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 Text von: Christina Fischer

„Man kann sehr glücklich sein, wenn man die Zustimmung der anderen nicht fordert“ soll Goethe einmal gesagt haben. Ich würde von mir nicht behaupten, dass ich die Zustimmung – oder Anerkennung – anderer immer ausdrücklich gefordert hätte. Aber haben will ich sie schon. Und dafür gehe ich mitunter – leider – ziemlich weit. Als mich meine beste Freundin aus Kindertagen fragte, ob ich mit ihr in Reiterferien gehen möchte, konnte ich ihren leuchtenden Augen kein „Nein“ entgegensetzen. Obwohl mir Pferde noch nie so ganz geheuer waren. Das Ende vom Lied: Ich erlebte eine Horrorwoche, die ich alleine im Kreis reitend auf einem Pony verbrachte, während die anderen die aufregenden Sachen machten. Meine Aufregungen in dieser Woche waren ein Sturz vom Rücken meines Pflegepferdes sowie ein beherzter Biss eines Gauls namens „Lanzelot“ in meine rechte Wade. Aber meine Freundin fand toll, dass ich mitgekommen war. Vermutete ich zumindest. Und das war doch das Wichtigste. Oder?

Die unlösbare Aufgabe: Es allen recht zu machen

Ich hatte meiner Freundin einen Gefallen getan und dafür einen Pferdebiss kassiert – eine wunderbare Metapher. Denn dieser Weg die Anerkennung anderer zu erlangen kann sehr schmerzhaft sein. Zu viele Ansprüche werden an uns gestellt: vom Arbeitgeber, den Eltern, dem Partner, den Freunden und letztendlich auch der Gesellschaft. Nicht ohne Grund nagen wir schon seit gefühlten Ewigkeiten an der sogenannten Work-Life-Balance wie auf einem alten Kauknochen herum und finden irgendwie einfach keine wirkliche Lösung. Warum aber hängen wir so verzweifelt daran, allen Ansprüchen unbedingt genügen zu wollen? Nicht zuletzt bleibt die Anerkennung, die wir uns erhoffen, ja oft genug sogar aus oder hinter unseren Erwartungen zurück. Mein letztes Fleißbienchen ist auf jeden Fall schon eine Weile her.

Woher die Sucht nach Anerkennung wirklich kommt

Die allermeisten von uns kennen diese Angst, nicht anerkannt oder gar abgelehnt zu werden (wenn sie bei manchen auch stärker ausgeprägt ist als bei anderen).

Wie so oft liegt die Wurzel allen Übels in der Steinzeit. Damals war die Anerkennung der Gruppe noch wortwörtlich überlebenswichtig. Wer aus der Gruppe ausgestoßen wurde, landete direkt auf dem All you can eat-Buffet unserer damaligen Fressfeinde. Heutzutage droht uns in der Regel keine derartige Gefahr, wenn wir abgelehnt werden, geschweige denn der Tod. Trotzdem fürchten wir uns vor dem bloßen negativen Gefühl noch ähnlich stark, obwohl diese „Bedrohung“ nur noch in unseren Köpfen existiert. Auch wenn wir das für unerträglich halten – wir können es ertragen. Und sollten es auch, zumindest, wenn wir uns den Stress ersparen wollen, den uns unser ständiger Hunger nach Anerkennung verursacht. Wie so oft verliert auch diese Angst ihren Schrecken, wenn wir uns trauen hinter die Fassade zu blicken.

Hier sind einige Möglichkeiten, wie es gelingen kann:

1. Bestandsaufnahme

Klingt pragmatisch, ist in diesem Falle aber sehr aufschlussreich: Die Kosten-Nutzen-Rechnung. Es ist schön, anderen Menschen Gutes zu tun. Wenn das aber verstärkt zu Deinen Ungunsten geschieht, wird die Sache unverhältnismäßig. Meine Freundin hat mich letztendlich wohl nicht mehr gemocht als vorher schon, nur weil ich mich zu dieser Pferdewoche gezwungen habe. Ich allerdings erntete für diese „Gefälligkeit“ einen pfauenblauen Unterschenkel in Pferdegebissgröße, der mir etwa vier Mal so lang erhalten blieb, wie die Reiterferien gedauert hatten.

2. Denk’ den Satz zu Ende

Du bist drauf und dran einem Kollegen einen Berg Arbeit abzunehmen, damit er zur Fußpflege gehen kann und spürst schon tief in Deiner Magengrube, dass Du Dich gleich dafür verfluchen wirst? Frag’ Dich jetzt: Welche Konsequenz befürchtest Du wirklich, falls Du das nicht tust? Und dann mach’ Dich auf eine Flut negativer Glaubenssätze gefasst. „Er wird mich für unfreundlich halten“ denkst Du dann vielleicht oder „Er wird mich nicht mehr mögen“. Hör’ aber hier nicht auf, sondern setze deine Befürchtungen in den aktuellen Kontext: „Er wird mich nicht mehr mögen, wenn ich ihm nicht seinen Berg Arbeit abnehme, damit er zur Fußpflege gehen kann.“ Wenn sich der vollständige Satz so anhört, dass Du darüber entsetzt den Kopf schütteln musst, dann ist dies wohl ein Fall von Anerkennungssucht. Dem Du widerstehen kannst mit einem freundlichen aber bestimmten: „Nein, sorry.“

3. Mach’ die Gegenprobe

Wie viele Menschen hast Du schon in die Wüste geschickt, weil sie nicht Deiner Meinung waren oder sich Deinen Plänen nicht anschließen wollten? Wie viel würdest Du Deine Freunde für Dich tun lassen, bevor es Dir unangenehm wäre? Es kann hilfreich sein, Dich selbst aus der Perspektive eines guten Freundes zu betrachten. Was würdest Du einem Freund in Deiner Situation raten? Ich wette, Dein Ratschlag wäre nicht: „Also ich finde Du solltest Dich schon ein bisschen von ihm erniedrigen lassen, sonst mag er Dich vielleicht nicht mehr“. Was Du Deinen Freunden nicht wünschst, solltest Du Dir selber auch nicht aufhalsen.

4. Lerne, den Worst Case auszuhalten

Meistens bricht unser Kopfkino immer an einer entscheidenden Stelle ab: Jemand reagiert negativ darauf, dass Du etwas nicht tust oder sagst und mag Dich nun nicht mehr. Dann wird das Bild dunkel, der Albtraum ist perfekt, das Schlimmste ist eingetroffen. Im wirklichen Leben wird der Bildschirm jedoch nicht schwarz. Wenn Dich jemand tatsächlich abschreibt, weil Du etwas anders siehst, anders machst oder einfach nur „Nein“ zu etwas sagst, dann würde Dein Leben dennoch weiter gehen. Hättest Du dann nicht trotzdem Deinen Partner, Deine Familie, Deine Freunde? Deinen Job, Deine Hobbys? Je mehr Du auf diese Liste setzen kannst, desto weniger schlimm wird Dir dieser „Worst Case“ vorkommen – und desto eher traust Du Dich der Anerkennungssucht zu widerstehen.

5. Übe das Nicht-gefällig-Sein

Auch wenn uns etwas in der Theorie logisch vorkommt – die Praxis ist eben doch noch etwas anderes. Wenn wir unsere Sucht nach Anerkennung überwinden wollen, müssen wir der Versuchung, es dem anderen recht machen zu wollen, im konkreten Fall standhalten können. Wir benötigen Praxiserfahrung. Die bekommst Du, wenn Du Dich ab und an einer gewissen „harmlosen Missbilligung“ aussetzt. Du kannst vielleicht in einem Geschäft nach Rabatt fragen oder der Bedienung im Restaurant ehrlich sagen, wenn Dir das Essen nicht geschmeckt hat. Was Du dabei lernen wirst: 1. Du kannst Missbilligung und Ablehnung aushalten. Und 2.: Die Konsequenzen sind meist weniger drastisch, als Du glaubst.

Jetzt, wo Weihnachten noch nicht lange zurückliegt, kann ich es ja sagen: Den Weihnachtsmann gibt es wirklich nicht. Niemand kann immer nur Geschenke verteilen, ohne darunter auf die Dauer zu leiden. Denn die, die heute noch mit einem Teddy zufrieden sind, wollen morgen ein iPhone unterm Weihnachtsbaum. Der Schriftsteller Ambrose Bierce definierte es einmal so: „Wer gefallen will, schafft eine Grundlage für künftige übermäßige Forderungen von anderen.“

Durch Gefällig-sein werden wir uns die Anerkennung anderer nicht auf Dauer sichern können – die Opfer, die wir bringen müssen, werden irgendwann zu hoch sein. Im schlimmsten Fall zerbrechen wir daran. Ich habe mir ein Zitat von Dita van Teese schon vor längerer Zeit hinter die Ohren geschrieben:

Du kannst der reifste, safstigste Pfirsich auf der ganzen Welt sein und es wird immer noch jemanden geben, der Pfirsiche hasst.

Vielleicht leben wir unser Leben daher lieber mit den Pfirsich-Essern – und lassen die „Saure-Gurken-Front“ unter sich bleiben.

Photo: Buddhist Monk, Shutterstock / Inspiriert von: Psychology Today