrachtet eine Mammutaufgabe. Deswegen würde ich auch hier Schritt für Schritte vorgehen. Babyschritte anstelle von … genau, Känguru-Sprüngen. Ich nehme mir einen Nachmittag nur für den Kleiderschrank Zeit. Räume ihn komplett leer und putze ihn, dass er glänzt. Wer würde da nun  wieder alles hineinquetschen wollen? Stück für Stück gehe ich dann die Klamotten durch. Alles was kaputt ist, nicht mehr passt, völlig aus der Mode ist oder ich seit ein bis zwei Jahren nicht mehr angezogen habe, kommt weg. Ich stecke die Sachen beim Aussortieren gleich in Kartons mit den Aufschriften wie „Wegwerfen“, „Altkleidersammlung“, „Verkaufen“, „Reparieren“, „Verschenken“ und „Sozialer Laden“ und bearbeite die Kartons möglichst noch am gleichen Tag. Der Rest wird korrekt sortiert wieder in den Kleiderschrank gesteckt. Sich von Ballast zu trennen, kann sehr befreiend sein. Man freut sich regelrecht auf den nächsten freien Nachmittag, um die Kommode zu entrümpeln.

Was heißt „Nachhaltigkeit“ für Dich, und was hat man davon, sich an ihr als Prinzip zu orientieren?

Ich verstehe unter Nachhaltigkeit, heute so zu handeln, dass die Welt morgen für möglichst viele Menschen lebenswert ist. Wollen wir unseren Lebensstandard halten, müssen wir mit den natürlichen Ressourcen bewusster umgehen. Als einen wichtigen Schritt sehe ich den Umstieg auf alternative Energien. Unternehmen und Nationen, die heute auf Nachhaltigkeit setzen, werden später einen Vorsprung haben vor denen, die am Status Quo festhalten. Oft sind Minimalismus und Nachhaltigkeit miteinander verwoben. Richtig eingesetzt, führen sie nicht zu Verzicht, sondern zu persönlichem und gesellschaftlichem Gewinn.

Du ernährst Dich ja vegetarisch. Was kannst Du Menschen empfehlen, die sich „eigentlich auch gern vegetarisch ernähren“ möchten, aber es nicht zu schaffen glauben, für auf Fleisch zu verzichten?

Klein anfangen. Babyschritte anstelle Kängurusprünge. Also zum Beispiel nur noch Biofleisch kaufen. Das ist deutlich teuer, so dass man automatisch weniger Fleisch isst. Oder einen vegetarischen Tag in der Woche einlegen. Es gibt mittlerweile in alle größeren Städten vegetarische Restaurants, in denen in der Regel sehr gut und frisch gekocht wird. Man sollte sich auch bewusst über die vegetarische Ernährung informieren. Es gibt eine Reihe guter Webseiten, Bücher und Dokumentarfilme zu dem Thema. Dann wird man schnell auf die immensen Vorteile des Vegetarismus und Veganismus für Mensch, Tier und Natur stoßen. Ist das Bewusstsein erst mal geweckt, gehen viele den Weg weiter.

Was sind Deine nächsten Projekte? Und wo können die Leser mehr über Dich erfahren?

Ich überlege mir, diesen Sommer eine größere Tour mit dem Fahrrad zu machen. Vielleicht Deutschland an dessen Grenze umrunden. Falls es tatsächlich klappt, werde ich auch darüber auf einfachbewusst.de berichten. Dort finden sich auch Links zu Facebook und Co. sowie ein Kontaktformular. Freue mich immer über Nachrichten von interessierten oder gleichgesinnten Menschen.

Danke für das Gespräch, Christof!

Es folgen weitere Photos von seinen Reisen: